Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin
sich räusperte und mit entschuldigendem Tonfall in Worte fasste, was seine Schwester gemeint hatte.
»Ihr müsst wissen, dass das Lehen, das einst Eurem Vater gehörte, nun in meinem Besitz steht.«
»Tatsächlich?«, gab Johann sarkastisch zurück. »Seid Ihr hergekommen, um mir das mitzuteilen?«
Simon wurde rot. »Das war Ursels Wunsch. Sie wollte Euch wiedersehen und mit Euch sprechen. Wir – das heißt ich und mein Gefolgsmann Diether …« – er wies auf den Mann an seiner Seite – »haben sie begleitet. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Euch ebenfalls mein Bedauern über Euren Verlust zum Ausdruck bringen und Euch versichern, dass ich nicht nach den Gütern Eures Vaters gestrebt habe. Wenn es nach mir ginge …« Er stockte, offenbar scheute er sich zuzugeben, dass er das Leben als Burgherr satthatte. »Es tut mir leid«, schloss er. »Vor allem angesichts der Tatsache, dass unsere Väter, wie ich hörte, einst Freunde waren. Unser Vater hat es zutiefst bedauert, was Eurer Familie widerfuhr, und als das Lehen an die Hardefusts ging, sah er dies als Gelegenheit, das Andenken Eures Vaters zu ehren und zu bewahren.«
Johann starrte Simon an. Glaubte dieser blonde Schönling ernstlich, was er da sagte, oder führte er ein Schauspiel auf, um seine Sippschaft in ein besseres Licht zu rücken?
Simons Wangen färbten sich eine Schattierung dunkler, und er schaute unter Johanns bohrendem Blick einen Moment zu schnell zur Seite. Er log.
»Ich hörte, dass die Burg gut geführt wird.« Johann bemühte sich um einen verbindlichen Tonfall. Die Gelegenheit war zu gut, um sie ungenutzt verstreichen zu lassen. »Man erzählt sich, dass unser früherer Verwalter noch dort ist.«
»Ihr meint Sewolt? Ein tüchtiger Mann. Er tut, was er kann, wir verdanken ihm viel. Über Euch und Euren Vater weiß er übrigens nur Gutes zu sagen.«
»Das freut mich zu hören. Zu gern hätte ich ihn einmal wiedergesehen und über alte Zeiten mit ihm gesprochen.« Johanns Stimme klang zerstreut, im Geiste ging er bereits die Möglichkeiten durch, wie er, ohne Zeit zu verlieren, nach Kerpen kam, um sich Sewolt vorzunehmen, solange Simon und Diether hier in Köln waren. Was ihn wieder zu der Frage brachte, wer sich sein Pferd unter den Nagel gerissen hatte, denn damit wäre er am schnellsten dort. Seinen Ring und seine Kleidung hatte man ihm nach der Begnadigung noch in der Hacht ausgehändigt, aber das Pferd war verschwunden. Er hatte sich beim Gewaltrichter danach erkundigt, doch der hatte abgestritten, etwas über ein Pferd zu wissen.
»Oh, das trifft sich gut, denn Sewolt ist mit uns nach Köln gekommen!« Simons Gesicht hellte sich auf, es schien ihn zu freuen, Johann einen Gefallen erweisen zu können. »Er hat sich uns angeschlossen, weil er zu einem Zahnreißer gehen wollte. Wenn Ihr mit ihm sprechen wollt, findet Ihr ihn in der Schmierstraße, in der Herberge Zum Ochsen .«
Zum wiederholten Male riefen einige Gäste nach frischem Bier, Johann merkte, dass er sich zu lange bei den Hardefusts aufhielt.
»Ich bringe Euch gleich das Gewünschte.« Er ging zum Schanktisch, wo er das Tablett mit frisch gefüllten Bechern belud und die Essenswünsche an Irmla weitergab.
Als er zum Tisch der Hardefusts zurückkehrte, stand Ursel unerwartet auf und drückte ihm eine kleine Pergamentrolle in die Hand.
»Das ist für dich, Johann. Jedes Wort kommt mir aus dem Herzen!« Tränen liefen ihr über das Gesicht, während sie ihn mit weit aufgerissenen Augen ansah. Dann wandte sie sich unvermittelt ab, drängte sich an den voll besetzten Tischen vorbei und rannte fluchtartig zur Tür. Ihr Bruder erhob sich eilig. »So warte doch, Ursel!«, rief er, doch sie war schon auf die Gasse hinausgerannt. Seine Miene spiegelte sein Unbehagen über den Gefühlsausbruch seiner Schwester wider. Er warf ein paar Münzen auf den Tisch. »Wir müssen aufbrechen. Lebt wohl, Johann von Bergerhausen.«
Johann sah den Männern nach, dann drehte er sich aus einem Impuls heraus wieder zum Schanktisch um. Dort stand Madlen und starrte ihn an.
Caspar, der ebenso wie Madlen alles verfolgt hatte, lachte leise, und gleich darauf hob er an, leise vor sich hin zu singen.
Es war die schlüpfrige Verballhornung eines ohnehin schon unanständigen Minnelieds, und als Madlen die Worte hörte, ging es mit ihr durch. Bevor sie wusste, was sie tat, fuhr sie herum und verpasste Caspar eine Ohrfeige.
Er prallte zurück und hielt sich die Wange. Gekränktes Entsetzen
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