Das Ende meiner Sucht
2002). Sollte bei mir Toleranz eintreten, bleibt noch reichlich Spielraum für eine sichere Dosissteigerung, bis andere Medikamente sich als wirksam erweisen.
Mögliche Wirkungsweise von Baclofen
Wirkstoffe, die die GABA-Neurotransmission erleichtern (Baclofen, Topiramat), scheinen vielversprechend zur Behandlung von Alkohol- und Kokainabhängigkeit (Addolorato et al., 2000, 2002a, b; Johnson et al., 2003, 2004; Shoptaw et al., 2003; Kampman et al., 2004). GABA-Neurotransmission ist ein wichtiger gemeinsamer Nenner in der Pathophysiologie von Angst- und affektiven Störungen (Brambilla et al., 2003; Nemeroff, 2003). GABA-Modulation ist ein hochgradig wahrscheinlicher Mechanismus, wie die klinische Expression einer Alkoholabhängigkeit durch Baclofen blockiert wird. Doch die Mobilisierung zusätzlicher Wirkung(en) von Baclofen in hohen Dosen kann nicht ausgeschlossen werden. Verhaltensweisen, die den Diagnosekriterien für eine Abhängigkeit beim Menschen ähneln, wurden kürzlich für Ratten beschrieben (Deroche-Gamonet et al., 2004). Dieses neue Tiermodell sollte Anlass zu weiteren Forschungen sein über die Mechanismen, wie Baclofen gegen Abhängigkeit wirkt.
Dauerbehandlung
Derzeit verwende ich Baclofen hauptsächlich zur Behandlung der Angst. Ich kann nicht sagen, ob und bei welcher niedrigeren Dosierung die Symptome der Abhängigkeit wiederkehren könnten, weil ich nicht in Erwägung gezogen habe, Baclofen abzusetzen. Würde das Wissen, dass ich über etliche Monate Alkohol gegenüber gleichgültig geblieben bin, meine Reaktionsweise verändern, wenn die Symptome wieder auftreten sollten? Ich glaube, dass die neue Situation der durch Baclofen induzierten Unterdrückung der Symptome der Alkoholabhängigkeit eine Gelegenheit eröffnet, die Wirksamkeit anderer Ansätze wie KVT hinsichtlich der Reduzierung oder Vermeidung einer lebenslangen Baclofen-Therapie zu untersuchen. Außerdem könnte die Notwendigkeit einer lebenslangen Baclofen-Therapie anhand des kürzlich beschriebenen Abhängigkeitsmodells bei Ratten untersucht werden (Deroche-Gamonet et al., 2004).
Die wichtigste Einschränkung dieses Fallberichts ist, dass er von eigenem Erleben handelt und somit keine Studie ist. Aber er verweist auf ein neues Behandlungskonzept: Blockierung der Expression von Symptomen einer stoffgebundenen Abhängigkeit mit gleichzeitiger Wirkung auf die Angst. Diesem Fall könnte ein Placebo-Effekt zugrunde liegen, was ich aber für unwahrscheinlich halte, weil es bislang keinen Bericht über so vollständige und dauerhafte Wirkungen in klinischen Versuchen gegeben hat. Die Wirksamkeit von hoch dosiertem Baclofen sollte hinsichtlich ihrer Reproduzierbarkeit in randomisierten Studien unter strenger medizinischer Überwachung getestet werden, um die Validität des Konzepts der dosisabhängigen Suppression der Symptome von Alkoholabhängigkeit zu überprüfen.
DANKSAGUNG
Dr. Jean-Paul Descombey, ehemaliger Leiter der Psychiatrie am Hôpital Sainte-Anne, Paris, und Mitglied des Verwaltungsrats der Französischen Gesellschaft für Alkoholforschung, hat eine unterschriebene Bestätigung dieses Selbstberichts abgegeben. Er kennt den Verfasser seit fünf Jahren. Der Verfasser versichert, dass er in keiner finanziellen oder anderen Verbindung zu einer Firma steht, die Baclofen vermarktet, und dass auch kein sonstiger Interessenkonflikt vorliegt.
LITERATURANGABEN
Addolorato, G., Caputo, F., Capristo, E. et al. (2000), Ability of baclofen in reducing alcohol craving and intake: II – preliminary clinical evidence, Alcoholism: Clinical and Experimental Research 24, S. 67–71.
Addolorato, G., Caputo, F., Capristo, E. et al. (2002a), Baclofen efficacy in reducing alcohol craving and intake: a preliminary double-blind randomized controlled study, Alcohol and Alcoholism 37, S. 504–508.
Addolorato, G., Caputo, F., Capristo, E. et al. (2002b), Rapid suppression of alcohol withdrawal syndrome by baclofen, American Journal of Medicine 112, S. 226–229.
American Psychiatric Association (1994), Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, APA, Washington, DC.
Brambilla, P., Perez, J., Barale, F. et al. (2003), GABAergic dysfunction in mood disorders, Molecular Psychiatry 8, S. 715, S. 721–737.
Brebner, K., Ahn, S. und Phillips, A. G. (2004), Attenuation of D-amphetamine self-administration by baclofen in the rat: behavioral and neurochemical correlates, Psychopharmacology (Berlin) 22. Juli [elektronische
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