Das Erbe der Azteken
Ich nehme an, Sie müssen für sie ein neues Zuhause suchen. Können Sie sich auch darum kümmern?«
»Ja, Mr President.«
23
Library of Congress Washington, D. C.
Ihren ersten Kontakt mit Winston Blaylocks Leben vor seiner Ankunft in Afrika ermöglichte eine alte Freundin Selmas, Julianne Severson, die nach Selmas Weggang die Leitung der Abteilung für Sondersammlungen der Library of Congress übernommen hatte.
Severson erwartete Sam und Remi in der Second Street vor dem Jefferson Building am Eingang für Rechercheure: Die beiden anderen Gebäude, die zum Bibliothekskomplex gehörten, das Adams und das Madison Building, standen einen Block entfernt östlich beziehungsweise südlich davon.
Nachdem sie sich die Hände geschüttelt hatten, sagte Severson: »Es ist mir eine große Freude und Ehre, Sie hier begrüßen zu dürfen, Mr und Mrs Fargo …«
»Sam und Remi wäre uns lieber«, unterbrach Remi sie.
»Wunderbar. Ich heiße Julianne. Ich bin schon seit einiger Zeit ein großer Fan von Ihnen. Wahrscheinlich ist Ihnen das gar nicht bewusst, aber Ihre Abenteuer wecken bei vielen Menschen, vor allem bei Kindern, das Interesse an Geschichte.«
»Vielen Dank, Julianne«, erwiderte Sam.
Sie reichte ihnen zwei in Plastik eingeschweißte Karten an langen Halsbändern. »Das sind Leserausweise«, erklärte sie mit einem Achselzucken und einem Lächeln. »Das ist ein Teil des Collection Security Program, kurz CSP, zum Schutz der Sammlungen vor unbefugten Zugriffen. Seit dem elften September sind die Regeln um einiges strenger geworden.«
»Das verstehen wir.«
»Wenn Sie mir folgen wollen …« Sie gingen ins Gebäude. »Ich helfe Ihnen persönlich, während Sie hier sind …«
»Das ist sehr nett von Ihnen«, sagte Remi, »aber wir wollen Ihnen nicht Ihre Zeit rauben.«
»Unsinn. Die Bibliothek kommt auch mal ohne mich aus; meine Assistentin wird alles regeln, was geregelt werden muss.« Severson ging eine Marmortreppe hinauf, und Sam und Remi folgten ihr. »Was wissen Sie über die Bibliothek?«
»Wir sind schon mehrmals hier gewesen, aber – ob Sie es glauben oder nicht – noch nie, um zu recherchieren«, erwiderte Remi.
Der Rundgang war atemberaubend, wie Sam und Remi wussten. Als älteste bundesstaatliche Einrichtung im Land war die Library of Congress im Jahr 1800 gegründet worden und residierte bis 1814 im Capitol, als englische Truppen das Gebäude in Brand steckten und die Kernsammlung der Bibliothek von etwa dreitausend Bänden vernichtet wurde. Ein Jahr später beschloss der Kongress den Wiederaufbau der LOC und erwarb Thomas Jeffersons persönliche Bibliothek von über sechstausend Büchern.
Der Bestand der Bibliothek war seitdem enorm gewachsen: Sie enthielt 33000000 Bücher und gedruckte Werke; 3000000 Schallträger, 12500000 Fotografien, 5300000 Landkarten, 6000000 Notenblätter und 63000000 Manuskripte – in fast 500 verschiedenen Sprachen –, alles in allem 145000000 Objekte auf 745 Meilen Regalreihen.
»Sie kommt einem eher wie eine Kathedrale vor und nicht wie eine Bibliothek«, sagte Remi. »Die Architektur ist …«
»Ehrfurchtgebietend?«, beendete Severson den Satz.
»Genau. Man betrachte nur die Marmorfußböden und die Säulen, die Rundbögen, die gewölbten Decken, die kunstvollen Verzierungen.«
Julianne Severson lächelte. »Ich glaube, Selma hat diesen Ort einmal als ›teils Kathedrale, teils Museum, teils Kunstgalerie mit einer kleinen Prise Bibliothek als Zugabe‹ bezeichnet. Ich glaube schon, dass der Kongress 1815 ein wenig dem Größenwahn erlegen ist. Nachdem die Engländer alles zerstört hatten, herrschte während des Wiederaufbaus eine Jetzt-zeigen-wir-es-ihnen- Mentalität .«
»Größer, besser, pompöser. Sie haben ihnen architektonisch eine Nase gedreht, wenn man so will«, sagte Remi.
Severson lachte.
»Gehen wir in den Hauptlesesaal?«, fragte Sam.
»Nein, wir werden in den zweiten Stock in die Abteilung für seltene Bücher und Spezialsammlungen gehen. Der Hauptsaal wird heute gleich von vier Grundschulen besichtigt. Da dürfte es ziemlich wild zugehen.«
Sie kamen zur Tür mit der Nummer 239 und traten ein. »Wenn Sie sich einen Platz am Arbeitstisch suchen, setze ich mich an die Workstation. Unser Katalog ist im Laufe der Zeit zwar um einiges benutzerfreundlicher geworden, aber es wird vielleicht einfacher sein, wenn ich die Hilfsarbeiten übernehme.
Okay, Selma hat mir einige der Dokumente gemailt und ein paar Hintergrundinformationen zukommen
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