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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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fügte ein wenig trotzig hinzu: »Ich kann nicht schreiben und kenne auch keine Zahlen, deshalb mache ich es so.«
    »Es ist sinnvoll und für deine Zwecke völlig ausreichend. Kein Grund, sich deswegen zu schämen.«
    Madlen schob das Kinn vor. »Ich schäme mich nicht.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und ließ ihn stehen.
    Es gab eine Menge Gerede über Madlens neuen Gatten, nicht nur auf der Schildergasse, sondern im ganzen umliegenden Viertel und auch auf den Märkten. Irmla, die mit ausufernder Schwatzhaftigkeit geschlagen war und diese Neigung während aller nur denkbaren Besorgungen auslebte, brachte neben ihren Einkäufen auch reichlich Klatsch mit nach Hause. Sobald sie sich vergewissert hatte, dass Johann nicht anwesend war, gab sie es unaufgefordert zum Besten.
    »Die Leute erzählen sich alle möglichen Schauergeschichten über ihn. Der Küfer auf der Cäcilienstraße will gehört haben, dass Johann drei Händlern von der Richerzeche eigenhändig den Hals durchgeschnitten hat. Die Frau des Besenbinders meint, er habe bei Nacht tote Katzen vergraben.«
    »Das ist noch gar nichts«, warf Veit launig ein. Er saß mit Cuntz auf der Bank und hörte alles mit an. »Auf dem Fischmarkt traf ich unlängst einen Mönch, der davon überzeugt war, dass Johann ein Spion der Franzosen ist, die sich bei nächster Gelegenheit unser heiliges Köln einverleiben wollen.«
    Irmla überging seine Bemerkung, sie konnte an der ganzen Angelegenheit nichts Lustiges finden. »Man sagt auch, er habe gemeinsam mit dem Henker bei Vollmond Leichen auf dem Schindanger ausgegraben, um Dämonen herbeizurufen, und mit deren Hilfe habe er Madlen verhext, damit sie ihn zum Manne nimmt.« Irmla hielt inne und bekreuzigte sich, bevor sie mit gesenkter Stimme fortfuhr: »Die Kinder fürchten ihn wie den sprichwörtlichen Schwarzen Mann, sie glauben, dass er sie fängt und auffrisst.«
    Madlen hörte sich den ganzen Schwachsinn konsterniert an. »Du hast ihnen doch hoffentlich gesagt, was für ein Unfug das alles ist!«
    Irmla wiegte den Kopf. »Weiß man’s?«
    Das trug ihr eine geharnischte Strafpredigt von Madlen ein, die Irmla bockig über sich ergehen ließ. Anschließend ließ sie scheinbar aus Versehen den Haferbrei anbrennen und tischte zur nächsten Mahlzeit eine Kohlsuppe auf, die nach Dung schmeckte. Madlen drohte ihr daraufhin wutentbrannt an, sie davonzujagen und sich eine neue Magd zu suchen, und erst durch Veits schalkhafte Bemerkungen beruhigte sich die Lage wieder halbwegs. Johann bekam von alledem nichts mit, er hatte im Sudhaus zu tun.
    Als am darauffolgenden Sonntag die Glocken zur Kirche riefen, konnte Madlen, die sonst wenig auf das Geschwätz der Leute gab, ihre Anspannung kaum bezähmen. Sie hatte ihren Sonntagsstaat angelegt, ein Obergewand aus lichtblauer, feiner Wolle und darunter ein frisch gewaschenes Unterkleid. Mit dem Gebende hatte sie sich mehr Mühe gegeben als sonst, es lag hervorragend an und gab ihrem Gesicht einen gefälligen Rahmen. Auch Johann trug ein sauberes Hemd und den besseren Surcot, er sah wie ein rechtschaffener Bürger aus. Wenn er überhaupt Blicke auf sich lenkte, dann nur, weil er deutlich größer war als die meisten anderen. Veit, ausgestattet mit den Sachen von Konrad, machte ebenfalls einen soliden Eindruck.
    Dennoch geschah, was Madlen bereits befürchtet hatte: Die Blicke der Leute brannten förmlich auf ihnen. Auf dem Weg über den Neumarkt wurden sie von allen Seiten eindringlich gemustert, und je näher sie der Kirche kamen, desto schärfer wurden sie ins Visier genommen. Etliche von den Leuten kamen regelmäßig ins Goldene Fass , sie hatten sie und Johann schon bei der gemeinsamen Arbeit gesehen, doch die Übrigen reckten neugierig die Köpfe und spießten sie mit Blicken förmlich auf.
    Mit grimmiger Entschlossenheit versuchte Madlen, das aufdringliche Starren zu ignorieren. Vor der Kirchenpforte verteilte sie die üblichen Almosen an die Armen und überhörte beharrlich das Getuschel, im Vertrauen darauf, dass die Leute wenigstens während der Messe allmählich das Interesse verloren. Doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht. Sogar ihr Gesinde und ihr alter Großvater wurden begafft, als wäre ihnen über Nacht ein zweiter Kopf gewachsen, und auch Veit zog zahlreiche bohrende Blicke auf sich. Doch das war noch harmlos im Vergleich zu dem, was Johann erdulden musste – die Leute stierten ihn an, als sei er mit dem Höllenfürsten und sämtlichen Dämonen auf einmal im

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