Das Ende des großen Fressens - · Wie die Nahrungsmittelindustrie Sie zu übermäßigem Essen verleitet - · Was Sie dagegen tun können

Charakterfehler, sondern eine biologische Herausforderung. Die Genesung ist erst möglich, wenn wir anerkennen, dass Überessen nicht auf mangelnder Willenskraft beruht.
Die Behandlung von konditioniertem Überessen bedeutet, dass man ein chronisches Problem akzeptiert, das nicht vollständig heilbar ist–man kann jedoch lernen, besser damit umzugehen.
Jedes Mal, wenn wir unserem Wunsch nach Zucker, Fett und Salz nachgeben und dafür belohnt werden, wird es schwerer,
beim nächsten Mal anders zu handeln. Eine wirksame Behandlung durchbricht den Teufelskreis von Reiz-Verlangen-Belohnung-Gewohnheit, der dem konditionierten Überessen zugrunde liegt.
Der Kontrollverlust, der das konditionierte Überessen auszeichnet, wird durch Diäten verstärkt, bei denen wir das Gefühl haben, auf etwas Wichtiges verzichten zu müssen.
Neues zu lernen ist nur von Dauer, wenn es zufriedenstellt. Eine dauerhafte Verhaltensänderung ist unmöglich, wenn wir davon hungrig, unglücklich, wütend oder trotzig werden.
Um unser Essverhalten wieder steuern zu können, ist ein umfassender Ansatz erforderlich, bei dem viele Faktoren ineinandergreifen. Erfolgversprechend sind Strategien, die auf die unterschiedlichen Verhaltensweisen, Wahrnehmungsformen und Ernährungsgewohnheiten bei konditioniertem Überessen eingehen.
Rückfälle gehören dazu. Die Konditionierung auf Hyperessen bleibt bei den meisten Menschen grundsätzlich bestehen. Die alten Gewohnheiten greifen weiterhin, auch wenn ihre Macht mit der Zeit abnimmt, insbesondere wenn das neue Verhalten sich für uns lohnt. Mit etwas Übung lernen wir, Ausrutscher zu unserem Vorteil zu nutzen, denn sie zeigen uns, wo wir ins Straucheln geraten, und erinnern uns daran, dass wir etwas Neues lernen wollen.
Irgendwann sehen wir Nahrung in einem anderen Licht. Wir erkennen an, wie sie unseren Körper erhält und uns vor Hunger bewahrt, ohne dass sie deshalb die Macht hat, unser Leben zu beherrschen.

    Die hier beschriebenen Elemente einer neuen Esskultur haben sich in anderem Zusammenhang bewährt, müssen aber in Bezug auf die Behandlung von konditioniertem Überessen noch gründlich erprobt werden. Dennoch gehe ich davon aus, dass sie Ihnen eine gewisse Hilfe sind.
    Wenn Sie nun Ihre eigene Ernährungsweise verändern wollen [Ref 219] , müssen Sie zunächst Ihre Einstellung zum Essen unter die Lupe nehmen. Anschließend erstellen Sie einen Plan, auf den Sie sich genau konzentrieren können, und erkennen an, dass jeder Fortschritt langsam und mühsam ist. Meine Vorschläge sind sehr praxisnah und fehlerfreundlich. Sie akzeptieren, dass eine Umstellung keineswegs leicht ist. Es werden Situationen kommen, in denen der alte Belohnungswert bestimmter Speisen nahezu unwiderstehlich erscheint. Das ist kein Zeichen, dass Sie versagen, sondern nur eine Erinnerung, dass es schwer ist, eingeschliffene Verhaltensweisen zu verlernen.
    Ich biete Ihnen keine Zauberformel an, weil ich weiß, dass das nicht funktioniert. Neu Gelerntes bleibt nur hängen, wenn es in Ihnen etwas zum Klingen bringt. Nur durch persönliches Experimentieren finden Sie heraus, wie Sie Ihre Umgebung neu strukturieren und sich in Ihrem Verhalten bestärken können. Es kommt darauf an, dass Sie die hier vorgestellten Ideen so lange anpassen, bis Sie die Mischung entdecken, mit der Sie am besten klarkommen.

36 | Ein fester Rahmen
    Wer gegen konditioniertes Überessen vorgehen will, muss also–unter anderem–neue Essgewohnheiten entwickeln, welche die alten ersetzen sollen. Das wäre der Ansatz des »geplanten Essens«, der in klinisch geprüften Methoden der Verhaltensmodifikation wurzelt und sich auf vier Säulen stützt: Struktur statt Chaos [Ref 220] , Portionsgröße, eine kluge Auswahl und Essen, was schmeckt. Insgesamt leistet dieses Paket einen großen Beitrag zur Veränderung Ihrer gewohnten Reaktion auf hoch schmackhafte Speisen und alles, was auf sie hindeutet, und stellt gleichzeitig ein individuell angepasstes Ersatzverhalten bereit.
    Mit der Zeit kommt es durch geplantes Essen zur Neukonditionierung des persönlichen Essverhaltens. Es geht darum, die Nahrung ausfindig zu machen, die wir auf kontrollierte Weise essen können und die unser neues Verhalten zugleich mindestens so verstärkt wie die Speisen, die wir früher in uns hineingeschlungen haben.
    1. Struktur statt Chaos
    Essensplanung erfordert einen sauberen Rahmen, der dazu dient, uns von den Verlockungen der Umgebung fernzuhalten, uns vor Hinweisreizen zu