Das Ende meiner Sucht
Befreiung von den Symptomen der Alkoholabhängigkeit hat meine Selbstachtung erheblich verbessert.
DISKUSSION
Bei den AA, in der KVT, in Entzugseinrichtungen und in der medizinischen Literatur bin ich auf keinen Bericht über eine durch Medikamente erreichte vollständige Suppression des Craving oder anderer Symptome und Folgen von Alkoholabhängigkeit gestoßen.
Hier beschreibe ich, wie es mir mit hoch dosiertem Baclofen gelungen ist, alle Zeichen und Folgen der Alkoholabhängigkeit zu unterdrücken sowie gleichzeitig und erstmals die refraktäre Angst in Komorbidität über neun Monate unter Kontrolle zu halten. Dennoch möchte ich betonen, dass es sich bei diesem Bericht um eine »persönliche Sicht« handelt, denn ich habe keine validierten Maßstäbe zur Messung von Craving, Angst und Depression verwendet.
Der Begriff der symptomunterdrückenden Dosis (SUD)
Die Baclofen-Dosis, die mein Craving und andere Symptome der Alkoholabhängigkeit unterdrückte (SUD), betrug 270 mg/Tag (das Neunfache der Dosierung, die in klinischen Studien zu Alkoholabhängigkeit eingesetzt wird). Aber die anschließende Erhaltungsdosis von ~120 mg/Tag (1,6 mg/kg) zur Behandlung der Angst verhinderte auch das Wiederauftreten von Craving. Das lässt vermuten, dass die Erhaltungsdosis viel geringer ist als die SUD. Ich kam empirisch zur SUD. Ich denke, dass in klinischen Versuchen die SUD (die Dosis, die zu vollkommener Gleichgültigkeit bei wiederholter Exposition durch die stärksten Reize) klinisch festgelegt werden sollte, ausgehend von Rückmeldungen des Patienten an den Arzt sowie anhand validierter Skalen. Ich hatte keine andere Wahl, als die Dosissteigerung auf eigene Faust zu beginnen und fortzuführen. Aber eine Steigerung sollte nur in entsprechend designten Studien getestet werden und bei Patienten nicht ohne strikte ärztliche Überwachung, was eine stationäre Aufnahme bedeuten könnte, versucht werden wegen der mit Schläfrigkeit, einer möglichen Muskelschwäche und anderen Nebenwirkungen von Baclofen verbundenen Risiken.
Wohlbefinden, Komorbidität und Compliance
Mein Alkoholismus entwickelte sich nicht in einem Vakuum: Chronische Angst ging der Alkoholabhängigkeit lange voraus. Ich verwendete Alkohol als Tranquilizer, bis daraus eine Abhängigkeit wurde. Die Korrelation zwischen Alkohol und den meisten Formen von Substanzmissbrauch sowie unabhängig bestehenden affektiven und Angststörungen ist überwältigend positiv und signifikant (Grant et al., 2004). Die Befreiung von der Angst fördert das Wohlbefinden, was eine »Extra«-Erleichterung durch Alkohol überflüssig werden lässt.
Eine kürzlich durchgeführte Studie hat gezeigt, dass Topiramat besser als Placebo in der Lage ist, die Lebensqualität von alkoholabhängigen Personen zu verbessern (Johnson et al., 2004). Die Autoren heben hervor, dass derartige Effekte (die über die 12-wöchige Dauer der Studie hinaus nicht gemessen wurden) möglicherweise nur bei mäßig abhängigen Alkoholikern zu erzielen sind. Der Schweregrad meiner Abhängigkeit und Angst könnte erklären, warum ich von Topiramat nicht profitierte.
Eine kürzlich durchgeführte multizentrische Studie ergab, dass ein monatlich intramuskulär verabreichtes Naltrexon-Depot der oralen Gabe von Naltrexon hinsichtlich vollkommener Abstinenz überlegen ist wegen der Compliance-Probleme bei oralem Naltrexon (Kranzler et al., 2004): Naltrexon beansprucht – wie Disulfiram, Acamprosat und Topiramat – keine Wirksamkeit bei der Reduktion von Angstsymptomen. Baclofen hingegen fördert wegen seiner zusätzlichen Wirkung auf die Angst die Compliance und stellte für mich eine wirksame Monotherapie dar.
Tiefe Entspannung
Während Cravings war es für mich immer extrem schwierig, Techniken der KVT anzuwenden, weil die damit verbundenen Anstrengungen Angst weckten. Hingegen fiel es mir in den ersten 37 Tagen, in denen noch Cravings auftraten (bei ansteigender Baclofen-Dosierung), während der tiefen Entspannung nach der Einnahme einer zusätzlichen Baclofen-Dosis viel leichter als früher, Techniken der KVT und der AA anzuwenden, um den Cravings zu widerstehen und nicht zu trinken. Tiefe Entspannung stellte sich zuverlässig innerhalb einer Stunde nach der Einnahme von 20–40 mg Baclofen zusätzlich ein.
Toleranz
Toleranz ist zwar ungewöhnlich, wurde aber bei Spastik nach jahrelanger intrathekaler Baclofen-Therapie berichtet, was kleinere Anpassungen der Dosierung erforderlich machte (Nielsen et al.,
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