Das Ende eines Dämons
Finsternis. Seither sind viele Geister in Urgat. Und manchmal, wenn sie stärker als er sind, gewinnen sie die Oberhand….«
»Und Mon’Kavaer ist…?«
»Für lange Erklärungen ist später Zeit«, drängte Mon’Kavaer. »Bei Erain, wir müssen zu diesem Turm! Und bei allen Göttern, bekämpft nicht, was ihr seht, sondern bekämpft eure Furcht!«
Er stieg rasch voran den felsigen Hang hoch. Die anderen folgten entschlossen. Für einen Augenblick war die Furcht vergessen, und sie kamen ein gutes Stück ungehindert vorwärts.
Als sie keuchend innehielten, um wieder zu Atem zu kommen, war es Baragg, der warnend rief:
»Hinter uns!«
Erst waren es nur Schatten, die näher huschten. Als sich die anderen alarmiert umwandten, waren es menschliche Gestalten, die geduckt durch die kahlen Büsche schlichen.
Es waren Krieger in blitzendem Rüstzeug mit Äxten und Schwertern.
»Das sind Caer«, flüsterte Lella.
»Caer in Fellwämsern, ohne Rüstzeug«, entfuhr es O’Braenn kopfschüttelnd. »Nein, das sind euresgleichen. Wildländer. Barbaren…!«
Mon’Kavaer wirbelte zwischen sie, gebrauchte die flache Klinge seiner Axt, um die Lorvaner zur Besinnung zu bringen.
»Sie sind weder Caer noch Barbaren. Sie sind nur Phantome!« rief er. »Verleugnet sie…!«
»Sie sind keine Phantome, siehst du das nicht?« entgegnete O’Braenn heftig. »Sie sind Krieger wie wir. Es hätte mich gewundert, wenn dieser Xandor sich auf seine Dämonen allein verlassen hätte. Auch die Priester wissen guten scharfen Stahl zu schätzen, wenn es um ihre Haut geht…«
»Narr!« schrie Mon’Kavaer. »Blinder, hilfloser Narr!«
Wut verzerrte O’Braenns Gesicht.
Nottr lenkte ein. »Aber sie kommen von unten, Mon’Kavaer… nicht vom Turm…«
»Sie sind nur Rauch! Ihr Götter, warum Ist es so schwer, diese Narren zu überzeugen! Sie entstehen aus dem schwarzen Rauch, der über der Insel liegt…«
Aber die Lorvaner hörten ihn nur mit halbem Ohr, denn die Angreifer waren heran und stürzten sich mit Geheul auf die Eindringlinge.
Äxte und Schwerter klirrten. Die Lorvaner übertrafen noch das Geheul ihrer Gegner - denn mit vollen Lungen und voller Kraft: das war ihre Art zu kämpfen.
»Kämpft nicht mit den Waffen… kämpft mit dem Kopf!« schrie Mon’Kavaer. Aber seine Stimme ging unter in dem Kampfgebrüll.
Da stürzte er sich grimmig auf Baragg, der die Angreifer zuerst entdeckt hatte. Er hätte ihn erschlagen, wenn Calutt nicht dazwischengesprungen wäre. So streifte die Axt nur seine Schulter. Baragg stürzte mit einem Schmerzensschrei.
Die Angreifer wurden schemenhaft. Durchscheinend wie Rauch.
Aber, als nährten sie sich von der Überzeugung der anderen, gewannen sie wieder an Festigkeit, bis Mon’Kavaer wie ein Berserker unter sie stürmte und brüllte: »Muß ich euch alle erschlagen, daß ihr begreift, daß sie nicht wirklich sind?«
Aber es war schwer, den kampftrunkenen Gehirnen mit Vernunft beizukommen. Sie hielten die Angreifer für wirklich, und so besaßen diese auch Macht über die Wirklichkeit, Macht zu verwunden und zu töten.
Mon’Kavaer wurde von einem Axthieb zu Boden geschleudert. Lella parierte einen Schwerthieb nur mit Mühe. O’Braenn ging in die Knie unter den bloßen Fäusten eines wahren Riesen. Und ganz allmählich dämmerte den Lorvanern, daß ihre Waffen nichts gegen den Feind auszurichten vermochten. Dessen Zahl wurde nicht geringer, die Schar wuchs sogar.
Da sank der Schamane auf die Knie und sammelte seine letzten Kräfte.
Er rief die Toten an, von denen es viele auf dieser Insel gab - Ugaliener, Dandamarer, Tainnianer, Caer. Sie antworteten ihm nicht nur, sie nutzten den magischen Rauch, der die Kreaturen des Xandors erweckte, um wieder auf Erden zu wandeln. Ihre Körper waren aus der Erinnerung geformt und nicht mehr ganz menschlich, denn die Erinnerung verfremdet die Wirklichkeit beträchtlich, und manche besaßen keine genaue Erinnerung mehr.
So waren sie noch mehr Gestalten aus einem Alptraum als die magischen Kreaturen.
Die Menschen erstarrten vor Grauen. Sie wichen zurück, flohen hangaufwärts. Die Flucht ließ sie ihre Feinde vergessen, und diese lösten sich auf, bevor die Toten sie erreichten.
Nur Mon’Kavaer lag noch von dem Axthieb benommen auf dem Boden, und die vordersten der Toten beugten sich hinab.
»Nein«, krächzte Calutt erschöpft. »Nicht ihn… nicht die Lebenden…«
Fünf oder sechs Dutzend waren sie. Alle wandten ihre Gesichter Calutt zu. Seltsam
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