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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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seufzte erwartungsvoll und schmiegte sich an ihn. Er küsste sie leidenschaftlich, und sie kam ihm begierig entgegen, ohne wegen des Weins weitere Einwände zu erheben.
    Später hielt er sie umfangen; sie war bereits eingeschlafen, und er lauschte ihren regelmäßigen Atemzügen. Neben dem Bett brannte eine Talglampe, für den Fall, dass Veit sie in der Nacht noch einmal brauchte. Doch dem Freund ging es deutlich besser, er hatte schon in der vergangenen Nacht ruhig durchgeschlafen.
    Neben der Tür stand der kleine Betschemel, und an der Wand darüber war ein Heiligenbild angebracht, zweifellos sollte es die heilige Ursula darstellen, zu der Madlen häufig betete, außer, wenn es ums Brauen ging, dann hielt sie es eher mit dem heiligen Petrus. Blithildis hingegen verehrte die heilige Magdalena und betete ansonsten viel zur Muttergottes. Cuntz schätzte die Zwiesprache mit dem heiligen Josef, dem er sich als Holzschnitzer besonders verbunden fühlte, und Irmla betete mit Vorliebe zur heiligen Barbara; sie hatte sogar als Kind mit ihrer Mutter einmal eine Wallfahrt ins Rheingau unternommen, wo in einem Kloster der Benediktinerinnen eine Reliquie der Heiligen verwahrt wurde. Vermutlich huldigten auch Caspar und Willi besonderen Heiligen. Zusätzlich zu den vielen Gebeten, die sie an den Allmächtigen richteten, morgens, mittags und abends. Ob sie ahnten, wie sinnlos all diese Mühe war?
    Du Dummkopf, sprach es in seinem Inneren zu ihm, und Johann vermochte nicht zu sagen, ob es seine eigenen Gedanken waren oder die Stimme von jemandem, dessen Existenz er lange geleugnet hatte. Wie kann etwas sinnlos sein, das die Menschen tröstet und sie mit Hoffnung erfüllt? Und wenn Gott Trost und Hoffnung ist, wo soll er dann sein, außer hier?
    Die bestrickende Logik in diesem Gedanken – oder dieser Stimme – verschlug Johann den Atem. Er starrte auf die blakende Lampe auf dem Boden, sah den sich kräuselnden Rauchfaden, das Flimmern der Luft über der Flamme. In seinen Armen hielt er die Frau, die er liebte. Nebenan schlief sein bester Freund. Und er hatte seine tot geglaubte Schwester wiedergefunden. Ein vielfach gewundener Pfad hatte ihn durch ein dunkles Dickicht von Leid und Niederlagen hierhergeführt, an diesen Ort, wo Trost und Hoffnung sich wie eine Blüte entfaltet und ihn mit Liebe erfüllt hatten. Sein Inneres schien sich von diesen Gedanken ausdehnen zu wollen, es war wie eine Ahnung von etwas, das größer war als er selbst, größer als alles, was er je hätte verstehen können.
    Die Geräusche der Nacht verbanden sich zu einem Chor von Fragen. Ein Knacken der Dielen, das leise Klappern des Fensterladens, das Zischen der Lampe beim Abbrennen eines Talgklumpens. Doch Johann lauschte nur der Antwort, die ihm viel näher war als sämtliche Fragen, denn sie berührte seine Haut und strich sanft über ihn hin – der sanfte Atem seiner Frau.
    Eine Woche später, Ende April
    Madlen wechselte behände zwischen Sudkessel und Maischbottich hin und her und prüfte mit dem Finger die Wärme der Flüssigkeit im Bottich, bevor sie sich ans Zubrühen machte. Das Brauergebnis hing wesentlich davon ab, dass die Maische gleichmäßig warm gehalten wurde, sie durfte nicht zu heiß werden, sich aber auch nicht zu schnell abkühlen. Der Vorgang war immer derselbe: Man schöpfte einen Teil der mit warmem Wasser eingemaischten Flüssigkeit aus dem Bottich, erhitzte ihn im Kessel über dem Feuer und schüttete ihn nach einer bestimmten Dauer wieder zur Maische zurück. Dabei musste ständig gerührt werden, damit sich das aufgeweichte Malz nicht absetzte. Beim Erhitzen des abgezogenen Teils wiederum musste darauf geachtet werden, wann sich der weißliche Schaum auf der Flüssigkeit bildete, der anzeigte, dass sie eine Weile ruhen musste, bevor sie endgültig aufgekocht und anschließend zum Zubrühen verwendet wurde. Wiederholte man den Vorgang, wurde das Bier würziger, die besten Stoffe vom Malz wurden so bis zum Letzten ausgenutzt. Erst beim abschließenden Sieden kochte Madlen auch die Gruit mit, so hatte sie es von ihrem Vater gelernt. Manche Kräuter und Gewürze weichte sie jedoch lediglich kalt ein und gab den Auszug erst hinterher hinzu, weil so das Aroma nicht beim Erhitzen verloren ging. Außerdem hatte sie festgestellt, dass dadurch die Gärung rascher einsetzte.
    Zum Abseihen der Flüssigkeit dienten flache, mit sauberem Stroh ausgelegte Körbe, aber in jüngster Zeit hatte Madlen auch häufiger grob gewirktes Tuch

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