Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
locker. Schlimmer
noch, die Banken hatten einen großen Teil der Anleihen und Wertpapiere in Zweckgesellschaften zwischengelagert. Als die Krise
zuschlug, mussten auch die europäischen Banken diese Papiere in ihre Bilanz aufnehmen.
|177| Außerdem hatten viele Banken riskante Kredite in osteuropäischen Ländern vergeben, vor allem in Litauen, Ungarn, der Ukraine
und Bulgarien. Mit Beginn der Krise waren viele dieser Währungen plötzlich mit Verlusten behaftet, und die Rückzahlungen gerieten
ins Stocken. Plötzlich verzeichneten die Banken vor allem in Österreich, Italien, Belgien, Schweden und Deutschland massive
Verluste in ihren Kreditportfolios. Wie ein dänischer Analyst Anfang 2009 meinte: »Die Märkte sind zu dem Schluss gekommen,
dass Osteuropa jetzt die Subprimeregion Europas ist, und alle ziehen sich zurück.« 21 Die Krise war eine andere als in den Vereinigten Staaten, doch die Ursache war die dieselbe: zu viele riskante Kredite.
Dies erklärt, warum die Wirtschaft der Vereinigten Staaten nicht als einzige von der Krise getroffen wurde. Viele europäische
Einrichtungen gerieten schon vor ihren amerikanischen Pendants in Schwierigkeiten. Die französische Bank BNP Paribas war eine
der Ersten und stellte im Sommer 2007 einige Hedge-Fonds ein. Etwa zur gleichen Zeit wurde die IKB Deutsche Industriebank
ein Opfer ihrer strukturierten Finanzprodukte. Kurze Zeit später musste mit der Sachsen LB eine weitere deutsche Bank gerettet
werden. Und das war erst der Anfang: Später brach das gesamte isländische Bankwesen zusammen, und die meisten britischen Banken
wurden praktisch verstaatlicht. Ähnliche Probleme trafen auch Irland, Spanien und eine ganze Reihe anderer europäischer Länder.
Und als die Immobilienblase in Dubai zerplatzte, war das Regierungsunternehmen Dubai World, das die meisten der riskanten
Investitionen getätigt hatte, praktisch zahlungsunfähig und zwang seine Gläubiger, die Rückzahlung seiner Schulden neu zu
verhandeln.
In jedem dieser Fälle nahm die Krise einen vertrauten Verlauf. Viele Volkswirtschaften, vor allem in Westeuropa, konnten der
Krise nicht entgehen, da auch sie unter denselben Schwächen litten: Immobilienblasen, eine übergroße Abhängigkeit von billigem
Geld und Fremdkapital und bat im Dezember 2009 Abu Dhabi um Hilfe aus der Not.
|178| Aus alledem lässt sich eine wichtige Erkenntnis für die Krisenökonomie ableiten: Ähnliche Krisen treten scheinbar synchron
an unterschiedlichen Orten auf, weil sie von gemeinsamen Schwächen ausgelöst werden. 22 Beobachter sprechen gern von Epidemien und vergleichen das Phänomen mit einer Krankheit. Sie übersehen dabei eine entscheidende
Tatsache: Krankheiten verbreiten sich vor allem unter denen, deren Immunsystem bereits geschwächt ist. In der jüngsten Krise
zeigten viele europäische Volkswirtschaften dieselben Schwächen wie die amerikanische. Daher ist es kein Wunder, dass, als
die Vereinigten Staaten niesten, die Welt einen Schnupfen bekam – oder vielleicht besser eine Grippe.
Doch nicht alle steckten sich an, und auch das ist wirklich aufschlussreich. Ein Beispiel ist Indien. Trotz einiger Rückschläge
erwies sich die indische Wirtschaft als erstaunlich resistent. 23 Die konservative Zentralbank des Landes hatte in den vorhergehenden Jahren einen anderen Weg eingeschlagen als der Rest der
Welt. Indische Politiker hatten sich einer Deregulierung des Finanzsystems widersetzt und die Banken gezwungen, erhebliche
Rücklagen zu bilden. Während andere Nationen das Mantra der Marktwirtschaft beteten, deckelte Indien sein Finanzsystem. Daher
war es weitgehend immun gegen die Krankheit.
Dies lässt sich bedauerlicherweise von den anderen Schwellenländern nicht sagen. Vor allem in Mittel- und Osteuropa erlebten
viele der neuen Märkte dieselbe Blase und denselben Absturz. Doch ihr Schicksal war nicht nur einer gemeinsamen Schwäche geschuldet,
sondern vor allem dem unseligen Verhältnis, das entwickelte und weniger entwickelte Volkswirtschaften oft zu beiderseitigem
Schaden eingehen.
Neue Märkte, alte Probleme
Schwellenländer hängen oft vom Kapital der entwickelten Nationen ab. In guten Zeiten kann diese Abhängigkeit für beide Seiten |179| ein Vorteil sein, aber in schlechten Zeiten erinnert sie häufig eher an einen Selbstmordpakt. Ein frühes Beispiel ist die
Krise des Jahres 1825, als britische Investoren nach Mexiko und andere
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