Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens

Titel: Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiziano Terzani
Vom Netzwerk:
einen oder zwei brauchte. Und Sie hatten gleich vier auf einmal!“
    Ich blieb mehrere Wochen in Südafrika, machte Fotos und sammelte Dokumente. Zurück in Ivrea litt ich dann Höllenqualen, denn ich versuchte, abends nach der Arbeit eine Reihe von Artikeln über die Apartheid zu schreiben, aber es fiel mir ungeheuer schwer. Es war ja das erste Mal! Doch schließlich hatte ich die Artikel fertig, und eines Tages entdeckten wir an einem Zeitungskiosk in L’Astrolabio „Das geteilte Afrika“von Tiziano Terzani, sogar mit meinen Fotos! Ich war im siebten Himmel und ging mit deiner Mutter zum Feiern in ein schickes Restaurant im Canavese. Wir waren überglücklich, weil sich endlich ein neuer Weg abzeichnete und es nicht mehr völlig unmöglich schien, dieses Leben als leitender Angestellter aufzugeben. FOLCO: So hast du also mit dem Journalismus angefangen? TIZIANO: Nein, noch glaubte ich nicht wirklich daran. Aber damals entsprang die Idee, mich durch ein zusätzliches Studium noch einmal ganz neu zu erfinden und mich dann auf dem Arbeitsmarkt mit etwas zu präsentieren, was sonst keiner konnte: Chinesisch. Wer konnte denn damals schon Chinesisch?
    Ich wollte nach China, aber ich habe lange gebraucht, um den Weg dorthin zu finden. Doch schließlich war das Glück mir mal wieder hold.
    FOLCO: War es wirklich Glück?
    TIZIANO: Ja, es ist etwas Sagenhaftes passiert. Ich war zum Headhunter aufgestiegen und hatte die Aufgabe, in der Welt herumzureisen und für Olivetti nach „brillanten jungen Menschen“zu suchen. Nur schade, dass ein Jahr später alle wieder gekündigt hatten, weil ich lauter Typen wie mich aussuchte!
    Auf jeden Fall wurde ich 1966 in die Johns-Hopkins-Universität in Bologna zu einem Treffen junger europäischer Manager geschickt, wo über Vietnam gesprochen wurde. Und stell dir vor: Statt still zuzuhören, um zu sehen, ob unter den Anwesenden jemand Intelligentes war, den ich anheuern konnte, stand ich auf und hielt selbst eine flammende, antiamerikanische Rede. Am Ende trat ein Herr auf mich zu und fragte: „Entschuldigen Sie, warum sind Sie eigentlich so antiamerikanisch?“
    Und da gab das Glück mir diese Antwort ein, die mein Leben bestimmen sollte: „Vielleicht weil ich Amerika nicht kenne. Ich war noch nie dort.“
    „Hätten Sie denn Lust zu kommen?“
    So bekam ich ein zweijähriges Stipendium, das mein Leben verändert hat. Kann eine einzige Antwort ein ganzes Leben verändern? In meinem Fall ja.

NEW YORK

    Aus unserer Wohnung in Florenz, wo ganze Schränke voller Schwarzweißfotos stehen, haben wir ein paar Kartons mitgebracht, in denen Papa jetzt gerne stöbert. Sie erinnern ihn an unzählige Episoden aus seinem Leben. Als ich zu ihm trete, sieht er sich gerade Fotos aus China an.
    TIZIANO: Es gibt einen Weg durchs Leben, aber merkwürdigerweise erkennst du ihn erst, wenn das Leben um ist. Du blickst zurück und sagst: „Donnerwetter, da ist ja ein roter Faden!“Vorher bemerkst du ihn nicht, und doch ist er da. Denn du glaubst zwar, dass all deine Entscheidungen dem freien Willen entspringen, aber das ist völliger Unsinn! Sie werden vielmehr von etwas bestimmt, was tief in dir drin liegt, einer Art Instinkt; und vielleicht auch vom Karma, wie deine indischen Freunde es nennen. Das erklärt für sie alles, auch, was für uns unerklärlich ist. Und vielleicht ist an dieser Vorstellung sogar etwas dran, denn in unserem Leben gibt es Dinge, die sich einfach nicht anders erklären lassen als mit Verdienst oder Schuld aus früheren Leben. FOLCO: Gibt es auch Dinge, die sich selbst am Ende eines Lebens nicht erklären lassen?
    TIZIANO: Bestimmt! Zumindest glaube ich das. Aber wenn ich auf mein Leben zurückblicke, muss ich sagen: „Hoppla, da ist ein roter Faden!“Überleg doch mal: Ich versuche, Rechtsanwalt zu werden, und mache mich davon wie ein Dieb. Ich versuche, als Manager in einer großen Firma wie Olivetti zu arbeiten, die für soziales Engagement und alles andere steht, was mir wichtig ist, und - Himmel! - wieder träume ich nur davon wegzulaufen, es ist die reinste Qual! Fünf Jahre habe ich gebraucht, um endlich meinen Weg zu finden - oder das, was ich dafür halte. Also gibt es einen Sinn. Siehst du ihn? Ich war Manager bei Olivetti, bin zu einer Konferenz gegangen, wo es um Vietnam ging … FOLCO:...und man hat dir ein Stipendium für New York angeboten. Aber weshalb haben sich die Amerikaner einen Linken wie dich ausgesucht?
    TIZIANO: Die Harkness Foundation lud junge

Weitere Kostenlose Bücher