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Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können

Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können

Titel: Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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manchmal auch durch den Gedanken getrübt wird, welche Wahl die »richtige« wäre. Jemand, der weiß, dass zu viel Salz als ungesund gilt, sagt vielleicht: »Ich mag diese Chips, weil sie nicht so salzig sind«–obwohl sie in Wahrheit vielleicht reichlich Salz enthalten.
    Ebenso irreführend ist die Aussage, wenn der Testteilnehmer weiß, dass etwas sehr fetthaltig ist. Sobald die Befragten denken: Das sollte ich lieber nicht essen, geben sie eher an: »Das mag ich nicht.« Blindtests ergeben hingegen laut Civille das genaue Gegenteil: »Wir mögen das, was am meisten Salz und Fett enthält.«
    Irreführend sind auch die vielen Schichten unserer Nahrung.
So sagen Menschen vielleicht, dass sie Brokkoli mögen, doch eigentlich meinen sie damit gebratenen Brokkoli mit einem Käsehäubchen. Und wenn wir einen knusprigen Kartoffelchip mit Wohlgefallen betrachten, fühlen wir uns in Wirklichkeit von dem Fett und Salz darin angezogen.
    Mitunter werden Zucker, Fett und Salz derart von anderen Geschmäckern übertüncht, dass wir sie gar nicht mehr bemerken. Ich bat Civille um Beispiele für solche Produkte: »Was ist salzig, ohne dass ich es bemerke? Was ist süß, ohne dass ich dabei ›süß‹ denke?«
    Sie erklärt mir, dass die meisten Brotsorten eine Menge Salz enthalten, weil Salz dem Mehl seinen bitteren Beigeschmack nimmt und damit den Geschmack verbessert–auf einer Verbraucherbewertungsskala von 1 bis 15 erreicht Brot so einen Wert von 10. Manche Brotsorten enthalten zudem viel Zucker. Civille schätzt die Süße eines Brötchens für den McDonald’s-Hamburger auf 7 bis 8. Heinz-Ketchup kommt auf einen Wert von 8 oder 9, während Pizzasauce von Pizza Hut in den Bereich 10 bis 12 vorstößt. Ein anderes interessantes Beispiel sind Cracker. Man weiß zwar, dass sie salzig sind, doch viele Menschen reagieren überrascht, wenn sie erfahren, wie viel Fett und Zucker in Crackern stecken.
    Hinzu kommen die beliebten Fertig-Dressings. Durch die Grundzutaten Joghurt oder Buttermilch ist der Fettgehalt möglicherweise überschaubar, die Süße jedoch nicht. Je nach Marke haben solche Dressings unserer Expertin zufolge einen Süßegrad zwischen 7,5 und 10. »Die Eltern sagen: ›Meine Kinder wollen nur Fertig-Dressing‹, und ich möchte ihnen zurufen: ›Ja, und ich weiß auch, warum. Weil es süß ist!‹«
    Wer neue Lebensmittel ersinnt, scheint genau auf dieses mangelnde
Bewusstsein beim Konsumenten abzuzielen. Wenn Lebensmittel mehr Zucker als andere Zutaten enthalten, muss Zucker in der Liste der Inhaltsstoffe an erster Stelle stehen. Sobald jedoch verschiedene Süßungsmittel beteiligt sind, können sie einzeln aufgelistet werden, so dass jedes einzelne weiter unten stehen kann. Gail Civille glaubt, dass diese Vorgabe die Industrie dazu gebracht hat, »drei verschiedene Sorten Zucker einzusetzen, damit niemand sagen muss, ›Da ist zu viel Zucker drin.‹ Jetzt steht der Zucker nämlich nicht mehr ganz oben.«
    »Wo stecken denn noch alles vier oder fünf verschiedene Zuckerarten drin?«, will ich wissen. »Frühstückscerealien«, antwortet Civille. Industriell gefertigte Cerealien sind oft mit einer Mischung aus Saccharose (Haushaltszucker), braunem Zucker, Fruktose, Fruktose-Mais-Sirup, Honig und Rübensirup gesüßt. Mit einem gesunden Müsli oder Haferflocken hat das nichts mehr zu tun. »Nur damit der Zucker nicht ganz vorne steht?«, frage ich. »Ja, ich glaube schon. So versteckt man ihn vor den Müttern.«
    Tatsache ist: Die Liste der Inhaltsstoffe verschleiert nach wie vor, wie viel Zucker und Fett Lebensmitteln zugesetzt wurde, weil viele Begriffe für die Verbraucher unverständlich sind. Zum Beispiel werben Kellogg’s Frosties mit einem Zuckergehalt von nur elf Gramm pro Portion. Aber nirgendwo steht, dass über ein Drittel des Packungsinhalts Zuckerzusätze sind.

17 | Die Skala der Unwiderstehlichkeit
    Um das ganze Ausmaß der Bemühungen der Nahrungsmittelindustrie zu begreifen, unwiderstehliche Lebensmittel zu erschaffen, bat ich einen Kollegen, mich am internationalen Pangborn Symposium für wissenschaftliche Sensorik in Harrogate, einem englischen Städtchen nördlich von Leeds, teilnehmen zu lassen. Dort versammelten sich Experten aus Industrie und Wissenschaft, um über ihr Spezialthema und dessen Bedeutung für den Lebensmittelmarkt zu sprechen.
    Ein Workshop zur Frage »Kann die Sparte der Sensorik der Industrie zu unwiderstehlichen Produkten verhelfen?« hatte mein Interesse geweckt.

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