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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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locker. Schlimmer
     noch, die Banken hatten einen großen Teil der Anleihen und Wertpapiere in Zweckgesellschaften zwischengelagert. Als die Krise
     zuschlug, mussten auch die europäischen Banken diese Papiere in ihre Bilanz aufnehmen.
    |177| Außerdem hatten viele Banken riskante Kredite in osteuropäischen Ländern vergeben, vor allem in Litauen, Ungarn, der Ukraine
     und Bulgarien. Mit Beginn der Krise waren viele dieser Währungen plötzlich mit Verlusten behaftet, und die Rückzahlungen gerieten
     ins Stocken. Plötzlich verzeichneten die Banken vor allem in Österreich, Italien, Belgien, Schweden und Deutschland massive
     Verluste in ihren Kreditportfolios. Wie ein dänischer Analyst Anfang 2009 meinte: »Die Märkte sind zu dem Schluss gekommen,
     dass Osteuropa jetzt die Subprimeregion Europas ist, und alle ziehen sich zurück.« 21 Die Krise war eine andere als in den Vereinigten Staaten, doch die Ursache war die dieselbe: zu viele riskante Kredite.
    Dies erklärt, warum die Wirtschaft der Vereinigten Staaten nicht als einzige von der Krise getroffen wurde. Viele europäische
     Einrichtungen gerieten schon vor ihren amerikanischen Pendants in Schwierigkeiten. Die französische Bank BNP Paribas war eine
     der Ersten und stellte im Sommer 2007 einige Hedge-Fonds ein. Etwa zur gleichen Zeit wurde die IKB Deutsche Industriebank
     ein Opfer ihrer strukturierten Finanzprodukte. Kurze Zeit später musste mit der Sachsen LB eine weitere deutsche Bank gerettet
     werden. Und das war erst der Anfang: Später brach das gesamte isländische Bankwesen zusammen, und die meisten britischen Banken
     wurden praktisch verstaatlicht. Ähnliche Probleme trafen auch Irland, Spanien und eine ganze Reihe anderer europäischer Länder.
     Und als die Immobilienblase in Dubai zerplatzte, war das Regierungsunternehmen Dubai World, das die meisten der riskanten
     Investitionen getätigt hatte, praktisch zahlungsunfähig und zwang seine Gläubiger, die Rückzahlung seiner Schulden neu zu
     verhandeln.
    In jedem dieser Fälle nahm die Krise einen vertrauten Verlauf. Viele Volkswirtschaften, vor allem in Westeuropa, konnten der
     Krise nicht entgehen, da auch sie unter denselben Schwächen litten: Immobilienblasen, eine übergroße Abhängigkeit von billigem
     Geld und Fremdkapital und bat im Dezember 2009 Abu Dhabi um Hilfe aus der Not.
    |178| Aus alledem lässt sich eine wichtige Erkenntnis für die Krisenökonomie ableiten: Ähnliche Krisen treten scheinbar synchron
     an unterschiedlichen Orten auf, weil sie von gemeinsamen Schwächen ausgelöst werden. 22 Beobachter sprechen gern von Epidemien und vergleichen das Phänomen mit einer Krankheit. Sie übersehen dabei eine entscheidende
     Tatsache: Krankheiten verbreiten sich vor allem unter denen, deren Immunsystem bereits geschwächt ist. In der jüngsten Krise
     zeigten viele europäische Volkswirtschaften dieselben Schwächen wie die amerikanische. Daher ist es kein Wunder, dass, als
     die Vereinigten Staaten niesten, die Welt einen Schnupfen bekam – oder vielleicht besser eine Grippe.
    Doch nicht alle steckten sich an, und auch das ist wirklich aufschlussreich. Ein Beispiel ist Indien. Trotz einiger Rückschläge
     erwies sich die indische Wirtschaft als erstaunlich resistent. 23 Die konservative Zentralbank des Landes hatte in den vorhergehenden Jahren einen anderen Weg eingeschlagen als der Rest der
     Welt. Indische Politiker hatten sich einer Deregulierung des Finanzsystems widersetzt und die Banken gezwungen, erhebliche
     Rücklagen zu bilden. Während andere Nationen das Mantra der Marktwirtschaft beteten, deckelte Indien sein Finanzsystem. Daher
     war es weitgehend immun gegen die Krankheit.
    Dies lässt sich bedauerlicherweise von den anderen Schwellenländern nicht sagen. Vor allem in Mittel- und Osteuropa erlebten
     viele der neuen Märkte dieselbe Blase und denselben Absturz. Doch ihr Schicksal war nicht nur einer gemeinsamen Schwäche geschuldet,
     sondern vor allem dem unseligen Verhältnis, das entwickelte und weniger entwickelte Volkswirtschaften oft zu beiderseitigem
     Schaden eingehen.
     
     
    Neue Märkte, alte Probleme
     
    Schwellenländer hängen oft vom Kapital der entwickelten Nationen ab. In guten Zeiten kann diese Abhängigkeit für beide Seiten |179| ein Vorteil sein, aber in schlechten Zeiten erinnert sie häufig eher an einen Selbstmordpakt. Ein frühes Beispiel ist die
     Krise des Jahres 1825, als britische Investoren nach Mexiko und andere

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