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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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der Zeit des Konklaves nicht in Palästen logieren, sondern sich mit der Wahl beeilen. Und das geschieht am ehesten, wenn sie es nicht allzu komfortabel haben!«

    Zängle schmunzelte, und auch Magdalena war erheitert.
    »Herr, Ihr seid einfach genial«, lobte Betz den Notar, und auch die junge Frau musste ehrlich einräumen, dass dieser Vorschlag der beste sei – ja, eigentlich der einzig mögliche. Ein neues Gebäude zu errichten dauerte zu lange und wäre auch zu kostspielig.
    Selbst die von einigen Teilnehmern vorgetragene Möglichkeit, an einen anderen Ort auszuweichen, erwiese sich nicht als praktikabel, denn der gesamte Umkreis von Konstanz war bereits übervölkert. Es gab sonst keine freien Häuser mehr.
     
    In fieberhafter Hast machte man sich an die Vorbereitungen. Julius Zängle war erneut bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit eingespannt, und die Stunden, die er daheim verbrachte, waren rar.
    Wie er vorgeschlagen hatte, baute man den Oberstock des welschen Kaufhauses durch eingezogene Holzwände in insgesamt vierundfünfzig kleine Einzelgemächer um, die sparsam möbliert wurden: Ein Bett, ein Betstuhl, ein Hocker nebst einer kleinen Truhe und ein Kruzifix an der Wand mussten genügen.
    Von Vorteil erwies es sich, dass das Gebäude keine direkten Nachbarn besaß, sondern allein am Hafen stand. So war es nicht schwer, das Haus in weitem Umkreis streng abzugrenzen. Wachtposten mit Schwert und Spieß würden es Tag und Nacht mit großen Hunden umkreisen und jeden dingfest machen, der sich unerlaubt dem »Konzil« – wie die Konstanzer es schon bald ganz selbstverständlich nannten – näherte.
    Zängle war tagelang damit beschäftigt, Aufseher aus dem Kreis adliger und weltlicher Herren der fünf beteiligten Konzilsnationen zu ernennen. Jeder wollte zu diesem Ehrenamt
berufen werden, und die Auswahl bedurfte eines ganz besonderen Fingerspitzengefühls, um ja niemanden zu kränken.
    »Derzeit würde mein Vetter Julius am liebsten mit einer Tarnkappe durch die Stadt laufen, damit ihn nicht auf Schritt und Tritt Leute verfolgen, denen er eine Absage erteilen musste. Wie er das macht, ihnen beizubringen, dass ausgerechnet sie nicht für das Amt eines Aufsehers geeignet sind – das ist eine diplomatische Meisterleistung«, schrieb Magdalena an Gertrude nach Ravensburg. Sie war ungeheuer stolz auf ihren Verwandten.
    Bis ins Kleinste legte Zängle die Aufgaben eines jeden fest, der irgendwie mit dem Konklave und der Papstwahl zu tun hatte. Eine Gruppe von Ärzten wurde beispielsweise verpflichtet, strengstens darauf zu achten, dass kein Gift ins »Konzil« eingeschleust würde. Ferner wurde jeder einzelne Brotlaib, jeder Kuchen zerschnitten, um sicherzustellen, dass keine geheime Nachricht darin verborgen sei; jede Weinflasche wurde gegen das Licht gehalten, um zu prüfen, ob sich nicht noch anderes in dem Behältnis befände.
    Freilich war es unmöglich, das Konklave völlig zu isolieren. Julius Zängle gab sich in dieser Hinsicht keinerlei Illusionen hin, Gespräche würden trotz allem stattfinden – und sei es nur auf der Latrine …
     
    Kardinal Emilio Sabattini und sein einstiger Kontrahent und jetziger Busenfreund Federigo Hidalgo befanden sich inzwischen auf dem Wege der Besserung. Wie vereinbart hatte Ernesto die Apothekerin am neunten Tage nach dem Zweikampf – der offiziell als unglücklicher Jagdunfall ausgegeben wurde – wieder im Kloster der Franziskaner abgeliefert, wo Frater Gregor sie bereits sehnlichst erwartete.

    »Die Arbeit wächst uns schier über den Kopf«, beschwerte er sich. »Es hat den Anschein, als seien die meisten Herren, die sich im Konklave zusammenfinden müssen, auf einmal von der gleichen seltsamen Krankheit ergriffen.«
    »Wie äußert sich diese denn?«
    Magdalena wusste immer gerne im Voraus, womit sie es zu tun bekäme. So lauschte sie geduldig, als der heilkundige Mönch die zahlreichen Symptome aufzählte, von denen die Betreffenden befallen waren: Kopfweh, Bauchschmerzen, Magendrücken, Appetitlosigkeit, Brennen in der Speiseröhre, Brechreiz und Durchfall.
    Als sie sicher war, dass dieses Leiden nur diejenigen befiel, die auserwählt waren, im Konklave mit den Kardinälen gleichberechtigt den künftigen Papst zu küren, war für die junge Frau der Fall klar. Es war mitnichten eine Seuche, die da auf die gesamte Bevölkerung lauerte; es schienen vielmehr die schwachen Nerven der außerordentlich am Konklave Beteiligten zu sein, die diese Beschwerden

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