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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Päpste sich nach Konstanz bequemen werde …
    »Ich habe allerdings keine Ahnung, warum man sich ausgerechnet für Konstanz entschieden hat«, fuhr Julius Zängle fort. »Dass man einen Ort auswählen wollte, der nicht allzu weit von Italien entfernt liegt, und dass die Stadt genügend Kapazitäten für alle Anreisenden bieten muss – das alles ist mir klar. Aber die Wahl hätte genauso gut auch auf Überlingen, Lindau, Sankt Gallen oder auf Ravensburg fallen können. Weshalb ausgerechnet Konstanz?«
    »Dazu kann ich Euch Folgendes verraten, Doktor«, begann der königliche Kämmerer ein wenig umständlich und betont bedeutungsvoll. »Ich war natürlich dabei, als Seine Majestät, König Sigismund, und Papst Johannes XXIII. sich in Lodi in Norditalien über das bevorstehende Konzil berieten. Nachdem der Heilige Vater erst einmal verdaut hatte, dass das Konzil auf deutschem Boden abgehalten werden soll, bestand unter den Deutschen durchaus keine Einigkeit hinsichtlich des Ortes. Augsburg stand beispielsweise zur Auswahl, Herzog Ulrich von Teck empfahl die Abteistadt Kempten, während Graf Eberhard von Nellenburg Konstanz ins Spiel brachte. Zuerst rümpfte man die Nase, aber der Graf verwies darauf, dass die Stadt leicht mit Schiffen zu erreichen sei und sich außerdem im Frühjahr 1408 als Versammlungsort beim Friedensschluss mit den gegen den Abt von St. Gallen revoltierenden Appenzellern geradezu glänzend bewährt hatte.
    Als er dann noch daran erinnerte, dass Konstanz über ausreichend gute Herbergen verfüge und damals die Teilnehmer aufs Beste mit Speisen und Getränken versorgt habe, waren alle Zweifel beseitigt. Wo wir gerade beim Thema
sind: Ich darf doch auf Eure freundliche Mithilfe rechnen, lieber Doktor, wenn es darum geht, mir bei der Auswahl geeigneter Unterkünfte für die edlen Herren beizustehen? Ihr seid schließlich ein Einheimischer und …«
    »Natürlich, selbstverständlich, Euer Gnaden! Mit Freuden werde ich Euch behilflich sein.«
    Julius Zängle verbeugte sich beflissen – wenn auch innerlich zähneknirschend. Er wusste genau, dass man von ihm erwartete, sich mit dem Dank des Königs für seine Mühen zufriedenzugeben.
    Aber dieses Mal würde er sich – anders als im Jahre 1408 – seinen Lohn von den Herbergswirten, Gasthofbetreibern, Bordellvätern, Weinschenken und Lebensmittelhändlern holen, deren Umsatz das Konzil enorm steigern würde. Er dachte da an ungefähr zwanzig Prozent Vermittlungsgebühr … So gutherzig Zängle war, so geschäftstüchtig war er gleichzeitig auch.
    Schon am nächsten Tag würde er damit beginnen, für die erlauchten Gäste um die besten Quartiere zu feilschen und die Preise für Doppelzimmer und den alle zwei Wochen erfolgenden Bettwäschewechsel auszuhandeln. Dann ginge er daran, mit den Gast- und Hurenwirten die Tarife für Speisen, Getränke und »Liebesdienste« festzulegen.
    Die einmal bestimmten Preise würde man dann auflisten; sie mussten in jedem Haus gut sichtbar für die Gäste ausliegen. Das ersparte lästiges Nachverhandeln – und peinliche Streitigkeiten, hervorgerufen durch Konzilteilnehmer, die sich übervorteilt fühlten.
    Des Weiteren musste Zängle sich mit den örtlichen Badern, Chirurgen, Wundärzten und Apothekern auseinandersetzen. Die »Tarife« hingen gerade in diesem Gewerbe oft sehr stark vom Wohlwollen und Mitleid ab, das der Heilkundige
seinem Patienten entgegenbrachte. Fremden gegenüber pflegten diese Tugenden eher schwach ausgeprägt zu sein. Er war sich beinahe sicher, dass sich auch die kirchlichen Organisatoren an ihn wenden würden – galt er doch als gut informierter und gerechter Mann, der beinahe an alle möglichen Bedürfnisse dachte und nicht duldete, dass die Gäste über Gebühr zur Kasse gebeten wurden.
    Aber auch die Einheimischen konnten sicher sein, dass er ihren berechtigten Forderungen Nachdruck verliehe, wenn etwa einer der Auswärtigen versuchen sollte, sich klammheimlich, ohne zu bezahlen, davonzumachen. Zängle war auch bekannt dafür, säumigen Handwerkern gnadenlos auf den Leib zu rücken, falls diese glaubten, fällige Arbeiten verzögern zu können, oder sie schlampig ausführten und dafür noch überzogene Preise verlangten.
    Die Bischofspfalz, in den letzten Jahren zwar etwas vernachlässigt, aber immerhin das geräumigste Gebäude in Konstanz, würde während des weltbewegenden kirchlichen Ereignisses als päpstlicher Palast genutzt werden.
    Unverzüglich musste Julius Zängle ferner damit

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