Das Ende ist mein Anfang - Ein Vater ein Sohn und die grosse Reise des Lebens
Schurken begleitet, standen alle da, filmten die Szene, stellten mir unendlich viele Fragen und streckten mir dabei ihre blöden Mikrofone ins Gesicht.
Aber natürlich habe ich ihnen meine Erlebnisse nicht erzählt, meine Geschichte wollte ich doch selber schreiben! Ich stieg in mein Auto, das noch da stand, fuhr wie ein Teufel - nicht nur, weil ich meine Story schreiben wollte, sondern auch weil ich mir fast in die Hosen machte vor Angst - und war bereits nach zwei Stunden in Bangkok. Als Erstes rief ich in Florenz an, und was sagte meine Mutter? „Wir haben dich im Fernsehen gesehen! Du warst auf allen Sendern. Richtig schön hast du ausgesehen und so nett gelächelt! Man sah dir an, wie gut es dir geht!“Nichts hatte sie begriffen … Aber sie hatte ihren Sohn in den Nachrichten gesehen und in Florenz wollte das etwas heißen! Auf einmal war ich ein Star!
Ist das nicht ein schönes Ende für diese Geschichte? Während ich die schlimmsten Ängste ausstand, hatte eure Großmutter sich damit vergnügt, mich im Fernsehen zu betrachten; eure Mutter hatte in der Veranda gesessen und Tagebuch geschrieben, Ah Chin hatte euch zum Abendessen Kartoffeln geschält und ihr hattet im Park der Winchester Road Ball gespielt. Und in dem Moment hätte euer Vater - peng! - einfach so verschwinden können.
Er lacht.
Die Welt lief auf völlig unterschiedlichen Gleisen. FOLCO: Wie war das, dem Tod ins Auge zu schauen? TIZIANO: Wenn du dem Tod ins Auge schaust … ich weiß nicht warum, aber … leiden tust du jedenfalls nicht. Dir ist völlig klar: Pa, pa, pamm! - und du bist nicht mehr. Das Einzige, was mich schrecklich belastete, und das hat mich noch lange verfolgt, war der Gedanke an den Moment, an dem man euch die Nachricht überbringen würde. Ein Freund und Kollege von mir würde Mama beiseite nehmen und sagen: „Weißt du, gestern ist es passiert… “Das belastete mich! Denn ich begriff, wie leichtsinnig ich gewesen war. Mich belastete der Gedanke, jemand würde euch erzählen müssen, dass ich wegen eines Bravourstücks umgekommen war. Aber so ist das Leben.
FOLCO: Diese Episode hat dich traumatisiert.
TIZIANO: Es war die dramatischste meines Lebens. Tagelang konnte ich nicht mehr richtig schlafen. Jedes Mal, wenn ich endlich eingeschlummert war, wachte ich gleich wieder schweißgebadet auf und schrie: „Ich bin Italiener, Italiener!“Auch Mama litt. Sie begriff, dass ich einen Schock erlitten hatte.
FOLCO: Ich habe das zu spüren bekommen! Denn einmal habe ich dir eine Spielzeugpistole ins Gesicht gehalten und „Bumm!“geschrieen und du bist entsetzlich wütend geworden. Du warst außer dir, und ich musste bis ganz hinten in den Garten flüchten, um mich vor dir in Sicherheit zu bringen. Dabei war das doch nur Spaß gewesen!
TIZIANO: Für dich, Folco! Aber als Journalist an die Wand gestellt zu werden - und jeder von uns hat so etwas einmal erlebt -, weißt du, was das für mich bedeutete? Es hatte mir vor Augen geführt, wie sinnlos diese waghalsigen Aktionen sind, und wie wenig Wert es hat, sagen zu können: „Ich war dabei!“Wie lächerlich das im Grunde ist, wenn du überlegst, dass danach womöglich jemand zu deiner Frau sagen muss: „Er ist auf dem Markt in Poipet an die Wand gestellt und erschossen worden.“
Erschossen zu werden, weil du versucht hast, Thieu umzubringen, das wäre etwas anderes, das ist mir auch mal durch den Kopf gegangen …
FOLCO: Was?! Du wolltest Thieu ermorden, den Präsidenten von Südvietnam?
TIZIANO: Klar. Du sagst, du willst ihn interviewen, gehst rein und - bumm!
FOLCO: Dass du mit dem Gedanken gespielt hast, wusste ich nicht!
TIZIANO: Bumm! Manchmal überkommen dich solche Versuchungen einfach. Als Journalist genießt du dermaßen viele Privilegien, dass du manchmal denkst: „Scheiß drauf, jetzt zeig ich’s euch!“Weißt du, was Thieu mit den Vietcong machte? Er ließ sie in Tigerkäfige sperren, in enge Löcher mit einem Holzrost darüber, durch den Kalk hineingeworfen wurde, um sie sauber zu halten. Darin mussten sie elendiglich verrecken. Einmal habe ich gesehen, wie so ein Loch geöffnet wurde - furchtbar!
Krieg ist wirklich etwas Schreckliches. Diese sinnlose Gewalt, diese Unmenschlichkeit …
FOLCO: Bist du erschöpft? Möchtest du dich ein bisschen ausruhen?
TIZIANO: Nur ein paar Minuten. Und zur Stärkung gibst du mir noch einen Tropfen Vinsanto und zwei von diesen Keksen. Und dir selbst nimmst du auch zwei, dann sind sie alle. Wenn wir das nächste
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