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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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werden kein Mittagessen bekommen«, sagte Madlen kurz entschlossen.
    Johann nickte knapp. Mit einem Mal sah er sehr blass aus. »Wie du meinst.« Er ging zu dem Jungen, blieb vor ihm stehen und blickte ihm eindringlich ins Gesicht. Er kämpfte sichtlich mit seinem Bedauern über das Vorgefallene. Behutsam strich er dem Jungen über den Kopf. »Es tut mir leid, Ludwig. Dich zu schlagen war nicht recht.«
    Ludwig zog ängstlich den Kopf ein und fing an zu wimmern. »Ludwig nicht schlagen!«
    »Ich tu dir doch nichts«, beteuerte Johann ihm. Hilflos schaute er Madlen an.
    »Er versteht dich nicht«, sagte Madlen. Sie klopfte energisch an die Tür des Nachbarhauses. Hans öffnete ihr, ein verhärmt wirkender Mann in den Dreißigern, dessen hervorstechendstes Merkmal seine gewaltigen Segelohren waren. Als er Madlen sah, lächelte er sie an. Die Abneigung seiner Frau gegen Madlen teilte er nicht, im Gegenteil – ein paar Wochen nach Konrads Tod, als Agnes einmal nicht in der Nähe gewesen war, hatte er Madlen anvertraut, dass er sie schon seit ihrer Kindheit gut leiden könne und immer gern eine gute Nachbarschaft mit ihr gehabt hätte, und dass dem nicht so sei, liege nur an Agnes, die von ihrem sinnlosen Hass wie besessen sei. Madlen solle das bitte nicht krummnehmen. Und bloß nicht ausplaudern, was er ihr gerade verraten habe.
    Daran hatte Madlen sich gehalten, was sie aber nicht daran hinderte, Agnes mit gleicher Münze heimzuzahlen, wenn diese sich in Beleidigungen erging.
    »Agnes ist auf den Markt gegangen«, sagte Hans.
    »Das dachte ich mir. Du musst Ludwig reinholen. Der Sohn vom Hundeschläger hat ihm wieder denselben Streich gespielt wie schon einmal.« Sie wies auf den Kadaver am gegenüberliegenden Straßenrand.
    »Dummer Bengel, du!« Hans packte Ludwig beim Arm und zerrte ihn ins Haus. Er ging dabei nicht sonderlich zartfühlend zu Werke. Anders als seine Frau wäre er den Jungen gern losgeworden, von väterlicher Zuneigung war bei ihm nicht viel zu spüren. Im vorigen Jahr hatte er sich sogar bei Juliana nach der Möglichkeit erkundigt, Ludwig an einem Ort unterzubringen, »wo die Irren unter sich sind«. Juliana hatte ihm beschrieben, wie es in solchen Spitälern zuging, hatte hervorgehoben, dass die Tobsüchtigen dort wie Tiere gehalten wurden, auf fauligem Stroh, das nur quartalsweise gewechselt wurde. Tagsüber steckte man manche von ihnen in Tollkisten vor den Stadttoren, wo sie das Mitleid spendierwilliger Reisender erwecken sollten; nachts wurden sie in Ketten gelegt. Hans hatte sich Julianas Erklärungen aufmerksam angehört und dabei nicht den Eindruck gemacht, als schreckten ihn diese schlimmen Zustände ab. Dann war Agnes dazugekommen und hatte mitgekriegt, worum es ging. Ihr Wutgeschrei war durch die halbe Schildergasse geschallt, und Hans hatte sich danach wochenlang nur noch zur Sonntagsmesse aus dem Haus gewagt.
    Gerade wollte er seinem Sohn ins Haus folgen, als sein Blick in Richtung Neumarkt ging. Er zog ein Gesicht, als hätte er Schmerzen. Agnes kam von ihren Einkäufen zurück. Als sie Madlen und Johann vor ihrem Haus stehen sah, beschleunigte sie ihre Schritte.
    »Was will dieses Weibsstück von dir?«, schrie sie bereits von Weitem ihren Mann an, so laut, dass es jeder in der Nachbarschaft hören konnte.
    Hans wartete, bis Agnes nah genug heran war, um in normaler Tonlage antworten zu können.
    »Es war wieder dieser Junge vom Hundeschläger, er hat …«
    »Mein armer Ludwig!« Agnes ließ den Korb mit den Lauchstangen fahren, den sie vom Markt mitgebracht hatte, und lief unverzüglich ins Haus. Besorgte Rufe schallten heraus, dann unterdrücktes Schluchzen und unartikuliertes Gestammel von Ludwig.
    »Lass sehen!«, rief Agnes schrill. »Zeig mir die Stelle!«
    Nach wenigen Augenblicken kam sie wieder auf die Gasse gerannt. »Du Mörder! Halsabschneider! Verbrecher!«, schrie sie mit überkippender Stimme. Sie schüttelte beide Fäuste, und wäre Johann von schmächtigerer Statur gewesen, wäre sie womöglich auf ihn losgegangen. »Die Pest soll dich holen! Ich werde dich beim Rat anzeigen, du … Dämonenanbeter! Schlägst ein unschuldiges, schwachsinniges Kind!«
    »Er ist kein Kind mehr«, wandte Hans zaghaft ein.
    Seine Frau schlug ihm mit dem Handrücken über den Mund. Er wurde weiß im Gesicht, presste sich die Hand vor die getroffene Stelle und verschwand sofort im Haus.
    »Ich wusste nichts von seinem geistigen Zustand«, sagte Johann, um einen sachlichen Tonfall

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