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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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ihm über die »unverschämten« Gasthauspreise beschwert hatte. »Vielleicht hätten Erlaucht besser daheim in Italien Kassensturz machen sollen, ehe Euer Gnaden sich auf die Reise nach Deutschland gemacht haben?«
    Der andere war puterrot angelaufen über die Frechheit dieses Tedesco, der nicht einmal den windigsten Adelstitel vorweisen konnte. Was wollte dieser Kerl damit andeuten? Etwa, dass er – immerhin ein Conte aus alter Familie – kein Geld hatte?
    »Erlaucht haben aber durchaus die Möglichkeit, einfachere Speisehäuser in der Stadt aufzusuchen, wo das Essen wohlfeiler zu haben ist«, hatte Julius – gönnerhaft Verständnis mimend – hinzugefügt.
    Das empfand wiederum der Piemonteser Graf, einer der Kammerherren Seiner Heiligkeit, als den Gipfel der Frechheit.

    »Ich bin es durchaus nicht gewohnt, mit niederem Volk zu speisen«, schnappte er zurück.
    »Gute Küche ist auch in Eurer Heimat nicht umsonst zu haben, gnädiger Herr«, konterte Zängle unerschrocken. Es folgten weitere Beleidigungen und alberne Unterstellungen des Conte. Der Notar war jedoch so geladen, dass er sich nichts gefallen ließ und sozusagen als »Sieger« des Rededuells vom Platz ging.
    Aber alles in allem war das Ganze sehr unerfreulich; zudem gab es an diesem Tag mehrere ähnlich unerquickliche Vorkommnisse, und er war rechtschaffen müde und eigentlich nur noch erleichtert, endlich daheim zu sein. Aber kaum betrat er sein Haus, hörte er schon bis auf den Hausflur hinaus das polternde Organ eines fremden Mannes, sowie die hellere, aufgeregte Stimme Betzens.
    Gerade heute Abend war ihm nicht nach Besuch zumute – und nach einem, der sich laut mit einem dienstbaren Geist stritt, schon gar nicht.
    »Oh, lieber Vetter! Lass dich umarmen!«
    Scheitlin erhob sich geschwind und stürzte auf Zängle zu. Obwohl sein Gegenüber ihn verständnislos musterte, machte er Anstalten, seinen Worten die Tat folgen zu lassen. Geschickt wich Zängle aus.
    »Ich bin hier der Hausherr, Doktor Julius Zängle ist mein Name. Und mit wem habe ich die Ehre?«
    Der Gast ließ ein gekünsteltes Lachen hören. »Aber, mein lieber Vetter! Du wirst mich, deinen Verwandten Mauritz, Stadtapotheker von Ravensburg, Bruder des verstorbenen Georg, doch noch kennen! Es ist zwar lange her, seit …«
    »Ach? Ihr seid also Mauritz Scheitlin? Der Mann, der als Oheim meiner Base Magdalena die Pflicht hat, alles zu tun, um dem Mädchen sein Erbteil zu sichern! So, so! Von Euch
habe ich schon vieles gehört – und nicht allzu viel Gutes, muss ich leider sagen.«
    Mauritz hatte keineswegs überhört, dass der andere nicht gewillt war, sich mit ihm zu duzen.
    »Da habt Ihr Falsches vernommen, mein lieber Verwandter! Ich, als der vom Rat der Stadt Ravensburg bestellte Vormund der Maid, habe mein Möglichstes getan, um dem Kind ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Das könnt Ihr mir unbesehen glauben!«
    Zängle hörte, wie Betz tief Luft holte.
    »Du darfst uns allein lassen, mein lieber Junge. Was wir uns zu sagen haben, wird am besten unter vier Augen verhandelt.«
    Kalt musterte er sein vierschrötiges Gegenüber. Betz verzog sich augenblicklich. Er ahnte, was jetzt kam, und nahm sich vor, an der Tür zur Wohnstube zu lauschen. Womöglich bedurfte sein Herr seiner Hilfe; dieser Scheitlin sah aus, als würde er auch vor körperlichen Angriffen nicht zurückschrecken …

KAPITEL 28
    AUS DEM MITHÖREN wurde jedoch nichts. Berta kehrte aus der Kirche zurück, wo sie die Abendandacht besucht hatte, und entdeckte den Spion an der Salontür. Unmissverständlich winkte sie Betz mit dem Finger, ihr umgehend in die Küche zu folgen.
    »Schämst du dich eigentlich gar nicht?« Sie war regelrecht erzürnt über den jungen Burschen. »Das hätte ich dir wahrlich nicht zugetraut, dass du heimlich unseren Herrn ausforschen willst!«

    »Aber, nein, Frau Berta! So ist es doch gar nicht! Wer, glaubt Ihr wohl, ist gerade bei Herrn Julius in der Stube?«
    Die resolute Haushälterin, nicht gewillt, Rätsel zu raten, hatte bald heraus, um wen es sich bei dem Besucher handelte.
    »Nicht möglich! Dieser schlechte Mensch wagt es, hierher zu kommen? Na, dem wird unser Herr hoffentlich die Meinung sagen! Diesem Betrüger hat Frau Lena es zu verdanken, dass sie für fremde Leute als Hilfskraft arbeiten muss, anstatt in ihrer eigenen Apotheke zu stehen! Ihr Oheim hat sie schlichtweg betrogen. Sein verstorbener Bruder würde sich im Grabe umdrehen, erführe er von dieser Schandtat. Dazu

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