Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft
die Kredite auf breiter Front teurer
werden. Das wiederum drückt auf die Investitionen von Unternehmen und den Verbrauch der Privathaushalte.
Am Ende machen die Schulden eine Regierung handlungsunfähig. Wenn die Furcht vor einer möglichen Zahlungsunfähigkeit wächst,
steigen die Zinsen ins Extreme. An diesem Punkt sind die Möglichkeiten einer Regierung begrenzt. Wenn die Schulden der öffentlichen
Hand auf Landeswährung lauten, kann sie zum Beispiel »mogeln« und Geld drucken, um ihren Verbindlichkeiten nachzukommen. Diese
Taktik wird als Monetisierung des Defizits bezeichnet. Im Prinzip ist dieser Mechanismus derselbe wie im Falle der quantitativen
Lockerung, nur dass der Aufkauf von Schuldtiteln nicht der Deflationsbekämpfung dient, sondern der Verringerung der Außenstände.
Die unweigerliche Folge ist Inflation, da mehr Geld zum Kauf von Waren zur Verfügung steht, was die Preise in die Höhe treibt.
Das bedeutet, dass die Zinsen flächendeckend |222| weiter anziehen und noch mehr private Mittel in die Stützung des öffentlichen Sektors fließen.
Die Steuerzahler sind sich dieser Risiken sehr wohl bewusst. In Ländern, die in der Vergangenheit Erfahrungen mit Konjunkturprogrammen
gemacht haben, erkannten die Verbraucher, dass solche Maßnahmen zwar eventuell kurzfristig Vorteile bringen, aber früher oder
später Steuererhöhungen nach sich ziehen. Für diese Eventualität muss man Rücklagen schaffen. Das Ende vom Lied war, dass
die Verbraucher zu sparen anfingen, während der Staat gleichzeitig sein Konjunkturprogramm auflegte. Damit nahmen sie die
langfristigen Kosten der kurzfristigen Investitionen vorweg und machten dadurch einen Teil ihrer positiven Wirkung zunichte.
Aber auch Steuersenkungen, das zweite wichtige Instrument der Haushaltspolitik, können auf Widerstände stoßen. So steht es
den Privathaushalten frei, das durch Steuersenkungen oder einmalige Rückzahlungen zusätzlich vorhandene Geld zu sparen oder
zur Tilgung eigener Schulden zu nutzen, statt es auszugeben. So geschehen in den Jahren 2008 und 2009, als zwei Nachlassrunden
bei der Einkommensteuer praktisch keinerlei Auswirkungen auf den privaten Verbrauch hatten, weil die Bürger von jedem Dollar,
den sie vom Staat erhielten, nur 25 oder 30 Cent ausgaben. 8 Den Rest steckten sie in die Sanierung ihrer eigenen Finanzen. Das ist zwar grundsätzlich umsichtig und richtig, doch die
Nachfrage wird dadurch nicht angekurbelt. Außerdem wurden so die Schulden lediglich von einem Teil der Wirtschaft auf einen
anderen verlagert. Die private Verschuldung ging zurück, die Staatsverschuldung nahm zu. Diese Maßnahme war also in Wirklichkeit
eher Augenwischerei.
Aber es kann noch schlimmer kommen: So können beispielsweise bestimmte politische Maßnahmen die Nachfrage in der gegenwärtigen
Situation zwar anheizen, aber das geht oft auf Kosten der künftigen Nachfrage. Viele gezielte Steuersenkungen oder Subventionen,
die bestimmte Ausgaben ankurbeln sollen – etwa für Autos, Eigenheime oder die Kapitalausstattung in der Privatwirtschaft –,
bewirken nur, dass die Nachfrage zunächst über das |223| normale Maß steigt und dann darunter sackt, sobald die Subventionen wegfallen. Mit anderen Worten: Die Nachfrage wird schlicht
vorgezogen. So war es allem Anschein nach bei den verschiedenen Abwrackprämien vieler Länder. Der Autoabsatz schoss zunächst
in die Höhe, nur um dann noch weiter einzubrechen.
Die Vorstellung vom perfekten Konjunkturanreiz ohne Nebenwirkungen ist ein schöner Traum – zumindest in den meisten Demokratien.
Anders als die Geldpolitik, die unabhängig vom Wählerdruck einfach von einer Zentralbank umgesetzt werden kann, benötigen
haushaltspolitische Maßnahmen Zeit und münden oft in sinnlosen, populistischen und verschwenderischen Projekten. Das perfekte
Konjunkturpaket würde enorme Wirkung entfalten, die marode Infrastruktur eines Landes sanieren und künftiges Wirtschaftswachstum
fördern. Doch wie die japanischen Erfahrungen und die fragwürdigeren Projekte des amerikanischen Konjunkturprogramms zeigen,
ist dies leichter gesagt als getan. Aufschlussreich ist möglicherweise, dass das autoritäre China nach der jüngsten Krise
ein vergleichsweise effektives Konjunkturpaket umgesetzt hat. Weitgehend frei von politischen Zwängen, hat die Regierung einfach
ihre laufende und erfolgreiche Kampagne zur Modernisierung der Infrastruktur aufgestockt. Doch
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