Das Erbe der Apothekerin - Roman
um eine Erschütterung des Gehirns handeln. Nicht ungefährlich!«
Die junge Frau fing nun an, den Gegner des Kardinals vom Blut zu säubern. »Herrje! Der da schaut auch nicht viel besser aus! Und er hat eine gefährliche Wunde am Kopf: Es fehlen Haut und Haare, man sieht bis auf den Schädelknochen! «
Ernesto Cavallo wurde verdächtig blass im Gesicht und nahm erneut seine Zuflucht zum Gebet, was auch den Vorteil hatte, dass er auf den Betstuhl in der Ecke des Gemachs niedersinken konnte.
Als der Diener zurückkehrte, bat Magdalena ihn, ihr zu helfen, die beiden schweren Körper umzudrehen. Angeekelt blickte sie auf die mit Blut getränkte Matratze und das rot durchnässte Leintuch.
»So hat das keinen Sinn«, sagte sie. »Auf dieser besudelten Unterlage werden die Herren immer wieder von ihrem eigenen Blut beschmutzt. Das Bettzeug muss komplett gewechselt werden. Irgendwo in diesem Haus wird es doch noch eine saubere Matratze oder wenigstens zwei frische Strohsäcke und ein reines Bettlaken geben, die wir den Verwundeten unterlegen können.«
Wie der Wind sauste Daniele davon und kehrte gleich darauf mit dem Verlangten zurück.
»Matratzen gab es zwar keine mehr, Jungfer. Aber diese prall gefüllten Strohsäcke und die zwei Kissen habe ich in dem Zimmer nebenan gefunden. Und hier ist noch ein frisch gewaschenes Bettlaken.«
Beim anschließenden Umbetten der zwei wie tot Daliegenden half auch Ser Ernesto mit. Die geistlichen Herren waren groß und schwer, und Magdalena taten bereits die
Arme weh. Noch einmal erläuterte sie dem Secretarius des Kardinals die verschiedenen Verletzungen ihrer Patienten.
»Wen soll ich zuerst nähen und mit Wund- und Heilsalbe behandeln? Euren Herrn oder seinen Gegner?«, erkundigte sie sich anschließend. »Nach der dunklen Verfärbung auf seinem Bauch zu schließen, scheint der Domherr einen ordentlichen Faustschlag in die Leber oder Milz erhalten zu haben. Falls eines dieser Organe gerissen sein sollte, könnte das allerdings seinen Tod durch innerliches Verbluten bedeuten.«
»Jesus Maria! Das wäre ja entsetzlich. Eine absolute Katastrophe! Das würde ja bedeuten, dass mein Herr ein Mörder wäre! Dann wäre es gleich besser für ihn, er stürbe ebenfalls. « Der Sekretär schlug hastig das Kreuzzeichen.
»Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen, nicht wahr? Ich sagte, es könnte vielleicht so sein, muss es aber nicht.« Allmählich verlor Magdalena die Nerven. Die Situation war ernst, und der aufgeregte, nicht sehr patente Sekretär machte es nicht gerade besser.
»Der Spanier hat keinen Schwabbelbauch, sondern harte Muskeln, wie man unschwer sehen kann. Eigentlich sollten diese seine inneren Organe vor einem Schlag hinreichend schützen.«
»Euer Wort in Gottes Ohr, Donna Maddalena!« Ser Ernesto faltete erneut die Hände, dieses Mal die Gebetsformeln sogar halblaut rezitierend.
Soweit die Apothekerin das Lateinische verstehen konnte, erflehte der Sekretär nicht nur inständig Gottes Hilfe zur Genesung der beiden Raufbolde, sondern – sollte es zum Schlimmsten kommen – betete er zugleich für ihr Seelenheil. Ernesto Cavallo schien ein Mann zu sein, der sich gerne nach allen Seiten hin absicherte.
Nach gut zwei Stunden konnte Magdalena sich endlich ein wenig ausruhen. Aufatmend nahm sie Platz neben dem Prunkmöbel, das den immer noch bewusstlosen Patienten als Bettstatt diente – obwohl es mit Sicherheit viel besser als Liebeslager für ein sich leidenschaftlich umarmendes Paar geeignet war und gewiss ursprünglich für diesen Zweck angefertigt wurde. Das war unschwer an den Schnitzereien auf dem Rahmen und dem Kopfteil des Bettes zu erkennen, wo die junge Frau Darstellungen der griechischen Liebesgöttin Aphrodite im neckischen Getändel mit jungen Helden ausmachte.
Das gesamte Schlafzimmer mit den vielen Kissen, den großen Spiegeln in vergoldeten Rahmen, den galanten Wandmalereien und den zahlreichen Blumenvasen schien eine einzige sinnliche Liebesgrotte zu sein, wie geschaffen für sorglose Bequemlichkeit, verliebtes Tändeln, erotisches Verlangen, beglückende Erfüllung und herrlich entspannenden Schlaf – danach.
Auch Magdalena sehnte sich nach der anstrengenden Behandlung nach Schlaf. Aber das würde wohl noch warten müssen.
Dass die Männer, deren Gesichter zahlreiche Pflaster zierten – des Domherrn Kopf schmückte außerdem ein Turban aus weißen Binden –, nach dem Vernähen der Schnitte immer noch regungslos dalagen, beunruhigte die
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