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Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft

Titel: Das Ende der Weltwirtschaft und ihre Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nouriel Roubini , Stephen Mihm
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Verbrauch angeregt werden. Diese
     Möglichkeit stand in den dreißiger Jahren nicht zur Debatte. Hoover und Roosevelt hoben die Steuern an, auch wenn die Belastung
     mehrheitlich die Reichen und die Mittelschicht traf. 6 Doch in der Nachkriegszeit wurden diverse Steuersenkungen und -geschenke fester Bestandteil der politischen Reaktion auf
     Rezessionen und Krisen. Auch in Japan wurden im Kampf gegen die Krise die Steuern gesenkt.
    Eine dritte Möglichkeit sind schließlich die sogenannten »Transferleistungen«, mit denen der Staat besonders bedürftige Gruppen
     wie Arme oder Arbeitslose und in Not geratene Bundesstaaten und Kommunen erreicht. Diese Leistungen sind seit den dreißiger
     Jahren und dem New Deal fester Bestandteil der amerikanischen Haushaltspolitik. Wie Steuersenkungen gehören sie zum Standardrepertoire
     im Umgang mit Rezessionen und Wirtschaftskrisen. Die Arbeitslosenunterstützung ist vielleicht die einfachste Form der Transferleistung,
     doch es gibt sie in unzähligen Formen. Lebensmittelmarken sind genauso eine Transferleistung wie Maßnahmen zur Weiterbildung
     und Umschulung.
    In der jüngsten Krise wurden diese haushaltspolitischen Strategien eifrig eingesetzt. Im Januar 2008 verabschiedete der Kongress |220| ein erstes, 152 Milliarden US-Dollar schweres Paket mit Steuererleichterungen für Arbeitnehmer und Unternehmen. 7 Dieses Konjunkturförderungsgesetz wurde ein Jahr später von einem neuen Konjunkturprogramm noch in den Schatten gestellt.
     Mit einem Umfang von schwindelerregenden 787 Milliarden US-Dollar sollten alle drei haushaltspolitischen Ziele gefördert werden.
     Ein großer Teil entfiel auf direkte staatliche Investitionen, allein 140 Milliarden US-Dollar flossen in Infrastruktur- und
     Energieprojekte. Weitere Milliarden kamen einer bunten Mischung von Investitionsprojekten in allen möglichen Bereichen zugute
     – angefangen von der Fischerei über Hochwasserschutz bis zu Energiesparmaßnahmen.
    Daneben wurden große Summen für Steuererleichterungen und Transferleistungen bereitgestellt. Den Löwenanteil des Pakets machten
     Steuerrückzahlungen aus. Die privaten Steuerzahler erhielten insgesamt 237 Milliarden US-Dollar, die zum Teil unmittelbar
     in Form von Gutschriften ausgezahlt wurden. Dazu kamen Steuererleichterungen für Erstkäufer von Eigenheimen oder für den Kauf
     neuer sparsamer Autos (im Zuge des Abwrackprogramms »Cash-for-Clunkers«), mit denen bestimmte Teilbereiche der Wirtschaft
     gefördert werden sollten. Außerdem wies das Gesetz Arbeitslosen, Rentnern und anderen benachteiligten Bevölkerungsgruppen
     direkte Unterstützung in Milliardenhöhe zu. Weitere Milliarden gingen an Bundesstaaten und Kommunen.
    Regierungen in aller Welt verabschiedeten ähnliche, wenn auch weniger ehrgeizige Konjunkturprogramme. Das im Herbst 2008 eingeleitete
     europäische Konjunkturprogramm stellte rund 200 Milliarden Euro für eine Vielzahl von Projekten bereit. Einzelne Regierungen
     schlossen sich mit eigenen, bescheideneren Programmen an. Japans ursprünglich geplantes massives Konjunkturpaket scheiterte
     an der Politik, weshalb am Ende nur eine abgespeckte Mischung aus Steuersenkungen und Investitionen umgesetzt wurde. China
     billigte ein weit anspruchsvolleres Vorhaben im Umfang von 586 Milliarden US-Dollar, die vor allem auf |221| öffentliche Bauprojekte wie Eisenbahnen, Straßen, Bewässerungssysteme und Flughäfen verwendet wurden. Ein Teil der Mittel
     kam auch der erdbebengeschädigten Region Sichuan zugute. Kleinere Länder wie Südkorea und Australien führten ebenfalls Konjunkturprogramme
     ein.
    Diese haushaltspolitischen Interventionen konnten zwar möglicherweise eine Wirtschaftskrise verhindern, trotzdem sind ein
     paar Worte zur Vorsicht angezeigt. Zum einen ist der Staatshaushalt kein Selbstbedienungsladen: Wenn eine Regierung Ausgaben
     erhöht und Steuern senkt – und das in einer Rezession, in der die Steuereinnahmen ohnehin zurückgehen –, steigt das Haushaltsdefizit
     sprunghaft an. Das bedeutet in der Regel die Ausgabe neuer Staatsanleihen, die irgendwann zurückgezahlt werden müssen. Geschieht
     das nicht und die Defizite schwellen jedes Jahr weiter an, müssen die Investoren mit höheren Zinsen gelockt werden, um mehr
     Staatsanleihen zu kaufen. Steigen die Erträge auf Staatsanleihen, treten sie in Konkurrenz zu anderen Anlageformen wie Hypotheken,
     Verbraucherkredite, Unternehmensanleihen und Autokredite, was dazu führen kann, dass

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