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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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beginnen, Konstanzer Handwerker für die Reparaturen an Türen, Fenstern, Schlössern, Fußböden und Kaminen einzustellen. Außerdem durfte nicht vergessen werden, am Bischofspalais, an den Kirchen und an den wichtigsten städtischen Gebäuden das päpstliche Wappen anzubringen.
    Aber welches? Der Jurist entschied sich für das Wappen Johannes’ XXIII., des Heiligen Vaters, mit dem der König seine Verhandlungen geführt hatte und der auch zum Konzil einlud. Sollten die beiden anderen Stellvertreter Christi ebenfalls zu erscheinen geruhen – wovon allerdings die wenigsten ausgingen –, dann könnte man immer noch schnell reagieren …

    »Vergesst nicht, genügend Strohballen, Heu und Hafer für die Pferde sämtlicher Herrscher des Reiches und des Auslands zu besorgen«, forderte ihn der Reichserbkämmerer Konrad von Weinsberg noch auf. Zängle nickte und unterdrückte eine patzige Bemerkung – daran musste ihn keiner erinnern, das wusste er schon selbst.

KAPITEL 13
    MAGDALENAS REISE LIESS sich gut an. Niemand erkannte sie oder stellte allzu dumme Fragen. Sie hatte keinerlei Beschwerden, und das Wetter war ihnen wohlgesonnen; die Straßen waren zwar voll, aber noch nicht überfüllt – Rolf und die Knechte rechneten jedoch damit, dass sich das bald ändern würde, sobald aus allen Himmelsrichtungen die Konzilsteilnehmer herbeiströmten. Doch für den Augenblick kamen sie dank der braven und gutwilligen Zugtiere flott voran.
    Die junge Frau amüsierte sich immer noch, wenn sie an die verblüfften Gesichter der Stadtwächter dachte, die ihre Reisedokumente überprüft hatten. »So, so, aus Norwegen seid Ihr, Jungfer! Und bereits seit einigen Wochen haltet Ihr Euch bei Eurer Muhme, der Witwe von Reuchlin, auf? Als Ihr ankamt, standen wohl andere als wir am Obertor Wache. Hab’ gar nicht gewusst, dass Ihr so weit oben im Norden Verwandtschaft habt, Meister Rudolf. Und bis nach Rom wollt Ihr, Jungfer? Da habt Ihr aber einen weiten Weg vor Euch«, hatte der älteste der Männer gemeint und sie und ihre hervorragend gefälschten Papiere genau geprüft. »Konntet Ihr Euer Gelübde denn nicht an einem Reliquienschrein in Oslo erfüllen?«

    »Wo denkt Ihr hin, guter Mann?«, hatte sie von oben herab und in einem schauderhaften Deutsch entgegnet – Vetter Rolf hatte ihr den komischen Akzent beigebracht. »Die Gebeine des heiligen Paulus sind nun einmal nur in Rom zu verehren – da kann ich nicht daheim in Norwegen hocken. Versteht Ihr das, mein Guter?«
    Was blieb dem einfachen Soldaten anderes übrig? Papiere und Wagenladung schienen in Ordnung zu sein, der Waffenschmied Rudolf Reichle war ihnen wohlbekannt, und in der schmucken Person im blauweiß gestreiften Kleid, mit der weißen Spitzenschürze und der großen gefältelten Haube aus gestärktem weißen Leinen, die ihr Gesicht eng umschloss und sie um einige Jahre älter erscheinen ließ, erkannte kein Mensch Magdalena wieder.
    »Na, dann betet mal schön zum heiligen Paulus, Jungfer Ragnhild Germundstochter«, rief ihr der Stadtwächter noch nach, nachdem er das Gespann durchgewinkt hatte. »Vielleicht verhilft Euch der Heilige ja auch noch zu einem Gatten – wenn er Euch überhaupt verstehen kann.«
    »Unverschämter Kerl!«, schimpfte Magdalena leise.
    »Das hast du ausgezeichnet gemacht, Base«, lobte sie Rolf Reichle und grinste anerkennend. Beide waren übereingekommen – im Hinblick auf ihre nahe Verwandtschaft und die Tatsache, womöglich wochenlang auf engstem Raum zusammenleben zu müssen –, die steife Art der Anrede sein zu lassen und sich zu duzen.
    »Ein paar Ausdrücke auf Norwegisch werde ich dir noch beibringen. Sie sind nicht ganz so fein, aber für ein junges Weib gerade noch angemessen, wenn es sich von einem Kerl belästigt fühlt. Wenn du sie benutzt, kannst du Gift darauf nehmen, dass dir jeder abnimmt, ein echtes Kind des hohen Nordens zu sein.«

    »Aber erst will ich genau wissen, was die Wörter bedeuten – ich bin nämlich eine ehrbare Jungfer«, kicherte Magdalena, die sich an Rolfs Seite mittlerweile recht wohlfühlte und, in Anbetracht der Umstände, ausgesprochen guter Dinge war.
     
    Wenn sie geglaubt hatte, es würde immer so geruhsam weitergehen, sah sie sich allerdings bald eines Besseren belehrt. Hinter Liebenau, kurz vor Siggenweiler, erlebten sie die erste Panne. Ein Mann, der offenbar an der Fallsucht litt, war hinter einer Wegbiegung zusammengebrochen und wälzte sich in einem schrecklichen Anfall inmitten der

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