Das Erbe der Apothekerin - Roman
verursachten.
»Ich denke, mit Kamillentee, einigen Pfefferminzblättern, etwas Wermutkraut und zerstoßenen Fenchelfrüchten werden wir der Krankheit leicht Herr werden. Gegen die verständlichen Ängste der Herren, ja nicht den Falschen zu wählen, empfehle ich Baldrianwurzel und ein wenig Johanniskraut. Das hebt die Stimmung, und damit sollten die Beschwerden eigentlich behoben sein«, erklärte sie beherzt und ohne zu zögern.
Bruder Gregor und die anderen Fratres in der Klosterapotheke schienen einen Augenblick lang verblüfft. Dann lachte Gregor und stimmte Magdalena zu:
»Sicher habt Ihr Recht, Frau Lena. Nur die Aufregung der großen Verantwortung wegen wird es sein, die den Herren so schwer im Magen liegt.«
Der Apotheker ordnete an, einen beträchtlichen Vorrat der benötigten Ingredienzien für die einzelnen Tees abzufüllen und bereitzustellen. Es war mit weiteren Patienten zu rechnen …
An einem der nächsten Tage hatte Magdalena einen Auftrag ganz besonderer Art zu erfüllen. Mit einem derartigen Anliegen war bisher noch nie jemand an sie herangetreten. Es begann damit, dass am Vormittag des 4. November eine vornehm in Schwarz gekleidete, tiefverschleierte Dame mit pelzgesäumtem Wollumhang in der Klosterapotheke auftauchte.
Betz eilte beflissen auf die offenbar edle Frau zu und fragte, womit er ihr gefällig sein könne. Aber die Dame antwortete ihm darauf nicht, sondern verlangte ziemlich herrisch nach der in der ganzen Stadt bekannten Apothekerin, »dieser Rose von Konstanz«. Nur ihr allein wolle sie ihr Anliegen unterbreiten.
Auch als Betz ihr mitteilen musste, dass Magdalena im Augenblick nicht zur Verfügung stünde, da sie gerade einen Krankenbesuch unternahm, und ihr anbot, stattdessen Frater Gregor, zu rufen, lehnte die Dame kategorisch ab.
»Dann warte ich eben«, verkündete sie barsch. »Irgendwann wird sie ja wohl zurückkehren.«
Schweigend nahm die Unbekannte dann Platz auf einem von Betz eilfertig herbeigeschleppten Stuhl und harrte der Dinge.
Magdalena war nicht sehr verwundert, als die Frau auf sie zutrat, kaum dass sie fast eine Stunde später von ihrem Krankenbesuch zurückgekommen war. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass Frauen mit ganz speziellen Anliegen sich an sie wandten.
»Was fehlt Euch, Madame?«, erkundigte sie sich leise, insgeheim damit rechnend, mit der Nennung einer etwas zweifelhaften Erkrankung konfrontiert zu werden, wie sie das Gewerbe der Unzucht bisweilen mit sich brachte.
Wobei sie nicht unbedingt unterstellte, dass die Dame selbst die Profession der käuflichen Liebe ausübte: Nicht selten waren es die untreuen Ehemänner, die ihr Vergnügen bei Dirnen gesucht hatten und hernach ihre ahnungslosen Gattinnen infizierten …
»Es geht um meine Nichte«, erklärte die Verschleierte. »Sie fühlt sich sehr geschwächt und sie will nicht mehr aufstehen. Ich erwarte, dass Ihr mit mir kommt und sie Euch anseht. Ihr werdet reichlich entlohnt werden.«
»Natürlich tue ich das«, gab Magdalena ihr Einverständnis. »Aber ich muss wissen, womit ich in etwa zu rechnen habe. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob jemand eine Gallenkolik hat oder entzündete Mandeln.«
Da die Frau in Schwarz sich nicht äußerte, fuhr Magdalena fort: »Ich frage nicht aus reiner Neugierde, sondern weil ich mich in der Auswahl meiner Heilmittel danach richten muss. Ich kann schlecht auf Verdacht den gesamten Arzneimittelvorrat der Klosterapotheke mitschleppen.«
Das schien der verschleierten Dame immerhin einzuleuchten.
»Meine Nichte leidet unter einer typischen Sache, die nur Frauen betreffen kann«, murmelte sie etwas unwillig. »Ich muss Euch darauf hinweisen, dass uns an absoluter Geheimhaltung gelegen ist.«
»Aha! Sie ist demnach schwanger«, äußerte Magdalena ihre Vermutung unverblümt.
»Nein, nein!«, widersprach die Dame lebhaft. »Das ist meine Nichte mit Sicherheit nicht.«
»Auch gut! Darf ich wissen, wie alt Eure Verwandte ist?«
»Weshalb ist das wichtig für Euch?« Die Stimme hinter dem Schleier klang reichlich ungnädig. Ehe Magdalena erneut zu einer Erklärung ansetzen konnte, gab die Unbekannte, wenn auch widerwillig, Auskunft:
»Die junge Dame zählt siebzehn Jahre. Zufrieden?«
»Ja, gehen wir also«, sagte die Apothekerin, nachdem sie sich von der seltsamen Frau vor Bernhard und einem Frater bestätigen ließ, dass dieser Auftrag spätestens nach einer Stunde erledigt sei.
KAPITEL 47
MAGDALENA WAR SEHR angetan vom
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