Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)
ging gemeinsam mit seinem Sohn nach Budapest, wo Albert-László seinen Master in Physik machte. H. Eugene Stanley, ein Physiker der Bostoner Universität, entdeckte dort den jungen Barabási und lud ihn ein, in Boston sein Doktoratsstudium zu machen. Drei Jahre später beginnt sein beruflicher Weg im IBM-Forschungszentrum in New York.
Im Jahr 2002, zwei Jahre vor Mark Zuckerbergs Facebook-Start, veröffentlicht Albert-László Barabási, inzwischen Professor für Physik und einer der Experten der immer wichtiger werdenden Netzwerk-Wissenschaften, sein Buch „Linked: How Everything is Connected to Everything Else and What It Means for Business, Science, and Everyday Life“. Es wird zur Bibel einer neuen Netzwerk-Generation. Sein Ziel: Uns zum Nachdenken über Netzwerke zu bringen. Weil, wie Barabási schreibt, „die Netzwerke unser neues Jahrhundert stärker dominieren werden, als die meisten Menschen im Moment bereit sind zu akzeptieren“. Und er führt uns, Link für Link, durch die Gesetzmäßigkeiten, die das Entstehen und die Ausbreitung von Netzwerken bestimmen: Von der „Six Degrees of Separation“-Theorie, nach der alle Menschen auf der Welt durch maximal fünf Links miteinander verbunden sind, über die Graphen-Theorie, die Zuckerberg zu seinem „Social Graph“-Konzept führte, bis zu Mark Granovetters legendärer Arbeit über „Die Stärke der schwachen Verbindungen“. Eine Arbeit, die zeigt, dass Knoten in Netzwerken dadurch stärker beziehungsweise wichtiger werden, indem sie nicht nur aus Links nach innen, also in die eigene Gruppe bestehen, sondern auch aus sogenannten „Weak Links“, also Links, die aus dem eigenen, engeren Netz hinaus in andere Gruppen führen. 35
Barabási behielt recht mit seiner Prognose über die zentrale Rolle von Netzwerken in unserer Gesellschaft. Und er hatte nicht nur an der Etablierung der Netzwerk-Wissenschaft wesentlichen Anteil. Mit seiner Darstellung der Gesetzmäßigkeit von Netzwerken wurde erstmals einer breiteren Bevölkerung außerhalb der üblichen naturwissenschaftlich-mathematischen Zirkel die Möglichkeit geboten, die Dynamik von Netzwerkvorgängen zu verstehen, die nicht zuletzt auch für die Entwicklung von Social Media ausschlaggebend war. So manch erfolgreicher Web-Entrepreneur hat sich die Baupläne für sein Start-up aus Barabásis Arbeit geholt.
Facebook, YouTube, Twitter, LinkedIn, viele andere soziale Netzwerke und das gesamte Portfolio der Social-Media-Kanäle haben uns in einem Ausmaß vernetzt, wie das selbst die forschesten digitalen Propheten nicht vorhergesehen haben. Die Entwicklung des Smartphones und dessen Funktion als zentraler, mobiler Daten-Aggregator haben ein Übriges dazu beigetragen, diesen globalen Vernetzungsprozess zu beschleunigen.
Datenmaschine Facebook
• 2,5 Milliarden Content-Teile pro Tag
• 2,7 Milliarden „Likes“ pro Tag
• 300 Millionen Fotos pro Tag
• 500 Terabytes an Daten pro Tag
• Datenmaschine Facebook
Quelle: Techcrunch.com 36
Barabási schloss sein Buch „Linked“ mit der Feststellung, dass das Rätsel unserer Gesellschaft und die Unvorhersagbarkeit unserer wirtschaftlichen Prozesse in der Unkenntnis begründet sind, wie das Netzwerk der komplexen Struktur der Interaktionen in unseren Systemen funktioniert. Er deutete aber auch seine Überzeugung an, dass wir dieser unbekannten Komplexität der Struktur und Interaktion näherkommen und sie besser verstehen werden. Aus seinen Worten war eine gewisse Sympathie für Einsteins „Gott würfelt nicht“ herauszulesen.
Acht Jahre später, in einer inzwischen global vernetzten und digitalisierten Welt, fragt sich Barabási in seinem jüngsten Buch „Bursts“, ob wir – auf wissenschaftlicher Basis – unsere Zukunft vorhersagen können. 37 Die Antwort, die er auf diese Frage gibt, ist eindeutig. Die Analysen der elektronischen Datenspuren unseres digitalen Lebensstils ergeben ein klares Bild: Viele Muster im menschlichen Verhalten, von denen wir bis jetzt der Meinung waren, dass sie zufällig seien, folgen vorhersagbaren Gesetzen. Die Eindeutigkeit der Ergebnisse der Experimente zu Mobilitätsprognosen, die Barabási und seine Mitarbeiter im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten durchführten, überraschte selbst ihn. Weniger, dass das Maximum der Vorhersagbarkeit bei 93 Prozent lag, sondern dass es in der gesamten Untersuchungsreihe praktisch niemanden gab, dessen Vorhersagbarkeit unter 80 Prozent lag. 38
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