Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
Vom Netzwerk:
Kranz aus Misteln um den Hals geschlungen. Das sollte zur Abwehr dieser Krankheit, die manche als eine ›heilige‹ ansehen,
dienen«, beantwortete Kaspar die Fragen Magdalenas nach seinem Leiden.
    »Einen besseren Rat vermag ich Euch leider auch nicht zu geben«, sagte sie bedrückt. Zugeben zu müssen, gegen eine Krankheit machtlos zu sein, machte sie immer sehr traurig.
     
    Zur gleichen Zeit wurde Mauritz Scheitlin, seit kurzem Stadtapotheker der Stadt Ravensburg, seines Lebens überhaupt nicht mehr froh. Zum ständigen Ärger mit Ehefrau Margret und Mutter Elise, der Sorge um den einzigen Sohn Bertwin, der in seinen Augen ein elender Herumtreiber war, und den Schwierigkeiten mit dem Kloster Sankt Marien am See kam neuerdings noch der Zwist mit Stadtpfarrer Simon Auersberg hinzu. Der Geistliche schien es sich zur Gewohnheit zu machen, ihm überraschende Besuche abzustatten und ihn dabei unverhohlen zur Rede zu stellen – so auch an diesem Tag:
    »Mit welchem Recht habt Ihr Eurem Mündel verboten, das Kloster zu verlassen?«, fuhr er Mauritz gerade scharf an. »Euer Bruder wollte sie von den Schwestern nur in Hauswirtschaft unterweisen lassen, damit sie Konrad Grießhaber eine gute Hausfrau sein könne. Ich selbst hatte ihm dazu geraten. Dass sie eine Nonne werden sollte, davon war nie die Rede! Das hätte das Mädle übrigens erst mit mir, ihrem alten Beichtvater, besprechen müssen, nicht wahr! Immerhin ist ein öffentliches Eheversprechen beinah so bindend wie ein Gelöbnis vor dem Geistlichen in der Kirche. Dass Ihr der Oberin etwas vorgelogen habt, steht für mich inzwischen fest. Dass die Magdalena in ihrer Verzweiflung hier in Eurem Haus war, steht ebenfalls fest – etliche Zeugen beschwören das.
    Ich frage Euch daher: Wo in Gottes Namen ist das Mädchen
jetzt? Wohin habt Ihr sie geschafft? Denn dass Ihr hinter ihrem Verschwinden steckt, ist für mich eine ausgemachte Sache. Ihr wolltet ihr das Leben in ihrem eigenen Zuhause vergällen.«
    Mauritz wand sich wie ein Wurm. Dass ihm der Pfaffe dermaßen auf den Leib rückte, war ihm mehr als unangenehm. Sollte der sich lieber um seine sündigen Schäfchen kümmern – oder noch besser: um seine trotz ihrer vierzig Jahre noch recht anziehende Haushälterin …
    »Also, zum letzten Mal: Wo hält sich Jungfer Magdalena Scheitlin auf?« Die Stimme Auersbergs klang tief und grollend, und seine braungrauen Augen unter den buschigen Brauen blitzten gefährlich.
    »Ich weiweiß es wirklich ninicht, Euer Hochwürden«, stotterte Magdalenas Vormund. Dann gewann seine Wut langsam die Oberhand: Was fiel dem Pfarrer eigentlich ein, ihn so anzufahren?
    »Ich bin immerhin zum Vormund dieses undankbaren Geschöpfs bestellt, und sie hat mir zu gehorchen. Und wenn ich sag’, dass sie bei den Nonnen zu bleiben hat, dann hat sie dem ohne Widerrede Folge zu leisten«, knurrte er zornig.
    »Das wäre im Übrigen auch noch zu klären, wie Ihr es geschafft habt, die Munt über das junge Weib – das bereits die Verlobte Konrad Grießhabers war – zugesprochen zu bekommen. Aber darum geht es jetzt nicht! Ihr habt ihr mit Vorbedacht den Bräutigam genommen: Niemals hätte Konrad die Witwe Renata Feucht geehelicht, wenn Ihr nicht das Märchen in die Welt gesetzt hättet, seine Magdalena habe dem himmlischen Bräutigam den Vorzug gegeben! Und ich sage Euch, dafür werdet Ihr Euch zu verantworten haben! Und jetzt will ich ohne alle Ausflüchte sofort eine Antwort auf meine Frage: Wo ist Magdalena?«

    Die Predigerstimme Simon Auersbergs war im Laufe seiner Ansprache immer dröhnender geworden.
    »Ganz recht, Hochwürden! Diese Frage stellen wir uns auch schon lange«, ertönte die kräftige und so gar nicht greisenhafte Stimme Elises aus dem oberen Stockwerk. »Meine Schwiegertochter Margret und ich machen uns große Sorgen um das Mädle.«
    Das gab Mauritz den Rest. Völlig unbeherrscht ließ er seiner Wut freien Lauf:
    »Himmelherrgott! Ich weiß nicht, wo sich das Hurenmensch im Augenblick herumtreibt! Und es ist mir auch völlig egal! Ich hab’ ganz andere Sorgen. Die Kunden meiden die Stadtapotheke, als hätt’ ich den Aussatz, und die geldgierige Oberin weigert sich, mir die Mitgift der Lena zurückzuzahlen. Mir reicht’s jetzt!«
    Mauritz Scheitlin ließ den Pfarrer mitten in seiner Wohnstube stehen, rannte zur Tür und verschwand im halbdunklen Flur. Gleich darauf hörten alle im Haus sein Gepolter, als er die Stiege ins Erdgeschoss hinunterstürzte. Kurz danach fiel das

Weitere Kostenlose Bücher