Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können
Sinneseindrücke auslöst.
Das ist das erklärte Ziel der Firma SensoryEffects, die Nuggets und Flocken herstellt, die Brot, Muffins, Keksen und Frühstückscerealien hinzugefügt werden können, um die Waren nach Wunsch mit Geschmack, Aroma, Farbe oder Konsistenz zu versehen. Das
Unternehmensmotto lautet »jeder Sinn bei jedem Bissen«, und die Produkte, die nicht einmal der Kühlung bedürfen, kosten weniger als Obst, Gemüse, Käse oder die Gewürze, die sie ersetzen. Laut Aussage der Firma haben diese Produkte »das Ziel, die Backwarenhersteller mit allem zu beliefern, was nötig ist, um das sensorische Erlebnis auf allen Ebenen zu steigern«.
Bei der Konferenz in New Orleans habe ich viele andere Produkte gesehen, die einem ähnlichen Zweck dienen. Foran Spice Company bietet eine Gewürzmischung für Brot an, die Zucker, Zimt und den Gewürzextrakt Cassisöl kombiniert. Wild Flavors verkauft »Geschmackssysteme« für Backwaren, darunter weiße Mandelschokolade, Chambordschokolade, Sahnekaramell und Piña Colada. Verwöhnen ist explizites Marketingthema. »Der Kunde will Produkte, die verwöhnen und eine besondere Stimmung vermitteln«, steht im Prospektmaterial der Firma. »Verwöhnaromen und sahnige Konsistenz leisten einen wichtigen Beitrag zu einem dekadenten Erlebnis.«
Andere Hersteller konzentrieren sich darauf, Fleisch und Milchprodukten neue sensorische Effekte zu verschaffen. Auf dem Stand von Bell Flavors and Fragrances wurde Schweinefleisch angeboten, das in einer Barbecuesauce mit Colageschmack gekocht war–womöglich das beste Barbecue, das ich je probieren durfte. Der Vertreter der Firma pries die »Topnoten«, die als Geschmack hervortraten.
Bei Comax Flavors trank ich Weißen Pfirsichtee aus Fruktose-Mais-Sirup, weißem Teepulver, Zitronensäure und Aromastoffen. Diese Köstlichkeit bestand praktisch ausschließlich aus künstlichen Zutaten. Comax verkauft auch ein Butteraroma, das echte Butter »mit einem ähnlich sättigenden Aroma, Geschmack und Mundgefühl« ersetzen soll. Der Hersteller erklärt ganz offen, wie
solche Produkte auf die Sinne wirken: »Wir verwandeln Technologie in guten Geschmack. Aufregend, stimulierend, beruhigend und lange anhaltend.«
Verbraucher ahnen kaum, in welchem Ausmaß die Industrie in den letzten Jahren Geschmacksstoffe eingesetzt hat, um den Kunden zufriedenzustellen, doch die Werbeaussagen der Firmen sind eindeutig. Zum Beispiel prahlt Food Marketing Support Services: »FMSS identifiziert sensorische Spielräume für die gezielte Produktentwicklung und maximale Akzeptanz beim Kunden«, und: »FMSS-Künstler regen die Sinne an und erschaffen bemerkenswerte Produkte.«
Das Gewürzimperium McCormick, das eine Armada von Wissenschaftlern, Trendforschern, Köchen, Lebensmitteltechnologen und Geschmacksanalysten beschäftigt, äußert sich ebenso deutlich. »Die Sinne befriedigen« gilt hier als Megatrend. McCormick prophezeit einen Zuwachs bei Mahlzeiten, die »Geschmack, Farbe, Aroma und Konsistenz bieten« und »eine wahrhaft multisensorische Erfahrung ermöglichen«.
Nach zwei Tagen auf dem Lebensmitteltechnologiekongress wusste ich aus erster Hand, dass die Lebensmittelindustrie keineswegs mit dem Erfolg zufrieden ist, den sie mit dem Verkauf von mehreren Lagen Zucker auf Fett auf Salz erzielt. Man greift auch zu chemischen Substanzen, um die Begierde der Verbraucher zu vergrößern.
19 | Produktoptimierung
Um bei der Lebensmittelherstellung sensorische Eigenschaften aufzupeppen, reichen chemische Zusätze nicht aus. Moderne Produktionsabläufe machen Lebensmittel auch einheitlicher, billiger und leichter verfügbar. Das Ergebnis ist eine nahezu unbegrenzte Auswahl und viel mehr Möglichkeiten, unsere Speisen zu genießen.
John Haywood unterstützt Restaurantketten beim Design neuer Produkte und Menü-Ideen. Wir trafen uns in Manhattan im Outback Steakhouse in der 23rd Street, um darüber zu sprechen, wie landwirtschaftliche Erzeugnisse in der Fabrik optimiert werden.
Die aktuelle Lebensmitteltechnologie »liefert uns Werkzeuge für die Optimierung des Ausgangsprodukts«, erläutert Haywood. [Ref 99] Und dieser Grundstoff kann nahezu alles werden. Die Verarbeitung »glättet den Geschmack« und nimmt alles weg, was den Verbraucher auch nur im Geringsten irritieren könnte, berichtet er. »Dieses ganze verfeinerte Zeug richtet sich an die breite Masse. Es polarisiert nicht. Die Lebensmittelwissenschaft gestattet uns, möglichst viele Leute
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