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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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mir steht; außerdem will ich Kinder von ihm, die in einer ordentlichen Familie aufwachsen, und keine Bastarde.«
    Albrecht machte zwar gute Miene zum bösen Spiel, aber das vorher so gute Verhältnis der beiden litt doch beträchtlich unter dieser Klarstellung; ihre bisherige Vertrautheit wich einer spürbaren Kälte. Magdalena und Albrecht waren schließlich sogar beide erleichtert, als der Aufenthalt in
Ravensburg sich seinem Ende zuneigte. Sogar das freudige Wiedersehen mit ihrer Muhme war Magdalena durch den Vorfall ein wenig verleidet.
    Gertrude indes blieben die Spannungen zwischen den jungen Leuten nicht verborgen. Die Hebamme versuchte, ihre Verwandte zu trösten und für den jungen Mann um Verständnis zu werben. Die Gesetze waren nun einmal so …
    Aber Magdalena schüttelte den Kopf. »Es gibt auch Beispiele dafür, dass ein Edelmann sich darüber hinwegsetzen kann. Gerade Ihr selbst, Muhme Trude, seid ein solches! Ihr wart aus bürgerlichem Stande, und der Baron von Reuchlin hat Euch dennoch zu seinem angetrauten Weib gemacht.«
    »Das ist richtig, Lena. Aber mein Sohn Rudolf hätte sich auch im Falle einer ehelichen Empfängnis niemals zum Adelsstand rechnen dürfen; er nannte sich daher schlicht ›Reichle‹, in Abwandlung meines Namens. Auch ich bin in Wahrheit nicht ›Baronin von Reuchlin‹, sondern heiße nur Gertrude Reuchlin. Die Bewohner Ravensburgs haben mir den Titel ursprünglich nur als Spottnamen angehängt. Es war Zufall, dass es dabei geblieben ist.«
    Aber Magdalena blieb eisern: »Die Zuneigung meines so unerwartet aufgetauchten Vetters ist eben keine wahre Liebe, sondern nur ein Strohfeuer; und ich denke nicht im Traum daran, ihm dabei zu helfen, es zu löschen – und mir selbst damit zu schaden.«
    Gertrude nickte verständnisvoll.
    »Ich denke, mein Kind, du tust gut daran! Wie leicht kann man sich dabei verbrennen! Aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass es dir auch nicht so besonders schwerfällt, Albrechts Werben um deine Gunst abzuweisen. Er gefällt dir zwar sehr, denn er ist ein ausnehmend hübscher und liebenswürdiger Mann. Ich nehme an, du schwärmst ein wenig für
ihn. Aber du liebst ihn nicht wirklich! Wären deine Gefühle für ihn stärker, würdest du nämlich keinen Augenblick zögern, dich ihm in die Arme zu werfen – egal, ob er dich anschließend zur Frau nimmt oder nicht.«
    Darauf blieb Magdalena die Antwort schuldig. Gertrude, deren Lebenserfahrung bereits an Weisheit grenzte, hatte sicherlich Recht. Würde sie nicht tatsächlich alles dafür opfern, wenn sie ihren Konrad noch einmal … ? Entschlossen verbat sich Magdalena jeden weiteren Gedanke daran. Es blieb dabei: Besser ein Leben allein als mit einem Mann, der einen nicht liebte.

KAPITEL 42
    MAGDALENAS EMPFINDUNGEN WAREN zwiespältig. Natürlich hatte sie sich auf das Wiedersehen mit ihrer Geburtsstadt Ravensburg gefreut, und in der Gegenwart Muhme Gertrudes fühlte sie sich wie immer sehr wohl. Die alte Hebamme betrachtete die so viel Jüngere als die Tochter, die sie nie gehabt hatte und jetzt, nach dem Tod des einzigen Sohnes, um so mehr vermisste. Die beiden verstanden sich prächtig – vielleicht viel besser, als es der Fall gewesen wäre, wenn sie tatsächlich Mutter und Tochter wären.
    Nach langer Abwesenheit war Magdalena zurückgekehrt an die Stätte ihrer Kindheit und frühen Jugend. Jeder Platz, jede Hausecke, ja, beinahe jeder Pflasterstein waren mit Erinnerungen verbunden, die meisten davon erfreulicher Natur. Ihr Unglück hatte ja erst mit Georg Scheitlins unerwartetem Ableben begonnen; an die Mutter erinnerte sie sich nicht mehr.

    Ehemalige Freundinnen – alle längst »unter der Haube« – suchte sie reihum auf und wurde von allen wohlwollend aufgenommen. Beim Hervorkramen längst vergessener Kinderstreiche hatten sie viel zu lachen. Magdalena genoss die unbeschwerten Stunden mit ihren Altersgenossinnen. Problematisch wurde es nur, sobald die jungen Frauen ihr stolz ihre kleinen Kinder vorführten. Aber sie hatte im Laufe der letzten, nicht immer einfachen Monate genügend Disziplin erworben, um auch diese Hürde zu nehmen. Sie gönnte jeder Einzelnen von ihnen ihr Mutterglück – hoffte sie insgeheim doch immer noch, irgendwann einmal selbst zu den Gesegneten zu gehören.
    Was ihr große Genugtuung verschaffte, war die Tatsache, dass es Oheim Mauritz nicht gelungen war, ihren Ruf zu schädigen: Alle Einwohner der Stadt Ravensburg wussten inzwischen, dass er durch eine gemeine

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