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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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sie
nach Magdalenas Angaben auf einem Holzbrett zum Trocknen auslegte, und der Junge starrte auf die blank gescheuerten Kupferpfannen und -töpfe, die an einer Holzstange über dem gemauerten Herd hingen. Als ihm das zu langweilig wurde, zählte er zwanghaft wohl an die hundert Mal die auf Wandborden aufgereihten und bemalten Steingutteller und -becher. Aus Nervosität verzählte er sich aber immer wieder und musste erneut von vorne beginnen. Gegessen hatte er inzwischen, aber lange nicht so viel wie üblich. Sogar den Birnenmost lehnte er ab, nur einen Becher Wasser wollte er haben, denn seine Kehle war trocken vor Aufregung.
    Die Stimmung war gedrückt. Allmählich machte auch Berta sich Sorgen. Wo blieb das Mädchen nur? Selbst als Betz davon erzählte, wie er dem Vormund absichtlich den saueren Wein angeboten hatte, den sie zum Essigmachen im Keller aufbewahrten, und wie dieser ihn angeekelt ausspuckte, erntete er von der älteren Frau nur ein mattes Lächeln.
    Dann aber kam der Haushälterin, die an ihren gepflegten Fußboden dachte, ein Geistesblitz: »Das muss ich sofort in Ordnung bringen, sonst ist das Holz für immer ruiniert – behaupte ich einfach. Das ist die Gelegenheit, etwas von ihrem Gespräch aufzuschnappen.«
    Geschwind griff sie nach einem Eimer, füllte ihn aus einem in der Ecke stehenden Wasserfass, dessen Inhalt sie jeden Morgen mit mehreren Kannen vom öffentlichen Brunnen in der Gasse holte, gab aus einer Flasche milde Seifenlauge hinein, schnappte sich einen Wischlappen und marschierte beherzt in Richtung Wohnstube.
    Aus dem Lauschen wurde jedoch wiederum nichts. In der nur durch einen Kienspan erhellten Diele konnte sie gerade noch miterleben, wie Herr Mauritz »verabschiedet« wurde.
    »Ihr braucht Euch nicht mehr hierher zu bemühen,
Scheitlin. Ich würde Euch auch nicht raten, meiner Base weiter nachzuspüren. Was ihr Erbe anbelangt, werden wir uns vor Gericht sehen. Glaubt ja nicht, dass Ihr mit Euren Vorstellungen durchkommt! Das Mädchen steht unter meinem Schutz, merkt Euch das.«
    »Hört, hört! Unter Eurem Schutz steht das freche Ding also, das einfach, ohne mir, Ihrem Vormund, Bescheid zu sagen, verschwunden ist. Sogar die Nonnen von Sankt Marien am See haben sie lange Zeit von ihren Klosterknechten suchen lassen, weil sie unerlaubt den Konvent verlassen hat. Wo treibt sie sich denn eigentlich heute Abend herum? Ein sauberes Früchtchen ist sie, fürwahr! Unter Euren Schutz habt Ihr sie also genommen! Mir scheint eher, es wäre Eure Bettdecke gewesen, Vetter!«
    »Verlasst sofort mein Haus. Ihr seid ein Schwein – in jeder Beziehung. Dazu ein Lügner, ein Betrüger und ein Dieb!«
    »Das verbitte ich mir! Was fällt Euch windigem Rechtsverdreher überhaupt ein, mich derart zu beleidigen? Das geht gegen meine Ehre!«, brüllte Scheitlin so laut, dass Berta sich unwillkürlich duckte.
    Aber Julius Zängle ließ sich nicht beeindrucken. »Darüber werden zu gegebener Zeit die Richter entscheiden«, sagte er kalt und wies ihn mit ausgestreckter Hand aus dem Haus.
    »Einen Augenblick«, ließ sich Berta da vernehmen. »Ich werde dem Herrn behilflich sein, auch ja den richtigen Weg zu finden.« Sie riss die schwere Haustüre aus dunkel gebeizten Eichenbohlen auf, und Mauritz Scheitlin blieb nichts anderes übrig, als über die Schwelle zu treten.
    Ehe das Tor hinter ihm zufiel, griff die Haushälterin rasch nach ihrem Eimer und sandte ihm einen Schwall Seifenwasser hinterher. An dem überdeutlich vernehmbaren Wutschrei war zu erkennen, dass sie ihn tatsächlich getroffen hatte.

    »Ach, das wollte ich eigentlich gar nicht, Herr Julius«, behauptete sie scheinheilig und drehte den Schlüssel im Schloss energisch um. »Die Seifenbrühe brauche ich doch, um die Schweinerei wegzuputzen, die Euer Gast hinterlassen hat.«
    Der Notar kommentierte dies nicht, aber der Blick den er seiner Haushälterin zuwarf, konnte fast als anerkennend gelten.
     
    Allmählich machten sich alle drei Sorgen um Magdalena. Es ging mittlerweile auf Mitternacht zu, und dass sie nicht längst daheim war, erschien ihnen sehr bedenklich.
    »Wenn Lena bei einem Kranken aufgehalten wird – gelegentlich hält sie auch Sterbenden die Hand –, hat sie bisher immer einen Weg gefunden, uns eine Nachricht zukommen zu lassen«, bemerkte Julius. »Dass wir heute gar nichts von ihr hören, macht mich unruhig.«
    »Vor allem, weil sich seit Beginn des Konzils auch allerhand Gesindel auf den Gassen herumtreibt«, pflichtete

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