Das Ende meiner Sucht
Tasche steckten, als Joan den Krankenwagen gerufen hatte. Ich zweifelte, dass das für ein Taxi zum Bahnhof und für eine Fahrkarte nach New York reichen würde. Eine Therapeutin, mit der ich mich gut verstand, kam vorbei und fragte: »Sie verlassen uns schon?«
Ich erklärte die Situation und sagte: »Sicher gehen heute auch andere Patienten. Vielleicht könnten Sie für mich eine Mitfahrgelegenheit zum Bahnhof oder sogar bis nach New York City organisieren?«
Ich wartete den ganzen Nachmittag. Gegen sechs kam ein 18-jähriger Junge, mit dem ich schon einmal gesprochen hatte, mit seinen Sachen in den Anmeldebereich. Andere Patienten sagten, er sehe aus wie der junge James Caan. Er war wegen eines Kokainproblems in der Klinik gewesen, nicht zum ersten Mal, und durfte jetzt nach Hause. SeineEltern sollten ihn abholen, und als sie kamen, boten sie freundlicherweise an, mich in ihrem schwarzen Mercedes mit nach New York City zu nehmen.
Wir fuhren ohne Abendessen gegen sieben ab. Ich war wütend und dachte: Diesen Idioten in der Klinik werde ich es zeigen, zu Hause genehmige ich mir erst mal einen schönen großen Drink. Die Eltern meines Mitpatienten wollten mich vor meiner Wohnung absetzen. Gleich um die Ecke war ein Laden, in dem es Alkohol gab, und als ich realisierte, dass mein Geld reichen würde, sagte ich zu ihnen: »Bitte lassen Sie mich an der Ecke aussteigen.«
Ich ging in den Laden und kaufte eine Flasche Stoli-Wodka. Damit begann ein Rausch, der ablief wie immer: Ich trank, bis ich nicht mehr trinken konnte, weil ich mich so furchtbar fühlte. Ich entgiftete mich mit Valium, und danach rief ich meine Versicherung an. Dort erfuhr ich, dass in meinem Tarif 15.000 Dollar für die Behandlung wegen Sucht vorgesehen waren, und zwar insgesamt, nicht etwa pro Jahr. Nach drei Wochen in Clear Spring im September und nun einer Woche im November waren die 15.000 Dollar aufgebraucht.
Ich bezahlte bereits für meine Besuche bei Ärzten und anderen Therapeuten wegen meiner Alkoholsucht rund 2300 Dollar pro Monat aus eigener Tasche, und von nun an würde ich auch noch für jeden Aufenthalt in der Notaufnahme, jede Entgiftung und jeden Aufenthalt in einer Entzugsklinik selbst bezahlen müssen. Weil ich nicht praktizierte, solange ich krank war, wären nach ein paar weiteren Aufenthalten in Entzugskliniken, jedenfalls von dem Preisniveau in Clear Spring, meine gesamten Ersparnisse aufgezehrt.
Aus dem Grund und weil ich empört war über den abrupten, kaltschnäuzigen Wechsel von »Sie müssen lange hierbleiben, wenn Sie gesund werden wollen« zu »Wenn Sie nicht zahlen wollen oder können, müssen Sie gehen«, erwog ich, gegen Clear Spring zu klagen. Man gab mir die Adresse eines Anwalts, der erfolgreich Verfahren wegen Kunstfehlern geführt hatte und über den es bewundernd hieß, er sei ein »echter Hai«. Er befragte mich, als nehme er mich vor Gericht insKreuzverhör, und sagte dann, ich hätte hervorragende Karten. Aber klugerweise fragte er mich auch, ob ich willens sei, alle meine Brücken als Kardiologe am New York Hospital abzubrechen, indem ich einen Prozess anstrengte, solange ich noch alkoholkrank war. Bei diesen Worten und weil ich mich an John Schaefers Rat erinnerte, mich bedeckt zu halten, bis ich mindestens fünf Jahre trocken war, entschied ich, nicht zu klagen.
Außer der Entscheidung, mich bedeckt zu halten, beschloss ich auch, dass ich nicht mehr ins New York Hospital gehen würde, sollte ich noch einmal eine Notaufnahme oder eine Entgiftung brauchen. Zum Glück gibt es in einer Großstadt wie New York noch viele andere Optionen. Joan willigte ein, sollte sie noch einmal eingreifen und einen Krankenwagen rufen müssen, dafür zu sorgen, dass ich nicht in mein eigenes, sondern in ein anderes Krankenhaus gebracht würde.
Als Nächstes stellte ich alle meine Ausgaben auf Lastschriftverfahren um. Ich wollte diese Dinge so reibungslos wie möglich haben, damit ich mich ganz auf meine Genesung konzentrieren konnte und mir keine Sorgen machen musste, dass mir womöglich das Telefon oder der Strom abgestellt würde, weil ich im Rausch vergessen hatte, die Rechnung zu bezahlen. Bei den AA hatte ich Horrorgeschichten von derartigen Vorfällen gehört.
Meine Mutter drängte mich, zu einem Besuch nach Paris zu kommen, in der Hoffnung, das würde mich aus dem Alkoholkreislauf herausholen. Liz Khuri meinte, ein solcher Besuch könne hilfreich sein, und gab mir die Adresse eines Psychiaters in Paris, Dr. T.,
Weitere Kostenlose Bücher