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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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anrösten.« Nachdenklich blickte er auf sie hinunter. »Wenn du es nicht willst, mache ich es nicht.«
    »Das habe ich nicht gesagt«, meinte sie eilig. »Vielleicht könnte man es versuchen.« Sie war sich seiner Nähe so stark bewusst, dass sie ihren Herzschlag in der Kehle spürte. Sie war kein unerfahrenes, unschuldiges Mädchen mehr, sie wusste genau, dass ihre körperliche Reaktion einem Anflug unvernünftigen Begehrens entsprang. Doch sie würde den Teufel tun, solche Gefühle zuzulassen. Es kam nicht infrage, dass sie ihr Leben noch mehr durcheinanderbrachte. Bald wäre er für immer fort, es galt somit, den größtmöglichen Nutzen aus seiner Anwesenheit zu schlagen, solange es noch möglich war, wobei sich dieser Nutzen selbstredend streng auf das beschränkte, was sie auch künftig noch gebrauchen konnte. Etwa dieses Blech in der Darre. Oder die zusätzliche Feuerstelle, die sicher vor dem Beginn des Sommers noch fertig werden würde. Oder die Ziffern und Buchstaben, die er ihr bis dahin noch beibringen sollte.
    Mit bemühter Beiläufigkeit näherte sie sich dem Ansinnen, um dessentwillen sie hier heraufgekommen war. »Du sprachst davon, dass das Schreiben schwieriger zu erlernen sei als das Rechnen.«
    »Das ist richtig.«
    »Ich habe mir überlegt, dass es vielleicht zu wenig ist, nur an zwei Tagen in der Woche Unterricht zu erhalten. Zumal du ja bald fortgehst. Bis dahin möchte ich so viel wie möglich lernen.« Sie hielt inne, dann platzte sie heraus: »Ich will jeden Tag Unterricht, immer eine Stunde, von einem Glockenschlag bis zum nächsten. Wir haben sehr viel Bier auf Vorrat gebraut, mehr als sonst. Deshalb können wir eine Stunde am Tag erübrigen. Heute möchte ich mit dem Lesen anfangen.« Sie holte Luft, jetzt war es heraus. Sie beobachtete Johann unter gesenkten Lidern. Rasch fuhr sie fort: »Irmla soll so lange an meiner Stelle in der Braustube mitarbeiten, sie kann die Maische umrühren. Das Essen, das sie uns kocht, schmeckt sowieso scheußlich, im Haus ist sie also entbehrlich. Wir essen einfach Salzhering und Brot, das ist schnell auf den Tisch gebracht.« Mit einem Mal erschien ihr nichts wichtiger, als so zügig wie möglich Lesen zu lernen. Wenn sie lesen konnte, war sie klüger als viele Händler und Handwerker, allein das war bares Geld wert. Sie konnte sich alle Rezepturen für die Gruitmischungen genau aufschreiben, statt sich allein auf ihr Gedächtnis zu verlassen, denn das würde mit zunehmendem Alter sicher nicht besser. Kurzum, es gab viele gute Gründe, Lesen und Schreiben zu lernen.
    »Von mir aus können wir gleich anfangen«, sagte Johann.
    »Gut«, sagte Madlen. Ihr Herz klopfte ungebührlich laut, als er vor ihr die Stiege hinunterkletterte und ihr, als er unten war, die Hand reichte, um ihr die restlichen Stufen hinabzuhelfen.
    Das Gesinde nahm die geplante Änderung des Tagesablaufs mit Murren auf. Caspar zog ein Gesicht, weil er der Meinung war, dass Irmla als Brauhelferin nichts taugte, was diese wiederum mit wütendem Gekeife quittierte, welches darin gipfelte, dass sie einen Holzlöffel nach ihm warf. Willi erklärte sofort, er habe keine Lust, den ganzen Tag die Schrotmühle zu drehen, dafür zahle sein Vater nicht das viele Lehrgeld, schließlich sei er kein einfacher, dummer Knecht, was Caspar derart empörte, dass er Willi eine Backpfeife versetzte. Willi sprang zur Seite und rempelte aus Versehen Berni an, der, wie immer das wandelnde Ungeschick, über seine Füße stolperte und ein Säckchen mit teuren Kräutern zertrat.
    Ergrimmt verdonnerte Madlen das Gesinde angesichts dieser geballten Aufsässigkeit zu Zusatzarbeiten. Doch der Wunsch, schreiben und lesen zu lernen, war ihr mit einem Mal verleidet. Hatte schon je irgendwer in ihrer Familie Unterricht erhalten? Welche Rosinen hatte sie im Kopf, jetzt auf einmal damit anzufangen? Sie war drauf und dran, alles abzublasen.
    Bevor sie dazu ansetzen konnte, mischte Johann sich ein. Er stellte sich vor das versammelte Gesinde und stauchte alle mit harten Worten zusammen. Erstaunlicherweise wurde er dabei nicht einmal besonders laut, aber die Wirkung war nachhaltig. Alle machten sich ohne jedes Zeichen von Aufmüpfigkeit an die ihnen zugewiesene Arbeit, während sich Madlen und Johann wie schon bei der ersten Unterrichtsstunde in die Stube setzten. Cuntz verzog sich ohne ein Wort in seine Kammer, was Madlen einerseits erleichterte, aber ihre Unruhe zugleich in beträchtlichem Maße schürte, denn nun war sie

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