Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können
mir meine Quelle. »Man braucht nur noch die Packung aufzureißen und es auf den Grill zu legen.«
Fertigprodukte gestatten der Industrie eine weitere Vereinfachung. Statt ganzem Knoblauch oder frischen Zwiebeln werden Knoblauchpulver, Zwiebelpulver oder Extrakte aus Knoblauch-und Zwiebelöl eingesetzt. Pulverisierte Tomaten schmecken wegen des Wasserentzugs konzentriert und süßer als echte Tomaten. Frische Kräuter und Gewürze wie Rosmarin, Oregano oder schwarzer Pfeffer werden gern durch die entsprechenden ätherischen Öle ersetzt. Damit entfällt jede Kontamination, und der Geschmack bleibt zuverlässig gleich. »Alles ist stark verarbeitet, und dadurch kommt es weniger auf die ursprünglichen Zutaten an«, erklärt mir der Berater. »Wann immer das Produkt vom Band fällt, hat es damit genau dieselben Eigenschaften.«
Da die Industrie durch diese gesteuerte Fertigung mehr Kontrolle
über ihre Produkte erhält, kann sie die einzelnen Elemente der Genussfähigkeit–Vorfreude, Erscheinungsbild, Aroma, Geschmack und Konsistenz–leichter optimieren. Das war sicher der Grund, warum mir McDonald’s Southern Style Hähnchenbrust so gut schmeckte (bis ich die Liste der Inhaltsstoffe las, die Zucker, Salz, modifizierte Tapiokastärke, Maltodextrin und künstliche Aromen umfasste–noch vor dem Panieren und Braten).
Nur die Vorfertigung gewährleistet ein immer gleiches Produkt, damit ein Burger von McDonald’s an jedem Ort der Welt gleich schmeckt. Außerdem spielt der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle, denn man kann so derart die Preise drücken, dass die Kunden sich jeden Tag so etwas leisten können. Laut meinem Informanten macht die Möglichkeit der Optimierung »mehr genussreiches Essen verfügbar.… Jede optimierbare Eigenschaft wurde auch optimiert–im Hinblick auf Genuss, Preis, Verfügbarkeit und Einheitlichkeit. Die Industrie ist hervorragend gerüstet, herauszufinden, was den Kunden anspricht, und es ihm dann in ökonomischer, allgemein verfügbarer und sehr einheitlicher Form anzubieten«.
Michele Foley von Frito-Lay hat mich überzeugt, dass die Industrie weiß, wie man unwiderstehliche Produkte erzeugt. Jetzt lupfte ein anderer Insider den Vorhang vor der Fertigungstechnik, mit der bestimmte Speisen nicht nur leicht und günstig verfügbar und schnell zuzubereiten sind, sondern auch viel angenehmer zu essen.
20 | Verkaufsstrategien
Dass die Lebensmittelindustrie mit unserer Nahrung und der Form, wie sie dargeboten wird, Profit machen will, dürfte niemanden überraschen. Verblüffend ist nur, wie genial die Konzerne ihr Ziel erreichen. Ich sprach mit einem Risikokapitalgeber für solche Unternehmen, der seine Worte nicht auf die Goldwaage legte. [Ref 101] »Das Ziel ist, den Kunden an die Angel zu bekommen«, gab er offen zu.
Michele Foley hatte davon gesprochen, das Begehren zu wecken, was an den heute vermarkteten Lebensmitteln noch deutlicher zu erkennen ist als die »Unwiderstehlichkeit«. Besonders begehrenswerte Lebensmittel haben meist mehrere Schichten aus Saucen, Käse und Panade. »Im Zweifelsfall einfach Käse und Speck draufschmeißen«, gilt in der Welt der Restaurantketten als Standardwitz, wie mir der Restaurantberater John Haywood verriet.
Solche Schichten verbessern nicht nur das Mundgefühl und erleichtern das Essen, sondern sind auch billiger zu produzieren als die Hauptzutat–Fisch oder Fleisch–, die sie geschmacklich abrunden sollen. Außerdem wirken sie appetitlich, direkt und vertraut. »Begehrenswertes Essen ist wie Nachhausekommen«, so Haywood. »Ich muss mich nicht besonders anstrengen, um es zu verstehen. Ich brauche auch nicht alle möglichen Düfte oder Dinge zu akzeptieren, die mir fremd sind. Und wahrscheinlich kann ich mir hinterher die Hälfte einpacken lassen.«
Eine von McCormick gesponsorte Studie sollte herausfinden, was Menschen dazu bringt, bestimmte Speisen attraktiv zu finden.
In einer Internetumfrage stellten die Forscher Fragen zu 21 Lebensmittelkategorien–von Chips, Käsekuchen und Eis bis hin zu Hamburgern, Pizza und Oliven. Auf diese Weise erhielten sie Antworten von mehreren tausend Menschen. »Mir ging es darum, den Code für das Begehren zu knacken«, berichtet Jacqueline Beckley, die eine Produktentwicklungsabteilung leitet und am Entwurf der Studie mitgearbeitet hat. [Ref 102]
Auf der Grundlage dieser Daten wurden die Teilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt: die Traditionellen, die Abwechslungssucher und die Fantasievollen. Später
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