Das Ende des Zufalls - Wie Big Data uns und unser Leben vorhersagbar macht (German Edition)
gemeinsam mit Thomson Reuters unter der Webadresse https://joyride.pfinance.com/welcome/. Hier kann man sich unter Verwendung von Reuters-Wirtschaftsdaten selbst als Datenanalyst betätigen.
Die inzwischen laut Co-Gründer Stephen Cohen fast 800 Mitarbeiter von Palantir werden – wie auch bei Google – mit einer eindrucksvollen Liste an Leistungen bei der Stange und im Büro gehalten. Der Chefkoch, der drei Mal am Tag ausgesuchte Menüs fabriziert, gehört genauso dazu wie der hauseigene Friseur, der Yoga-Lehrer, Chiropraktiker und Masseur. Wem das kleine, firmeneigene Gym zu wenig ist, der bekommt auch eine Gratismitgliedschaft im örtlichen Fitnessklub.
Spiegelwelt oder Gehirn-Simulator:
Europas Blick in die Zukunft
Sechs Forschungsprojekte waren es, die im Rahmen der Flaggschiff-Initiative der Europäischen Kommission um den Zuschlag angetreten sind. Dem Gewinner winkt ein Gesamtbudget von je einer Milliarde Euro für die nächsten zehn Jahre. Zwei der Projekte sind eng mit unserem Thema und der Vision von gigantischen Simulationsmaschinen verbunden. Und beide haben ihre Protagonisten in der Schweiz sitzen. „Supercomputer soll die Zukunft vorhersagen“, titelte „Die Welt“ über das Projekt des „Living Earth Project“, und „The Machine That Would Predict the Future“ war schon bei der ersten Vorstellung vor zwei Jahren im „Scientific American“ zu lesen. 126
Das Ziel von FuturICT, wie das Projekt offiziell heißt: Ein Modell unserer Erde mit all ihren wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Systemen zu bauen, um deren Funktionieren und Interagieren besser verstehen zu können. Sitzt man Professor Dirk Helbing, dem wissenschaftlichen Koordinator von FuturICT gegenüber, so könnte man meinen, es mit einem der Silicon-Valley-Entrepreneurs eines Big-Data-Start-ups zu tun zu haben und nicht mit einem Wissenschaftler. Helbing, der in Göttingen Physik und Mathematik studiert hat, ist nun, nach einer Professur für Verkehrsökonometrie an der ETH in Zürich, Professor für Soziologie mit Schwerpunkt Modellbildung und Simulation. Er vermittelt nicht nur seine Begeisterung an diesem Milliarden-Forschungsprojekt, sondern auch dessen Unverzichtbarkeit für Europa mit einer Bestimmtheit, die sonst eher den Jungs aus Palo Alto anhaftet. Und er hat in einer Sache in jedem Fall recht. Europa zeigt dringenden Know-how-Aufholbedarf und wird sich den Herausforderungen, welche die Big-Data-Entwicklung bringen wird, nur gemeinsam stellen können. Helbing verneint die naheliegende Vermutung, dass sein Projekt die europäische Antwort auf Recorded Future oder Palantir und ähnliche, durch Industrie, Geheimdienste und Regierungsstellen unterstützte Initiativen in anderen Teilen der Welt sein soll. Es sei eher ein Gegenentwurf, der von einer technologiegetriebenen Gesellschaft zu einer sozial orientierten Technologie führen soll. 127
Die Prognosefähigkeit des geplanten Systems erläutert Helbing mit einem Beispiel aus seinen bisherigen Arbeiten: „Bevor eine Massenpanik ausbricht, gibt es deutliche, messbare Änderungen in den Fortbewegungsmustern der Menge. Aus dem gleichmäßigen Fluss wird ein Stopp and Go, dann folgen Turbulenzen, die schließlich in panische Bewegungsmuster umschlagen. Man kann diesen Worst Case teilweise schon eine halbe Stunde vorher erkennen und entsprechend früh eingreifen. Ähnliche Frühwarnsysteme lassen sich auch in anderen Bereichen entwickeln.“ Selbst der Unfall im japanischen Atomkraftwerk in Fukushima, so der Professor aus Zürich im Interview mit der Zeitung „Die Welt“ 128 , „hätte sich mit Daten aus dem Simulator vermeiden oder verringern lassen können“. Migration ließe sich mit den Computerdaten gleichfalls besser planen und lenken. Welches sind die Vor- und Nachteile von Einwanderungsströmen? Wie sollen Staaten mit ihnen umgehen? Die Bandbreite der möglichen Ratschläge aus der Spiegelwelt mit ihren „Was wäre wenn“-Szenarien ist groß und reicht von Energie, Gesundheit, Politik und Wirtschaft bis zu Kriminalität, Korruption und Krisenmanagement. Für all das sollte der Erd-Simulator wichtige Entscheidungsgrundlagen liefern können.
Das Konzept des FuturICT-Projekts umfasst das Planetary-Nervous-System als eine Art Datensammler. Dieses Datensammeln wird kombiniert mit Maschinenlernen, semantischen Technologien und ist um den sozialen und ökonomischen Kontext erweitert. Der Living Earth Simulator ermöglicht Simulationen mit „Was wäre
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