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Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens

Titel: Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiziano Terzani
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nach Indochina. Damals entdeckte ich also Laos, ein unwahrscheinlich schönes Land, das „Reich der Millionen Elefanten“, das es heute nicht mehr gibt. Die flächendeckenden Bombardements haben es komplett zerstört.
    FOLCO: Und Kambodscha? Bist du da nicht einmal fast erschossen worden?
    TIZIANO: Eigentlich erzähle ich die Geschichte nicht so gern, weil ich am Ende als Held dastehe, während viele Journalisten in ganz ähnlichen Situationen nicht mit dem Leben davongekommen sind, sehr viele sogar, in Kambodscha mindestens fünfunddreißig, darunter auch der Sohn von Errol Flynn. Ich habe unglaubliches Glück gehabt und erzähle dir die Geschichte nur, weil ich ihre „Moral“mag.
    Also: Nachdem es mir in Vietnam schließlich gelungen war, Kontakt zu den Vietcong aufzunehmen, träumte ich davon, auch die Guerillas von Kambodscha, die Roten Khmer, zu treffen. Auch die sahen wir gewöhnlich nur als Leichen.
    FOLCO: Und? Hat es geklappt?
    TIZIANO: Nein, bis zum Schluss nicht - zum Glück, sonst könnte ich dir diese Geschichte nicht erzählen, denn alle, die es versucht haben, wurden umgebracht.
    FOLCO: Auch die Journalisten?
    TIZIANO: Alle! Wer auch immer hinter die Linien zu gelangen suchte, wurde abgeschlachtet. Marc Filloux zum Beispiel, einer meiner Freunde, denen ich das Buch In Asien gewidmet habe. Er hatte auf die Hilfe einer laotischen Freundin gebaut, die sehr gut Khmer sprach. Wie später herauskam, wurde er mit einem Knüppel erschlagen, als er kambodschanischen Grund und Boden betrat.
    FOLCO: Wollten sie nicht, dass man ihre Geschichte erzählte?
    TIZIANO: Nein, es interessierte sie nicht einmal, dass man für sie warb. Wir waren einfach nur ihre Feinde. Sie identifizierten uns mit all dem, was sie hassten, vor allem mit denen, die sie von oben bombardierten, und brachten alle Journalisten um, ausnahmslos. Von Ishihara, einem netten japanischen Kollegen, der Edgar Snow bewunderte und ein Buch mit dem Titel Roter Stern über Kombodscha schreiben wollte, hieß es, er hätte eine Weile bei ihnen gelebt. Hin und wieder wollte ihn jemand von weitem auf einem Fahrrad gesehen haben. Aber das stimmte nicht. Ich bin sicher, dass auch er sofort abgeschlachtet wurde, wie all die anderen. Die Nordvietnamesen und die Vietcong haben keinem einzigen Journalisten auch nur ein Haar gekrümmt, aber jeder, der den Roten Khmer in die Hände fiel, wurde umgebracht. Nicht mal die Leichen wurden gefunden. Die Leute verschwanden einfach.
    FOLCO: Dann kamen die Roten Khmer an die Macht.
    TIZIANO: Am 17. April 1975 nahmen die Roten Khmer Phnom Penh ein. Ich hatte Kambodscha kurz zuvor verlassen, und im Grunde war das ein Glück, denn sonst hätte ich nicht wenige Tage später das Ende des Vietnamkriegs miterlebt. Mein Freund Sydney Schanberg zum Beispiel saß in der kambodschanischen Hauptstadt fest und war in Saigon dann nicht dabei.
    FOLCO: Beim Fall Phnom Penhs warst du nicht in Kambodscha?
    TIZIANO: Nein, ich habe ihn aus Thailand mitverfolgt, aus der kambodschanischen Botschaft. Da gingen die letzten verzweifelten Anrufe von Leuten ein, die fliehen wollten. Die meisten wurden umgebracht, viele wurden einfach auf der Straße erschossen.
    Es gab auch eine Funkverbindung zum Pressebüro, der einzigen Regierungsstelle in Phnom Penh, die noch geöffnet war. Da saß ein guter Freund von mir, ein dicker kambodschanischer Journalist, Mondgesicht genannt, dessen letzte Worte ich durch das in jenen Tagen laut knisternde Radio hörte: „Sie kommen, sie kommen, da sind sie! Gott helfe uns …“Bumm! Ende.
    Phnom Penhs Fall war hochdramatisch. Sofort war klar, dass dort Schreckliches geschah. Ich war verzweifelt: Da ich an der Reihe gewesen war, als „Brieftaube“nach Bangkok zu fahren, um all unsere Artikel loszuschicken, hatte ich Sydney und die anderen in Phnom Penh zurückgelassen und verpasste nun einen der ganz großen Momente, an denen Geschichte geschrieben wird! Aber ich war doch Journalist! Ich konnte mir das einfach nicht entgehen lassen!
    Plötzlich hatte ich eine völlig verrückte Idee: Da es nicht mehr möglich war, nach Phnom Penh zu fliegen - der Flughafen war geschlossen, und die Roten Khmer hatten bereits begonnen, die Stadt zu evakuieren - würde ich ganz früh am nächsten Morgen ein Auto mieten und zur kambodschanischen Grenze fahren. Dort würde ich das Auto stehen lassen, die Eisenbahnbrücke nach Poipet überqueren, das die Roten Khmer noch nicht eingenommen hatten, und von dort nach Phnom Penh

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