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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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gesessen hatte. Männer waren offenbar niemals imstande, ihre lüsternen Gedanken zu zügeln, wenn sie eine leicht bekleidete Frau sahen. Abgesehen natürlich von jenen, die ihr Augenlicht verloren hatten.
    Madlen warf einen verstohlenen Blick auf die andere Seite des Zubers. Veit hatte den Kopf zurückgelegt. Sein Armstumpf ragte aus dem Wasser, er musste immer noch damit Acht geben, obwohl die Entzündung gut abgeheilt und von gesundem Schorf bedeckt war. Beim Auskleiden war er fast ohne Unterstützung zurechtgekommen, nur für die Stiefel hatte er Hilfe gebraucht.
    Nachdem der Bader einen Bottich heißes Wasser nachgeschüttet und die Essensreste abgeräumt hatte, gab Madlen der Versuchung nach, Veit über sein früheres Leben auszufragen. Je häufiger sie ihn um sich hatte, desto größer schien ihr Bedürfnis zu werden, alles über ihn zu erfahren. Einiges wusste sie bereits, aber längst nicht alles.
    Er war der Sohn eines Burggrafen im Niederrheinischen, wo er eine glückliche Kindheit verlebt hatte. Aufgewachsen war er wie viele Knaben aus dem Adel auf der Burg eines anderen Edelmannes, wo er zunächst, wie es üblich war, der Dame des Hauses als Page und später dem Burgherrn als Knappe gedient hatte, bis man ihm die Ritterwürde verliehen hatte.
    »Das war die beste Zeit meines Lebens. Mit meinen Freunden zog ich von Turnier zu Turnier, wir fochten eine Menge harmloser Kämpfe aus, bei denen es nur um den Spaß ging. Wir ließen uns von den Damen unseres Herzens bunte Tücher anstecken und begossen jeden gewonnenen Tjost mit gutem Wein.«
    »War Johann damals schon bei dir?«
    »Er kam zu uns auf die Burg, als er zehn war. Das Pagenleben schmeckte ihm ganz und gar nicht.« Veit lachte in der Erinnerung an diese Zeit. »Er wollte sofort den Umgang mit Waffen erlernen und beim Tjosten mitmachen. Tatsächlich war er ein gelehriger Schüler, es dauerte nur wenige Jahre, bis ihm nichts mehr beizubringen war, denn schon in seiner Jugendzeit war er den meisten Männern an Kraft überlegen. Vor allem aber hatte er schon früh begriffen, dass ein Ritter mehr braucht als Schwert, Rüstung und Schlachtross.«
    »Was denn?«, fragte Madlen neugierig. »Tapferkeit und Mut?«
    »Das natürlich auch. Aber noch wichtiger ist die Ehre. Ohne Ehre ist ein Ritter nichts. Die Ehre erfordert eine besondere Art von Stärke. Dazu gehört es, den Schwachen zu helfen. Nur im offenen Kampf zu töten, Mann gegen Mann. Dem Guten zum Sieg über das Böse zu verhelfen.« Veit lächelte schmerzlich. »Wir glaubten beide, dass wir nur für das Gute streiten würden. Und wir glaubten, dass auch andere daran glaubten. Wir waren bereit, für diesen Glauben zu sterben. Als Johann fünfzehn war und ich einundzwanzig, kam der Aufruf zum Kreuzzug. Der französische König und der Papst ließen überall in Europa die Kunde verbreiten, dass es an der Zeit sei, die Heilige Stadt endgültig von den heidnischen Horden zu befreien. Der Erzbischof unterstützte sie darin, damals passte es in seine politischen Pläne, sich mit dem Papst und dem König gutzustellen. Deus lo vult , hieß es, Gott will es. Gott wollte es schon beim Ersten Kreuzzug, und natürlich wollten wir genau dasselbe, was auch Gott wollte, also zogen wir in den Krieg.« Die Bitterkeit in seiner Stimme war nicht zu überhören. »Es dauerte nicht lange, bis wir herausfanden, dass das, was wir da taten, weniger der Wille Gottes war als der von Menschen, die aus Eigennutz handelten. Es war ein Krieg wie jeder andere. Nichts daran war heilig. Er war schmutzig, grausam, barbarisch. Es ging um Land und um Macht, um nichts sonst.«
    Es überraschte Madlen nicht allzu sehr, ihn so unverblümt darüber reden zu hören. Sie hatte schon vorher vermutet, dass all sein bisheriges Gerede über ruhmreiche Schlachten und glorreiche Siege nur freundliche Tünche war. In Wahrheit hatte man ihn und Johann um Jahre ihres Lebens betrogen. Man hatte sie mit dem Versprechen ewigen Seelenheils in die Fremde gelockt, und bei ihrer Rückkehr gab es ihr früheres Leben nicht mehr. Aus Veits Familie waren alle tot. Nach einem Scharmützel, wie es sie zwischen den Truppen des Erzbischofs und seinen Feinden vielfach gegeben hatte, war die väterliche Burg geschleift worden, in den nachfolgenden Wirren waren seine Eltern und andere Verwandte umgekommen. Die Ländereien waren verheert, die Gefolgsleute in alle Winde versprengt. Es gab nichts mehr, wohin er hätte heimkehren können.
    Was Johann betraf, so existierte

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