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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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anderes! Aber Euren Namen wüsste ich trotzdem gerne, denn, wie gesagt …«

    »Ich bin der Stadtapotheker von Ravensburg, Mauritz Scheitlin, und der Rechtsgelehrte Julius ist mein Vetter, wenn’s beliebt!« Der abendliche Besucher setzte eine noch arrogantere Miene auf.
    »Dann heiße ich Euch im Namen meines Herrn willkommen. Tretet ein, Herr Scheitlin!«
    Betz ärgerte sich zwar immer noch über den hochfahrenden Mann, aber wenn’s denn ein Verwandter vom Doktor war …
    »Wurde aber auch Zeit! Da draußen auf der Gasse erfriert man ja regelrecht.«
    Betz wusste nicht so recht, wohin mit dem Fremden. Aber den Vetter des Notars glaubte er in der Wohnstube unterbringen zu dürfen. »Nehmt hier drinnen Platz, Herr Scheitlin. Ich werde Euch Wein bringen, wenn Ihr wollt.«
    »Natürlich will ich! Und zwar den besten, den Julius hat, nicht wahr! Und was zu essen wär’ auch nicht schlecht!«
    In diesem Augenblick fiel Betz siedendheiß ein, woher ihm der Name dieses unangenehmen Menschen bekannt war: Es handelte sich um keinen anderen als um Lenas hinterhältigen Oheim! Ihm hatte sie ihr ganzes Unglück, das unversehens über sie hereingebrochen war, zu verdanken. Es war zwar nicht so, dass die junge Frau ihm viel über ihren Ravensburger Vormund erzählt hätte, aber er hatte doch unwillkürlich eine ganze Menge davon mitbekommen, sooft Magdalena dem Schmiedemeister Reichle während der Fahrt durchs Gebirge ihr Leid geklagt hatte.
    Was wollte dieser Kerl bloß bei Julius Zängle? Betz war sofort alarmiert. Das konnte nur Ärger bedeuten und neues Ungemach für Magdalena. Ihm wurde äußerst unbehaglich zumute, und er hoffte inständig, der Notar käme bald nach Hause. Zängle in seiner ruhigen, überlegten Art wüsste sicher, was zu tun war.

    Als der junge Bursche mit einem Krug in den Keller hinabstieg, um Wein für den ungebetenen Gast zu holen, nahm er sich vor, den minderwertigsten abzufüllen, den, welchen Berta für gewöhnlich benutzte, um säuerliche Soßen für Ragouts und Wildgerichte zuzubereiten.
    »Pah! Was ist das denn für ein fürchterliches Gesöff?«
    Verärgert und angewidert spie Mauritz den Schluck Wein, den er eben zu sich genommen hatte, auf den von der Haushälterin liebevoll mit Bienenwachs polierten Ahornboden.
    Instinktiv zuckte Betz zusammen. Dieser helle Fußboden im Empfangssalon Julius Zängles war der Augapfel Bertas. Es war ihr persönlicher Ehrgeiz, ihn so lange zu bearbeiten, bis er wie ein Spiegel glänzte. Bestimmt verursachte der Rotwein Flecken. »Und den hellen Knüpfteppich aus Persien hat das Ferkel auch noch bespieen«, dachte der Junge erbittert. »Berta wird sich freuen!«
    »Ich versteh’ nichts von Weinen«, tat er scheinheilig. »Und Ihr wolltet ja nicht warten, bis der Hausherr Euch – wie es üblich ist – den Trunk kredenzt.«
    Letzteres konnte er sich einfach nicht verkneifen.
    »Jetzt bin ich wohl auch noch selber schuld, dass du mir so einen Sauerampfer angeboten hast, was? Du bist ein ausgemachter Tölpel und ein Flegel dazu! Ich werde mich über dich bei meinem Verwandten beschweren!«
    »Worüber möchte sich denn der Herr beklagen?«, ertönte da die müde Stimme des Notars, der in der Diele seinen Umhang ablegte. Er war reichlich geschafft von seinem Tagwerk, das sich ständig schwieriger zu gestalten schien. Gar nicht mehr fertig wurde Zängle mit den Schlichtungsversuchen bei den allgegenwärtigen Querelen der Konzilsteilnehmer.
    Nicht wenige der Herren vertrugen keinen Widerspruch und waren zornig, wenn man ihrer Argumentation nicht
folgte. Viele nahmen Niederlagen bei theologischen Disputationen persönlich und wurden dementsprechend wütend. Da sie gegenüber ihren Kollegen Gleichmut vortäuschen mussten, ließen sie ihren Zorn an Personen aus, die mit der Organisation und nicht mit den Themen und Inhalten des Konzils befasst waren. Was nichts anderes bedeutete, als dass Zängle für die Herren Akademiker den bei den Bauern auf ihren derben Volksfesten so beliebten »Watschenmann« abgeben sollte.
    Allmählich reichte es dem gutmütigen Notar. Heute war er zum ersten Mal »aufsässig« geworden und hatte sich gewehrt gegen die unqualifizierten Angriffe, welche ausgerechnet von der Begleitung des Heiligen Vaters kamen – der er bis jetzt sowieso schon am weitesten entgegengekommen war.
    »Glauben Erlaucht wirklich, dass wir Bürger von Konstanz alles umsonst abgeben können?«, hatte er süffisant den adligen Herrn aus Italien gefragt, der sich bei

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