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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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kein Mitglied seiner Bruderschaft war. Einem der anderen angeklagten Schöffen, ein in der Stadt hochangesehener Fischhändler, der zahlreiche Fangboote sein Eigen nannte, wurde vorgehalten, mehrfach die Boote nicht ansässiger Heringshändler versenkt zu haben. Der dritte Schöffe sollte gar versucht haben, die Zollbestimmungen zu unterlaufen, indem er einen Schlägertrupp zum Hafen gesandt und unter Umgehung städtischer Schätzer Wein in die Stadt gebracht habe. Es war von empörender Offensichtlichkeit, was hinter dieser Klage des Hardefust steckte – er wollte die Zünfte aus dem Rat treiben und ihnen so jeden Einfluss nehmen.
    Eberhard zitterte vor Wut und Empörung, der Erzbischof musste doch bemerken, dass eine Intrige dahintersteckte! Doch er bekam keine Gelegenheit, sich dazu zu äußern, ständig sprachen andere.
    Noch war allerdings nichts verloren. Dem Erzbischof schien ebenfalls aufzufallen, wie einseitig und dünn die Anklage in vielen Punkten klang. Während der Gerichtssitzung, die er im großen Saal anberaumt hatte, ließ er mehrfach Skepsis erkennen, desgleichen, als die Zeugen auftraten. Irgendwann fing er an, sich zu langweilen, was er durch mehrfaches Gähnen untermalte.
    Schließlich unterbrach er die Verhandlung und unterbreitete einen Vorschlag zur gütlichen Einigung, in der Weise, dass die Zünfte für die genannten Gesetzesverstöße Schadensersatz an die Betroffenen entrichteten und künftig ihre Machtposition nur in dem ihnen gewährten Rahmen nutzten. Eberhard wollte aufbegehren, er hatte nichts getan! Das Bier, das er hatte wegschütten lassen, war faul gewesen, eine stinkende, verseuchte Brühe, der Händler hätte das ganze Gewerbe in Verruf gebracht! Und mochte auch die Sache mit dem Zollverstoß stimmen, so konnte sie doch nicht ihm angelastet werden! Seine Empörung war grenzenlos, aber dann meldete sich leise die Stimme der Vernunft. Sag Ja, flüsterte sie ihm zu. Der Klügere gibt nach! Der Erzbischof weiß das zu schätzen, er wird euch im Schöffenamt lassen, und nur darauf kommt es an!
    Doch er kam gar nicht erst dazu, seine innere Zwiesprache zu Ende zu führen, denn kaum hatte der Erzbischof seinen Vergleichsvorschlag formuliert, als sich seitens der Kläger scharfer Protest erhob. Wendel Hardefust als Wortführer der Geschlechter weigerte sich rundheraus, einfach alles beim Alten zu belassen.
    »Wir bestehen auf einem Urteil gegen diese Männer, denn sie sind eine Schande für die Stadt!«, schrie er, die Hand in Richtung der verunglimpften Schöffen ausstreckend.
    Aus dem Murren wurde Geschrei, das sich im ganzen Saal fortsetzte. Beide Parteien hatten ihre Gefolgsleute mitgebracht. Ihre Waffen hatten sie am Eingang abgeben müssen, und eine eindrucksvolle Reihe erzbischöflicher Soldaten sicherte den Saal, doch das hinderte die Kontrahenten nicht, ihrem Unmut durch wüste Beschimpfungen Luft zu machen. Zu gut waren ihnen noch die blutigen Auseinandersetzungen des Ostertags in Erinnerung. Wendel Hardefust stand derweil mit den Vertretern der Geschlechter zusammen und griente vor sich hin. Es schien alles so recht nach seinem Geschmack zu sein, und je lauter die Beschuldigten herumschrien, umso zufriedener wirkte er. Eberhard hatte ein mulmiges Gefühl, er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging.
    Der Erzbischof ließ seinen Ausrufer vortreten, der stimmgewaltig für Ruhe sorgte und im Namen des obersten Stadtherrn verkündete, dass ein Urteil ergehen und dessen Abfassung einem Richter übertragen werde.
    Damit war die Verhandlung geschlossen, die heillos zerstrittenen Parteien wurden des Saales verwiesen.
    Eberhard wurde auf dem Weg nach draußen von dem Fischhändler abgefangen, der Mann befand sich in heller Aufregung.
    »Sie machen Ernst«, empfing er ihn.
    »Wer?«, fragte Eberhard verdutzt.
    »Die Geschlechter. Es dürstet sie nach Blut. Nach unserem Blut! Sie schicken bereits in der ganzen Stadt nach ihren Leuten. Dieser Tag wird noch viel schlimmer als Ostern, sie werden uns reihenweise massakrieren und hernach auch gegen den Erzbischof ziehen, ich hörte sie darüber reden!«
    Die übrigen Schöffen aus den Reihen der Zünfte stießen dazu, ihnen erzählte der Fischhändler auf dem Weg nach draußen dasselbe. Eberhard hätte seine düsteren Prophezeiungen gern als maßlos übertrieben abgetan, aber wie sich gleich darauf zeigte, schien der Fischhändler recht zu haben. In der Einmündung zu Unter Goldschmied

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