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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Menschen, mit denen er zu tun hatte, den Kummer, oder doch wenigstens einen Teil davon. Ob er das auch für Johann getan hatte? Madlen hatte längst bemerkt, dass die beiden sich nicht nur aufgrund einer flüchtigen, zufälligen Begegnung kannten, sondern einander seit Langem verbunden waren. Sie hatte sie beobachtet, wenn sie während der Mahlzeiten oder nach getaner Arbeit zusammen in der Stube am Tisch saßen, oder auch, wenn Johann zu Veit in den Schuppen ging, um nach ihm zu sehen. Die zwei wechselten nicht viele Worte, aber das war auch gar nicht nötig. Allein die Art, wie Johann Veit bei allen nur denkbaren Verrichtungen unterstützte, sagte alles. Die Selbstverständlichkeit, mit der er ihm einen Becher Bier zuschob oder ein Stück Brot reichte, die Behutsamkeit, mit der er ihn die ersten Male über den Hof zum Abtritt geführt und ihm erklärt hatte, was sich in den Nebengebäuden befand und was er von der Nachbarin zu erwarten hatte – das alles fügte sich zu einem Bild tiefer, vertrauter Freundschaft.
    »Du und Johann, ihr wart zusammen im Krieg, oder?«, fragte sie unumwunden.
    Er nickte. »Es war nicht schwer, das herauszufinden, oder?«
    »Er hat selbst davon gesprochen. Du habest ihm das Leben gerettet.«
    »Oh, das. Nein, eher ist es umgekehrt richtig. Es gäbe mich wohl nicht mehr, wenn er mich nicht vom Schlachtfeld aufgesammelt hätte. Oder zumindest hätte ich mehr verloren als mein Sehvermögen und das hier.« Er hob seinen Armstumpf, der jetzt frisch verbunden war. Madlen hatte ihn mit der Salbe bestrichen, die Juliana für Cuntz dagelassen hatte, Veit meinte, es habe ihm bereits gut geholfen.
    »Was hat er denn dann gemeint?«
    »Man hatte ihn eingekerkert, und ich habe dazu beigetragen, dass er freikam.«
    »Erzähl mir davon!«, bat sie.
    »Was weißt du über den Kreuzzug, Madlen?«, fragte er.
    Sie zuckte die Achseln. »Nicht viel. Jerusalem ging verloren, der Kampf war vergebens.«
    »Das ist treffend zusammengefasst. Es gab schreckliche Schlachten, in denen Zehntausende starben, in Alexandria und in Syria. Am schlimmsten war die Schlacht von Al-Mansura am Nil. Nach zahlreichen Angriffen, Gegenangriffen, Belagerungen und fehlgeschlagenen Verhandlungen musste sich unser Heer nach Damiette zurückziehen, dort gerieten wir alle in Gefangenschaft.« Veits sonst so heiteres Gesicht verlor jeden Ausdruck. »Viele von uns wurden anschließend … exekutiert. Nur wenige blieben übrig.«
    Hinter diesen lapidaren Worten musste mehr stecken, das Leid und die Schrecknisse der Vergangenheit schienen mit einem Mal nur einen Schritt entfernt zu sein, auch ohne dass Veit davon berichtete.
    »Im Zuge dieser ganzen Wirren wurden Johann und ich getrennt. Es gelang dem König, mit dem Sultan einen Lösegeldvertrag auszuhandeln, ich war unter den Ersten, die freigelassen und seinem Gefolge überstellt wurden. Johann schmorte weiter im Kerker, der Sultan wollte für die Freilassung der übrigen Kreuzfahrer mehr Geld. Es gab nur eine Möglichkeit, den Verhandlungen eine günstige Wende zu geben: Der Sultan musste sterben. Und freundlicherweise tat er es, obwohl dabei nachgeholfen werden musste.«
    Madlen verfolgte jede Regung in seinem Gesicht. »Hattest du damit zu tun?«
    »Sagen wir, ich hatte einen bestimmten Anteil daran. Mehr als reden konnte ich damals nicht, ich war noch geschwächt von den Folgen meiner Verletzung. Doch im Krieg ist es ja oft so, dass die wichtigsten Schlachten nicht auf dem Feld geschlagen werden, sondern bei heimlichen Absprachen hinter den Fronten. Ich kannte einige einflussreiche Mamelucken, die bereit waren, sich mit dem König gegen den Sultan zu verbünden, doch ich tat nicht mehr, als die richtigen Männer für diesen Plan zusammenzubringen. So verlor der Sultan sein Leben, und Johann kam frei, zusammen mit ein paar anderen. Gerade noch rechtzeitig, denn die meisten von denen, die man mit ihm zusammen in diesem elenden Loch eingesperrt hatte, waren schon tot.« Veit hielt inne und schloss die Augen, als wollte er Erinnerungsbilder bannen, die er trotz seiner Blindheit noch sehen konnte. »Der Krieg war damit längst entschieden, viele kehrten heim. Doch wir hatten Ludwig den Treueeid geschworen und blieben daher bei ihm. Er hatte uns nicht im Stich gelassen, und umgekehrt galt dasselbe. Es gab noch einige Schlachten, eine vage Hoffnung, Jerusalem doch noch zu befreien, doch alle Versuche schlugen fehl. Schließlich reiste der König ab, zurück nach Frankreich,

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