Das Ende
zu Gott. Zweitausend Jahre Uneinigkeit, Verfolgung, Hass und Krieg – und alles nur wegen des dummen Wettstreits darum, wen Daddy am liebsten hat. Wir müssen nichts anderes tun, als bedingungslos zu lieben. Wenn jeder Mensch seines Bruders Hüter ist … dann wird sich alles ändern. Es ist nicht zu spät. Sieh mich an. Ich wuchs auf voller Zorn, doch dann habe ich meine Bestimmung gefunden.«
»Deine Musik?«
»Nein, Kumpel. Musik war nur ein Kanal, ein Mittel, um die Botschaft zu verbreiten.« Er klimperte einen Akkord. »Liebe ist die Antwort … Entschuldige, ich treffe nicht immer den richtigen Ton.«
»John, ich muss wissen, was hier vor sich geht. Ist das das Ende?«
Der ehemalige Aktivist legte die Gitarre beiseite. »Zerstörung ist etwas, das sich selbst verstärkt, aber das gilt ebenso für den Frieden. Mord ist zu einer viele Milliarden Dollar schweren Industrie geworden, Gier und Selbstsucht treiben die Menschen in die Auslöschung. Das muss ein Ende haben. Du bist Christ, und dir wurde gelehrt, aus Furcht zu glauben. Jetzt musst du entscheiden, was du mehr willst: die Zerstörung der Welt und ein sogenanntes Heilsversprechen – oder den Frieden, die Liebe und die Erfüllung, die jeden Menschen auf dem Planeten verwandeln können.«
»Aber wie kann ein einzelner Mensch … Ich meine, ich bin nicht du.«
»Du meinst, du bist kein unsicherer, egomanischer, zorniger Musiker, der gesoffen und Drogen genommen hat?«
»John, ich bitte dich. Du hast deine Karriere riskiert … sogar dein Leben, als du deine Stimme gegen den Vietnamkrieg erhoben hast. Du hast Millionen mobilisiert. Du hast Leben gerettet …«
»Und wie viele Leben hast du gerettet, weil du den Hungernden etwas zu essen gegeben hast? Kumpel, wenn die Geschichte uns irgendwas lehrt, dann das: Ein Mensch, eine Stimme, ein Mantra können die Welt verändern. Und jetzt sag mir, was du wirklich brauchst.«
Paolo wischte sich die Tränen ab, die ihm über das Gesicht rannen. »Ich brauche … ein Auto.«
John Lennon lächelte. »Folge diesem Weg über die West Park Avenue zu dem Gebäude, in dem ich früher gewohnt habe, dem Dakota Building. Gleich daneben befindet sich ein Parkhaus …«
Weil das Scheinwerferlicht ihn direkt anstrahlte, konnte er die Menge nicht sehen, doch er konnte ihre negative Energie spüren, ihren Hass. Für einen kurzen Augenblick stand Patrick Shepherd auf der Mound im Yankee-Stadion, und vierzigtausend Fans der Heimmannschaft buhten ihn gnadenlos aus.
Dreihundert Meter über ihm zoomte sich die Nachtlinse der Reaper-Drohne an sein Gesicht heran.
»Hört mir zu … Diese Menschen haben nichts Unrechtes getan.«
»Lügner!« Tim Burkland stand auf einem Übertragungswagen des Senders WABC, der mit mehreren Lautsprechern bepackt war. Der ehemalige Punkrocker und Talk-Show-Blogger bezeichnete sich selbst als »polemischen Journalisten«, und seine in religiöse Dogmen verpackten radikalen Ansichten sicherten einem New Yorker Kabelsender den Zuspruch des einschlägigen Publikums. In seiner Sendung kämpfte er gegen »Lügen, Ungerechtigkeit, die Grausamkeit des amerikanischen Sozialismus und die systematische Zerstörung der Kirche«.
»Hör zu, du Freak. Christus starb für unsere Sünden und für unsere Unvollkommenheit. Die Juden müssen den Weg der Vervollkommnung gehen. Die Homosexuellen müssen den Weg der Vervollkommnung gehen. Die Moslems müssen den Weg der Vervollkommnung gehen. Mag sein, dass nicht alle Moslems Terroristen sind, aber alle Terroristen sind Moslems. Wenn man diesen Menschen erlaubt, inmitten unserer christlichen Gesellschaft zu leben, so ist das eine Sünde gegen unseren Herrn und Erlöser!«
Burklands Anhänger jubelten und stimmten einen Sprechgesang an. »Hängt die Ketzer! Hängt die Ketzer!«
Die rothaarige Frau wand sich in Sheps Griff und drehte sich zu ihm um. »Und Er wird all jene vernichten, die Vernichtung über die Erde gebracht haben.«
Shep riss ihren Kopf vom Mikrofon weg, wobei ihn ein Schwall ihres kranken, fauligen Atems traf. »Dieser ganze Hass, diese ganze Negativität … Sie verschaffen der Pest neue Nahrung. Hunderttausende sind bereits gestorben, und es ist durchaus möglich, dass niemand von uns den neuen Morgen erlebt. Jeder hier hat in seinem Leben gegenüber seinem Nächsten Schuld auf sich geladen. Soll das hier wirklich eure letzte Handlung auf Erden sein, bevor ihr vor euren Richter tretet? Wenn Jesus hier wäre, auf welche Seite würde Er sich
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