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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Berta ihm bei. »Das stadteigene Geschmeiß habt Ihr zwar aus Konstanz verjagen lassen, Herr Julius – dennoch gab es erst neulich zwei Tote bei einer Schlägerei auf der Straße. Ich bin zwar eigentlich überzeugt, dass wir uns unnötig den Kopf zerbrechen, denn Eure Verwandte weiß sich gewiss zu wehren – schließlich hat sie immer einen Dolch bei sich –, aber trotzdem: So spät bei Nacht sollte kein junges Weibsbild mehr aushäusig sein.«
    »Ich will geschwind zum Kloster der Franziskaner laufen«, bot Betz sich an. »Die Brüder können mir zumindest sagen, wohin sie Frau Magdalena geschickt haben. Dann werde ich dorthin gehen und sie abholen. So hat sie doch auf jeden Fall anständigen, männlichen Begleitschutz«, meinte er, und seine Wangen glühten vor Eifer.

    Die Erwachsenen mussten insgeheim schmunzeln. Der wackere Jüngling fühlte sich schon ganz als vollwertiger »Kerl«, und sie taten nichts, ihm diese Vorstellung zu nehmen.
    »Ja, das ist ein guter Gedanke, mach das!«, ermunterte ihn der Hausherr. »Wenn du und Lena in einer halben Stunde noch nicht zurück seid, werde ich allerdings die Stadtwache verständigen. Es mag vielleicht übertrieben sein, aber das Ganze ist mir dann doch zu riskant. Falls jedoch die Mönche nicht Bescheid wissen sollten über Magdalenas Verbleib, komm sofort heim, dann werde ich umgehend Alarm schlagen! «
    »Das mache ich, Herr!« Und fort war der Junge.
    »Ich bleibe ebenfalls auf«, kündigte Berta an und unterdrückte ein Gähnen. Sie war immerhin bereits seit fünf Uhr morgens auf den Beinen. »Auf alle Fälle werde ich den Topf mit der inzwischen kalten Bohnensuppe erneut aufs Herdfeuer stellen. Wenn Eure Base nach Hause kommt, wird sie gewiss Hunger haben.«
     
    Bruder Gregor, der Klosterapotheker, war höchst erstaunt, als der schwer schnaufende junge Bursche, der den ganzen Weg gerannt war, plötzlich vor ihm stand. Der Mönch war zu später Stunde noch damit beschäftigt, verschiedene Teesorten abzuwiegen und in kleine Stoffsäckchen einzufüllen.
    »Was machst du denn um diese Zeit noch hier, Betz?«, fragte er. »Hast du etwas vergessen?«
    »Nein, nein, Frater Gregor! Frau Magdalena ist noch nicht nach Hause gekommen, und mein Herr, Doktor Zängle, macht sich allmählich große Sorgen um sie. So lange ist sie noch nie ausgeblieben!«, keuchte er.
    »Hm! Das ist in der Tat seltsam.« Auch der Frater sah nun besorgt drein. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Leiden,
womit dieser ausländische Bischof zu kämpfen hat, von derartiger Schwere ist, dass er um diese nachtschlafende Zeit noch der Hilfe und Betreuung unserer Apothekerin bedarf. Sehr eigenartig.«
    »Ach? Ein Bischof ist der Patient, zu dem Frau Lena gegangen ist? Das habe ich nicht gewusst. Na, dann wird ja wohl alles seine Ordnung haben.« Betz atmete sichtlich auf. »Dann kann ich ja beruhigt …«
    Da fiel dem Jungen der sorgenvolle Gesichtsausdruck des Klosterbruders auf.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte er bang.
    Frater Gregor bemühte sich um eine gelassene Miene. Es widerstrebte ihm sichtlich, vor dem ahnungslosen Jugendlichen über den schlechten Ruf gerade hoher und höchster Kirchenmänner zu sprechen. So galt beispielsweise der allerhöchste, Papst Johannes XXIII., unter Kundigen nicht nur als brutaler Seeräuber und skrupelloser Halsabschneider, sondern auch als mehrfacher Mörder und als äußerst hemmungslos im Verschleiß von Frauen …
    Wenn eine junge Frau so leichtsinnig war, sich in seine unmittelbare Nähe zu begeben – oder sie das Pech hatte, ihm nicht ausweichen zu können –, musste sie damit rechnen, »bei Gefallen« in seinem Bett zu landen.
    Ob sie das ebenfalls wollte oder nicht, danach fragte Seine Heiligkeit nicht lange. Er erwartete, dass die Betreffende sich geschmeichelt fühlte, seine Aufmerksamkeit erregt zu haben. Leider war Baldassare Cossa nicht der Einzige mit dieser Einstellung.
    Das alles vor Betz auszubreiten, war dem Frater peinlich; zumal er gar nicht sicher wusste, ob Magdalena tatsächlich in solch eine fatale Situation geraten war. Eigentlich schwer vorstellbar! Aber sobald er sich die merkwürdige Ausdrucksweise
des bischöflichen Domestiken ins Gedächtnis rief, erschien ihm zumindest ein gewisser Verdacht nicht ganz unbegründet zu sein.
    Kurz entschlossen räumte Frater Gregor die Teesäckchen und die Ingredienzien seiner Salbenproduktion beiseite. Jetzt gab es Wichtigeres zu tun.
    »Komm, Junge«, forderte er Betz auf. »Lass uns zum

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