Das Erbe der Apothekerin - Roman
g Arnikablüten, 25 g Herzgespannkraut, 20 g Mistelkraut und 10 g Baldrianwurzel. Macht zusammen 110 Gramm, die man in einem Liter guten Weines für eine Woche ansetzt.
Die Mixtur wird täglich umgerührt und geschüttelt, damit sie sich gut vermischt. Nach acht Tagen presst man sie sorgfältig durch ein Leinentuch, so dass der Wein beinahe wieder klar erscheint. Und dann wirst du von diesem Stärkungsmittel morgens und abends ein kleines Gläschen voll jeweils nach dem Essen zu dir nehmen.«
»Ihr werdet sehen, Herr, wie wohl Ihr Euch dann wieder fühlen werdet. Um zehn Jahre jünger – mindestens!«, redete Betz eifrig auf den Hausherrn ein.
»Aber sicher doch«, lachte der Notar. »Wie Herkules! Bäume werde ich ausreißen können. Aber Spaß beiseite! Etwas, was meine Pumpe wieder ein wenig antreibt, kann ich
sicher gut gebrauchen. Und selbst wenn’s nicht hilft – schaden wird es mir auf gar keinen Fall.«
Im Stillen freute es ihn ungemein, dass »die Rose von Konstanz« nicht nur für die zahlreichen Kranken in der Stadt ein Herz hatte, sondern offenbar auch auf ihn, Julius Zängle, ihr besorgtes Auge richtete.
Die deutsche Nation raffte sich noch einmal auf und verfasste eine Protestnote: Wichtiger als die Papstwahl sei doch der ganz allgemein verkommene Zustand der Kirche!
Allenthalben nur Bestechlichkeit, Vetternwirtschaft und Käuflichkeit der Ämter. Ob ein Kandidat überhaupt geeignet sei für seine Aufgabe, interessiere niemanden – Hauptsache, er könne dafür bezahlen! Ja, nicht selten war ein Amtsinhaber nicht einmal ein geweihter Priester. Von den zahlreichen Geistlichen, die im Konkubinat lebten, ganz zu schweigen …
Aber es war alles umsonst. Die Kardinäle ignorierten die Einwände und widmeten sich allein der Wahl ihres Oberhaupts. Dazu bedurfte es zuerst einmal einer Wahlordnung. Bereits darüber brach neuer heftiger Streit aus, diesmal zwischen dem Kardinalskollegium einerseits und den Konzilsnationen andererseits. Erfolg und Sinn der ganzen Zusammenkunft standen täglich infrage, und es sah nicht so aus, als käme Julius Zängle in nächster Zeit zur Ruhe. Tatsächlich fühlte er sich gesundheitlich angeschlagen und er war Magdalena ausgesprochen dankbar für all die Tees und Mixturen, die sie ihm täglich verabreichte und von denen er sich tatsächlich nach einer Weile etwas besser fühlte.
Am Abend des 25. Oktober 1417 warteten der Notar, Betz, Berta und die Magd Änneli am Abendbrottisch wieder einmal vergeblich auf Magdalena. Betz wusste zwar, dass sie zu
einem hohen Kirchenmann gerufen worden war und dass es lange dauern konnte; aber allmählich machte man sich doch Gedanken über ihren Verbleib. Es trieb sich eine Menge Gesindel in den Straßen herum, sobald es dunkel wurde.
Zängle bat daher die sechzehnjährige Änneli, auf der Straße im Umkreis des Hauses Ausschau nach Magdalena zu halten.
Im Schein einer Laterne marschierte Änneli fröstelnd in der Prozessionsgasse auf und ab. Gegen die abendliche Kühle hatte sich das Mädchen zwar einen dicken Schal um Kopf und Schultern geschlungen und gegen die vom Boden aufsteigende Kälte stampfte sie immer wieder mit den in Holzpantinen steckenden Füßen auf. Dennoch fror die Magd.
Ein Trupp feuchtfröhlicher Burschen auf der Suche nach einer weiteren Weinstube bog in die Prozessionsgasse ein. Sie begannen zu grölen, als sie das junge Ding entdeckten. »He, komm mit uns, Kleine! Wir zahlen dir auch den Wein, wenn du lieb zu uns bist!«
Da stand auf einmal Betz neben ihr, und die jungen Kerle ließen sie in Ruhe, weil sie ihn für ihren Begleiter hielten.
»Und? Noch immer nichts?«
Änneli, froh darüber, von den Männern nicht mehr belästigt zu werden, unterbrach ihre Wanderung.
»Das Fräulein kommt noch immer nicht«, nuschelte sie und im trüben Lampenlicht sah der Bursche, dass das Mädchen erbärmlich zitterte.
»Gib mir das Licht und geh ins Haus, Änneli«, sagte Betz. »Du frierst ja gottjämmerlich. Ich werde zum Kloster gehen, nach Frau Lena Ausschau halten und ihr heimleuchten. Du aber, sei so gut, und brüh einen starken Kamillentee für die junge Herrin auf. Der wird ihr guttun bei dieser Kälte – und dir im Übrigen auch.«
»Oh! Vielen Dank auch!«
Änneli knickste und überließ erleichtert dem jungen Burschen die Lampe, ehe sie sich umwandte und ins Haus schlüpfte. »Der Betz ist ein feiner Kerl«, dachte sie. »Wenn er mich bloß einmal genauer anschauen wollte! Soo schlecht sehe ich
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