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Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens

Titel: Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiziano Terzani
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Europa wieder aufrichten und seinen Werten - nicht den europäischen, sondern den universellen - neues Leben einhauchen konnte; irgendetwas, was helfen konnte, die grenzenlose moralische Erschütterung zu überwinden. Das war die Zeit, als Gandhi auf der Bildfläche erschien.
    Ich war fasziniert von den Menschen, die sich nach Asien und insbesondere nach Indien wandten, weil sie hofften, dort etwas Echtes, Authentisches zu finden, worauf Europa zurückgreifen konnte. Denk nur an Romain Rolland, der zum Biografen Vivekanandas und später des jungen Gandhi wurde! Dass Vertreter der westlichen Kultur, der literarischen Salons Frankreichs, dort etwas vermuteten, was Europa retten konnte, war für mich höchst anregend. Und Coomaraswamy, der sagte: „Helft uns, Indiens Ursprünglichkeit zu retten, denn Indien wird euch helfen zu überleben.“Das war damals ein Thema, für das ich mit all meinen Zweifeln an diesem verwünschten Westen sehr empfänglich war.
    Ein großer Inder, dessen Bücher ich schon gelesen hatte, bevor ich nach Indien kam, war Vivekananda. Ganz in Orange gekleidet, fuhr er nach Amerika, nahm im Jahre 1893 an dem berühmten Weltparlament der Religionen in Chicago teil und wirkte dort wie ein Wirbelsturm, weil er das Bild von Amerika auf den Kopf stellte, die ganze Welt vollkommen neu erklärte und von Indien als dem „Guru der Nationen“sprach. Die Leute waren fasziniert. Donnerwetter, dieses arme Land, dieses Land der Schlangenbeschwörer sollte der „Guru der Nationen“werden und die Menschheit vor den Abgründen des Materialismus retten?
    Im vergangenen Jahrhundert hat es in Indien mehrere solcher Gestalten gegeben: Gandhi, Coomaraswamy, Ramana Maharishi …
    FOLCO: Die Gestalt dieses neuen Indiens, die am hellsten leuchtete, war Gandhi, nicht? Du hast dich intensiv mit seinen Werken befasst.
    TIZIANO: Als sie in Europa herauskamen, las ich sie mit geradezu religiösem Eifer. Dabei suchte ich allerdings weniger eine Lösung für das Indien der Dörfer und der heiligen Kühe, als vielmehr eine Botschaft für unsere Gesellschaft. Halb im Spaß und halb im Ernst habe ich sie im Fasten ausgemacht, in der Rückkehr zur Einfachheit.
    Stell dir das mal vor, ein Mann, ein erfolgreicher Rechtsanwalt, der in London studiert hat und auf einmal beschließt, wie die Leute seines Volkes zu werden! Zu fühlen und zu leben wie die armen Leute vom Dorf, um vier Uhr morgens aufzustehen, die Klos zu putzen, zu spinnen und dann zu beten. Ist das nicht wahre Stärke? Der nur eine Schale Reis isst und wenn er krank wird, keine Medizin nimmt, sondern fastet. Diese Idee, die Probleme auf Dorfebene zu lösen, diese Negation der Moderne!
    1909 hält Gandhi eine Rede. Er sieht sich um und fragt: „Was ist wahre Kultur? Sie basiert auf einem Verhalten, das dem Menschen den Weg der Pflicht zeigt […], die Achtung der Moralität. Moralität zu erlangen aber heißt, unseren Geist und unsere Leidenschaften zu beherrschen.“Kann man also die englische, die westliche Kultur überhaupt als solche bezeichnen, fragt er sich. Eine Kultur, die den Fortschritt daran misst, wie viele Kleidungsstücke die Leute besitzen? Wie schnell sie sich vorwärts bewegen? Reichen dem Menschen nicht ein Dach überm Kopf und ein Stück Stoff um die Hüfte? Harte Worte waren das. Gandhi wollte den Weg der Dörfer gehen, nicht den der Fabriken, die den Menschen versklaven. Warum die Dörfer zerstören? Das Dorf steht für Gemeinschaft, für das Teilen von Ressourcen!
    Anders als Mao, der dieses Problem auch erkannt hatte, es aber denkbar schlecht angegangen war, schien Gandhi ein echtes politisches Programm entwickelt zu haben. Darauf gründete sich die Congress Party. Wenn du Bilder aus den vierziger und fünfziger Jahren betrachtest, Folco, diese Männer, die mager, sauber, die Mütze auf dem Kopf zu ihren Versammlungen gingen, dann siehst du: Donnerwetter, die hatten Würde! Die hatten etwas, woran sie glaubten! Sie arbeiteten. Sie wollten den westlichen Fortschritt nicht. An Leute wie diese appellierte Gandhi mit seinen Gedanken über die Kultur. Ich meine, da stand doch eine große Idee dahinter! Der Wunsch, eine Welt zu retten, die sich dem Konsumismus nicht ausliefern wollte. Und deshalb war der einzige Weg der, nicht zu konsumieren, zu fasten.
    Für einen wie mich, der in Asien - neben anderen Dingen natürlich - nach einer Alternative für die westliche Welt suchte, war hier endlich ein Weg, das war sonnenklar. Mein Gott, das war die

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