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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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    Auch in der jüngsten Krise spielten die Rohstoffpreise eine wichtige Rolle – wenngleich auf eine Weise, die sich nicht mit
     der klassischen Geschichte von Boom und Bust erklären lässt. In den Jahren 2007 und 2008 schnellten die Preise für Erdöl,
     Nahrungsmittel und andere Rohstoffe in die Höhe. Im Sommer 2008 erreichte der Ölpreis bei 145 US-Dollar pro Barrel seinen
     Höchststand (zum Vergleich: Im Vorjahr hatte er noch 80 Dollar gekostet). Die Preissteigerung ließ sich nicht durch wirtschaftliche
     Grundwerte rechtfertigen, sondern war ein Ergebnis der Spekulation durch Hedge-Fonds, Stiftungsfonds, Investmentbanken und
     verschiedene Fonds, die einen Teil ihrer Portfolios in Rohstoffe investiert hatten. Während Erdölexporteure profitierten,
     wurden Importnationen wie die Vereinigten Staaten, die Eurozone, Japan, China, Indien und andere schwer getroffen. Viele dieser
     Länder wankten bereits unter den Folgen der Finanzkrise, und der Ölpreisschock trieb sie vermutlich weiter in die Rezession.
    Als jedoch die chinesische und amerikanische Nachfrage nach |171| Erdöl und anderen Exportgütern wegbrach, wurden auch die Nationen getroffen, die von der Finanzkrise verschont geblieben waren.
     Als im zweiten Halbjahr 2008 die Nachfrage nach Erdöl, Energie, Nahrungsmitteln und Rohstoffen weiter zurückging, hatte dies
     Auswirkungen, die mit der Weltwirtschaftskrise vergleichbar sind: Die Volkswirtschaften von Exportnationen in Afrika, Asien
     und Lateinamerika taumelten. Besonders die erdölexportierenden Länder litten unter dieser Entwicklung: Der Preis für ein Barrel
     Rohöl fiel von seinem Hoch auf 30 US-Dollar im ersten Quartal des Jahres 2009. Betroffen waren auch andere Rohstoffe: So traf
     der Verfall der Kupferpreise beispielsweise die chilenische Wirtschaft und löste dort eine Rezession aus. 12
    In jedem dieser Fälle spielten Rohstoffe eine zweischneidige Rolle. Zu Beginn der Krise verschärften sie die weltweite Rezession
     unter den Importnationen, doch im weiteren Verlauf traf der Preisverfall die Exportnationen.
    Währungsschwankungen entwickelten eine ähnliche fatale Dynamik. Im Jahr 2007 sorgten der wirtschaftliche Abschwung in den
     Vereinigten Staaten und die damit einhergehenden Zinssenkungen für einen Kursverlust des Dollars. Dies traf besonders Länder
     wie Großbritannien, Japan und die Länder der Eurozone, die vom Export in die Vereinigten Staaten abhingen. Da sich ihre Währungen
     gegenüber dem Dollar verteuerten, verteuerten sich auch ihre Exportgüter auf dem amerikanischen Markt. Damit waren diese Länder
     weniger konkurrenzfähig, was sie wiederum anfälliger für die Rezession machte.
    Mit dem Fortschreiten der Krise kehrte sich dieser Prozess um. Die Angst, die die Finanzmärkte im Jahr 2008 erfasste, veranlasste
     Investoren, sich in sichere Anlagen zu flüchten. 13 Eine davon war paradoxerweise der Dollar. Obwohl die Vereinigten Staaten das Epizentrum der Krise waren, schienen sie immer
     noch sicherer als viele der Schwellenländer. Als sich Investoren auf den Dollar und die Währungen anderer entwickelter Nationen
     stürzten, stießen sie Aktien und Anleihen aus den verschiedenen Schwellenländern |172| ab und vergrößerten damit die Schere zwischen den Währungen dieser Länder und den vermeintlich sicheren Währungen der entwickelten
     Nationen nur noch.
    Die Auswirkungen waren fatal. Vor der Krise hatten viele osteuropäische Haushalte und Unternehmen im Westen Kredite aufgenommen,
     da die Zinsen des Euro, des Schweizer Franken und des japanischen Yen niedriger waren als in ihren Heimatländern. Auch in
     Russland, Korea und Mexiko liehen sich Unternehmen nach dieser Strategie Geld. Als die Krise zuschlug und sich Investoren
     aus den Währungen der Schwellenländer in sicherere Währungen wie den Euro, den Dollar oder den Yen flüchteten, gingen die
     Kosten dieser Kredite durch die Decke und stellten eine zusätzliche Belastung für diese Länder dar.
    Die Ereignisse folgten einem Muster, das aus der Vergangenheit bestens bekannt ist. 14 Wie das internationale Finanzsystem und weltweite Handelsbeziehungen dienten Rohstoffe und Währungen als Kanäle, über die
     sich die Finanzkrise eines Landes zu einer Wirtschaftskrise von globalen Ausmaßen ausweiten konnte.
    Doch das Bild der Ansteckung erklärt längst nicht alles. Es würde bedeuten, dass ein krankes Land, in diesem Fall die Vereinigten
     Staaten, einen furchtbaren Schnupfen auf den Rest der

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