Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)
das Gewicht der verweisenden Seiten ist, desto größer ist der Effekt. Eine Analogie aus dem Bereich wissenschaftlicher Arbeiten und deren Relevanzbewertung, wo auch die Häufigkeit ihrer Zitierungen in anderen Arbeiten und Publikationen und das Gewicht der Zitierenden den Ausschlag geben. 84
Da die beiden den Algorithmus und das Projekt als Studenten der Stanford University entwickelten, hält auch noch heute die Universität das Patent auf den ursprünglichen PageRank-Algorithmus. Für die Einräumung der exklusiven Nutzung durch Google erhielt sie 1,8 Millionen Google-Aktien, die sie in der Zwischenzeit für eine Summe von 336 Millionen Dollar verkauft hat. Kein schlechter Deal für das Patent auf ein Rechenmodell!
In der Zwischenzeit hat Google nicht nur eine marktbeherrschende Stellung bei Suchmaschinen, sondern ein weltumspannendes Netz an algorithmengetriebenen Produkten und Dienstleistungen, die auf der Verarbeitung von Daten zu intelligenten Produkten beruhen. Wir werden Google und seinen Big-Data-Produkten in diesem Buch noch öfter begegnen.
Schon lange stehen Algorithmen hinter vielen Vorgängen unseres täglichen Lebens. In den meisten Fällen unbemerkt. Sie machen es möglich, dass komplexe Vorgänge nicht nur in viele Millionen kleiner Schritte beziehungsweise Einzeldaten zerlegt werden können, sondern dass diese vielen kleinen Schritte automatisch und in großer Geschwindigkeit „rechenbar“ werden. Beruhigend bei all der Automatisierung ist aber der Umstand, dass es doch immer ein kreativer menschlicher Geist ist, der durch eine innovative Idee, eine neue Fragestellung der Auslöser für neue Konzepte ist, zu dem dann die immer stärker auch lernfähigen Rechenmaschinen die notwendigen Informationen und Handlungsanleitungen liefern. Algorithmen sind die Siebenmeilenstiefel der Datenwelt, mit denen wir, wie mit jedem Werkzeug, viel erreichen, aber auch viel zerstören können. Aber das ist schon seit den ersten Werkzeugen der Steinzeit so.
Musik, die aus dem Algorithmus kommt
Die „Fuge“, die aus dem Lautsprecher tönt, klingt nach Bach und rührt die Zuhörer. Manch einer schließt die Augen und fühlt sich in die Zeit des Meisters zurückversetzt. Das konnte eben nur Bach! Die meisten Zuhörer ahnen zu diesem Zeitpunkt nicht, dass Johann Sebastian Bach keinen Ton dieser Fuge komponiert hat. Es hatte auch kein Kopist aus seiner Zeit – noch weniger aus der Gegenwart – seine Hände im Spiel. Ein Algorithmus erzeugt die Töne, die so klingen, als hätte sie der Maestro selbst geschrieben.
Schon in den 1980er-Jahren begann der Amerikaner David Cope sich Gedanken zu machen, wie eine Maschine Musik nicht nur nachspielen, sondern selbst kreieren könnte. Heute gilt der Komponist, Musikprofessor und Informatiker als einer der wichtigsten Pioniere der „algorithmischen Musik“, dem automatisierten Komponieren.
„Alle großen Bücher der englischen Sprache bestehen aus Kombinationen der 26 Buchstaben des Alphabets“, argumentierte Cope. Auch in der Musik sei es ähnlich. Das Geheimnis läge nicht in der Erfindung neuer Buchstaben oder Noten, sondern in der Form und Eleganz ihrer Kombination. 85
Cope gelang es in langwieriger Arbeit, den Algorithmus in die Lage zu versetzen, die gleichen Bestandteile so zu verwenden, wie sie der Komponist als Handlungsmuster einsetzte, die seinen Stil charakterisierten. Zu diesem Zweck fütterte Cope den Algorithmus mit dem kompletten Werk eines Komponisten und programmierte ihn, die Muster im Werk zu erkennen und sie nach von ihm definierten Regeln neu zusammenzusetzen. Dazu gehörte auch, eben diese Regeln mitunter zu brechen. Ganz so, wie es das klassische Vorbild gemacht hat. „Experiments in Musical Intelligence“ nannte Cope sein Programm, kurz „Emmy“. Und Emmy komponierte im Stil klassischer Komponisten, bis David Cope entschied, seine Emmy – wie es das Schicksal jedes echten Komponisten ist – sterben zu lassen.
Aber er sorgte für einen Nachfolger: Copes zweiter Star, der inzwischen auch schon auf dem Algorithmen-Friedhof gelandet ist, hieß Emily Howell. Sie hat in ihrer Karriere acht Opern geschrieben, dazu einige Klavierkonzerte. Sie war zwar schneller und besser als ihre Vorgängerin Emmy – aber auch sie folgte brav und unbeirrbar den Regeln von David Cope und komponierte nach Mustern, abgeschaut bei den Meistern der Vergangenheit. Copes neueste Schöpfung „Annie“ ist nun allerdings ein lernender, ein adaptiver
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