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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Heinrichs V. Der Vater des Bischofs war damit ausgerechnet jener Mann, der so lange den Ketzer Wyclif unter seinen Schutz gestellt hatte. Aber das wurde in den Berichten über ihn diskret unterschlagen.
    Die englische Nation flehte den Bischof förmlich an, seine Pilgerfahrt zu unterbrechen und nach Konstanz zu reisen, erhoffte man sich doch gerade von ihm Einsichten für das weitere Vorgehen.
    Bischof Henry Beaufort ließ sich nicht lange bitten; er erschien im schlichten härenen Pilgergewand mit Stab und Umhängetasche und in einfachen Sandalen.
    »Wer ihn so durch die Gassen eilen sieht, vermutet keineswegs seine edle Herkunft und seinen Reichtum«, bemerkte Betz, nachdem der fromme Mann auch dem Franziskanerkloster einen Besuch abgestattet hatte. Gleich den Fratres schien der junge Bursche von dessen Ausstrahlung höchst beeindruckt zu sein.
    »Mit wem man es zu tun hat, wird einem erst bewusst, sobald dieser Bischof den Mund aufmacht: Ohne Umschweife spricht er aus, was richtig und was falsch ist. Er ist kein Mann der großen Worte, aber was er sagt, hat Gewicht. Überdies formuliert er seine Sätze so, dass jedermann sie verstehen kann.«
    Diese Meinung teilte auch Zängle, der Henry Beaufort
im Münster erlebte: »Er hielt heute während der Messe die Predigt, wobei er alle Anwesenden streng zur Einigkeit ermahnte. Die Zeit von Hader und Zank sei vorbei, alle müssten jetzt an einem Strang ziehen, wenn das Konzil nicht scheitern solle. Und das hielte er für die größte Schmach und Schande für jeden Beteiligten, ein wahres Armutszeugnis für die Kirche und zugleich ein abstoßendes Schauspiel für alle Gläubigen.«
    »Endlich ist einer da, der zu sagen wagt, was vermutlich viele denken, aber zu schwach oder zu feige sind, um es durchzusetzen«, warf Magdalena ein.
    »Bei der nachfolgenden lebhaften Debatte der Teilnehmer verhandelte Beaufort mit großem Geschick und bemerkenswerter Zähigkeit«, fuhr Zängle in seiner Berichterstattung fort. »Seine Eloquenz und sein wacher Geist machten es Gegnern wie Zauderern reichlich schwer, Argumente zu finden. Sämtliche Einwände entlarvte er als faule Ausreden.
    Als einige Uneinsichtige hartnäckig auf ihren Standpunkten verharrten, drohte er ihnen unverhohlen mit dem Zorn der gesamten Christenheit: Sollte dieses Konzil ohne einigermaßen befriedigendes Ergebnis zu Ende gehen, liege ein Auseinanderbrechen der Kirche durchaus im Bereich des Möglichen … Und in der Tat: Bischof Henry Beauforts Anregungen wurden von den geistlichen Herren aufgegriffen, seine Vorschläge anstandslos akzeptiert: Die in einer Sonderkommissionen erstellte Liste der Reformpunkte blieb bestehen und muss dem nächsten Heiligen Vater nach seiner Inthronisation vorgelegt werden. Etwas Sensationelles hat sich außerdem bei der Wahlordnung ergeben: Die Zahl der Kardinäle wird für die Zukunft auf vierundzwanzig begrenzt, und nur bei dieser Papstwahl sollen ausnahmsweise zu diesen Kardinälen je sechs Prälaten aus den fünf Konzilsnationen
hinzukommen. Im Ganzen werden also demnächst vierundzwanzig Kardinäle und dreißig andere hohe Geistliche den Stellvertreter Petri wählen.«
    »Das könnte spannend werden«, überlegte Magdalena. »Obwohl ich mir nicht recht vorstellen kann, wie man es schaffen will, im Münster die Papstwahl mit so vielen Personen abzuhalten.«
    »Das geht auf gar keinen Fall«, winkte der Notar ab. »Man hat mich daher beauftragt, möglichst schnell in Konstanz einen geeigneten Ort für das Konklave zu finden.«
    »Und welchen, Vetter? Ich sehe da, ehrlich gesagt, große Schwierigkeiten. Entweder sind die Häuser zu klein; und wenn die Größe stimmt, sind die Gebäude alle bis unters Dach mit Konzilsteilnehmern belegt. Wo willst du da ein geeignetes Haus hernehmen?«
    »Ich habe da bereits eines im Auge! Es entspricht, was Lage und Größe angeht, durchaus den Anforderungen, ist noch nicht alt und muss daher nicht erst aufwändig restauriert werden. Zudem ist es nicht bewohnt.«
    »Oh! Da bin ich aber gespannt, Vetter Julius. Ein großes, relativ neues Haus, das derzeit leersteht? Wo soll dieses Wunder sein?«
    »Unten am Konstanzer Hafen, es ist das Kaufhaus für die Welschen aus Mailand.«
    »Aha! Und du glaubst, dieses Warenlager ist geeignet?« Magdalena klang skeptisch.
    »Natürlich muss man es ein bisschen umbauen. Aber das ist leicht möglich, indem man das obere Geschoss mit Brettern in kleine Einzelräume unterteilt. Die Konzilsväter sollen ja während

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