Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
Haferbrei schmeckt wie verfaultes Stroh.«
    Irmla schnappte nach Luft.
    Cuntz, unter dessen Händen eine neue Schnitzerei Gestalt annahm, hob den Kopf. Bislang hatte er die Unterhaltung wortlos verfolgt, doch zum Baden wollte er seine Meinung kundtun. »Da sprach Jakob zu allen in seinem Hause: Reinigt euch und wechselt eure Kleider.«
    Irmla musterte ihn argwöhnisch. »Welcher Jakob?«
    »Der aus dem Buch Mose«, sagte Cuntz. Er lächelte friedfertig. »Und der Brei hat wirklich schon besser geschmeckt.«
    Irmla war zutiefst beleidigt, fühlte sich aber zu einer Rechtfertigung berufen. »Wir haben Fastenzeit!«
    Madlen nahm mit beiden Händen die Schale, hob sie an und schlug sie krachend auf den Tisch, sodass der Inhalt hochspritzte. »Was hat dieser Schweinefraß mit Fasten zu tun?« Sie erhob sich und pulte einen Klumpen Brei aus ihren Locken. »Du wirst ab sofort auch für mich Honig in den Brei geben, ist das klar? Und ich will heute Mittag ein Essen auf dem Tisch haben, in dem weder Kohl noch Rüben noch Zwiebeln sind. Und auch kein Stockfisch. Vor allem kein Stockfisch.« Ein unausgesprochenes Sonst begleitete diese entschiedene Aufforderung. Es hing ebenso unmissverständlich wie bedeutungsschwer im Raum, als Madlen barfuß und mit wehendem Hemd zur Stiege stapfte und nach oben entschwand.
    Irmla gab einen Laut von sich, der die gesamte Spanne zwischen rechtschaffener Entrüstung und gekränktem Aufopferungswillen abdeckte.
    »Sie hat gut reden«, murrte sie. »Was soll ich denn während der heiligen Fastenzeit sonst in den Eintopf tun? Vielleicht Steine?«
    »Du könntest dir bei Johann Rat holen«, schlug Veit vor. »Er kocht sehr gut.«
    »Er kann kochen ?«, erkundigte Cuntz sich interessiert. »Und sogar gut?« Er äugte in Richtung Feuerstelle. »Hast du das gehört, Irmla?«
    Irmla ließ mit Getöse eine Holzschüssel fallen.
    »Manche sagen Million dazu«, sagte Veit. »Jedenfalls habe ich einige in unserem Heer getroffen, die es so nannten, wenn tausendmal tausend gemeint war.«
    »Million.« Madlen ließ das Wort auf der Zunge zergehen, es hatte einen guten, runden Klang.
    »Dir macht das Erlernen von Zahlen wohl Freude, oder?«, wollte Veit wissen.
    »Ja, das tut es«, sagte Madlen. »Zahlen sind … schön. Ich mag daran, dass sie wahr sind. Nicht so wie Worte, die man so oder so auslegen kann.« Sie hob drei Finger. »Das ist eine Drei, und keiner kann was anderes behaupten.«
    Von Dampf umwabert, saßen sie einander im Badezuber gegenüber, das warme Wasser schwappte ihnen bis zum Hals. Zwischen ihnen befand sich ein Brett, das den Zuber in der Mitte teilte. Darauf standen ein Krug Bier nebst Becher, ein Brett mit geräuchertem Fisch und eine Schale mit Schwamm und Seife. Neben Madlen döste eine Matrone, deren Kopf auf das Brett herabgesunken war, und auf Veits Seite schwelgte ein vollbärtiger Pilger im heißen Wasser. Er summte vor sich hin und hob gerade unter Verrenkungen einen verhornten Fuß über die Oberfläche, um ihn hingebungsvoll mit Bimsstein abzuschrubben. Ihm gehörte auch die Seife, ein harter, duftender weißer Klumpen. Er hatte sie aus Venedig mitgebracht, wo sich, wie er berichtet hatte, die besseren Leute beim Baden damit säuberten. Madlen hatte wiederholt daran geschnuppert, sie konnte sich kaum satt riechen. Schließlich hatte der Pilger sie großmütig aufgefordert, sie zu benutzen. Sie hatte sich das Haar damit gewaschen und ihren Körper von oben bis unten damit abgerieben, und das dabei entstehende Gefühl von Sauberkeit und Wohlbehagen schlug die Reinigung mit der üblichen Schmiere aus Talg und Pottasche um Längen.
    Der Bader hatte schon mehrmals heißes Wasser nachgeschüttet und zwischendurch Veit rasiert. Auch der Pilger ließ sich mit genießerisch zurückgelegtem Kopf das Bartgestrüpp entfernen, es war seine erste Rasur seit vielen Wochen. Er hatte ein Gelübde abgelegt, dass er sich erst wieder den Bart scheren ließ, wenn er am Dreikönigsschrein gebetet hatte, so wie zuvor an anderen heiligen Orten. Zu diesem Zweck war er durch halb Europa gereist. Er hatte in Santiago de Compostela am Grab des Apostels gebetet, in Fátima zur Muttergottes, in Venedig bei den Gebeinen des heiligen Markus, und stets hatte er sich während der Reisen weder gewaschen noch rasiert. Er war ein beleibter Mann, anscheinend war er vom Fasten als Beweis seiner Frömmigkeit weniger überzeugt als vom Verzicht aufs Baden und Bartscheren.
    Neben seiner dicklichen Gestalt wirkte

Weitere Kostenlose Bücher