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Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin

Titel: Das Erbe der Braumeisterin - Thomas, C: Erbe der Braumeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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dem ich damals als Knappe diente und der heute noch mein Freund ist. Es folgten viele Jahre im Morgenland, voller Schlachten und anderer unangenehmer Ereignisse, oft überlebte ich nur um Haaresbreite und mit mehr Glück als Verstand, doch schließlich fand ich wieder zurück in meine Geburtsstadt Köln.«
    Die Begine hatte seinen Bericht ohne sichtbare Regung angehört. Sie nickte nachdenklich.
    »Ich danke Euch für Eure Offenheit, Johann von Bergerhausen. Ich glaube Euch. Leider kann ich Euch über Eure Schwester nicht viel sagen, zumindest nicht über das, was vor ihrer Zeit bei uns geschah. Wir fanden sie damals übel zugerichtet auf der Gasse. Genau an der Stelle, wo Ihr gerade steht. Jemand hatte sie geschändet und niedergestochen, sie kam gerade noch mit dem Leben davon. Zwei Monate später hatte sie eine Fehlgeburt, was sie abermals fast umbrachte. Doch mit der Zeit wurde sie wieder gesund und fing ihr neues Leben an.«
    Johanns Hände öffneten und schlossen sich krampfartig, als er hörte, was seiner Schwester angetan worden war. Er bekämpfte mit äußerster Willensanstrengung den Drang, sich wie ein Berserker aufzuführen. Die Versuchung, mit der Faust gegen die Mauer zu schlagen und sich mit rasendem Wutgebrüll Luft zu machen, war fast stärker als seine Vernunft. Die Begine bemerkte, wie groß seine Anspannung war. Wachsamkeit spiegelte sich in ihrer Miene, während sie ihn eindringlich ansah und auf jede seiner Bewegungen achtete. Johann zog heftig die Luft ein, atmete zwei, drei Mal tief durch und hatte sich endlich wieder in der Gewalt.
    »Hat man je herausgefunden, wer es gewesen ist?« Seine Stimme klang halbwegs sachlich, als er diese Frage stellte, doch der Begine entging nicht, welche Beherrschung es ihn kostete.
    Sie schüttelte verneinend den Kopf. »Niemand hat es gesehen. Irgendwann im Jahr darauf hörte ich auf dem Fischmarkt, wie zwei Aalfänger über ein Mädchen redeten, das von einem Flößer rheinabwärts mit nach Köln gebracht worden sei, übel zugerichtet und mehr tot als lebendig. Ich mischte mich sofort in das Gespräch ein und befragte die beiden Männer, doch sie wussten nichts Genaues. Jener Flößer hatte angeblich das Mädchen südlich von Köln am Fluss gefunden, offenbar hatte es sich mit letzter Kraft dorthin geschleppt. Oder war dorthin verschleppt worden, das war nicht herauszufinden. Der Flößer hat sie auf seinen Kahn getragen und mit nach Köln genommen, wo er sie – so erzählten es jedenfalls die beiden Aalfischer – einfach vor einem Kloster ehrenwerter Frauen ablegte.« Die Begine zuckte die Achseln. »Das war unser Konvent hier in der Glockengasse.«
    »Was war das für ein Flößer?«
    »Sie kannten seinen Namen nicht. Ich habe trotzdem versucht, anhand ihrer Beschreibungen herauszufinden, um wen es sich handelte. Tatsächlich gelang es mir sogar. Ich machte den Mann ausfindig.« Nicht der leiseste Anflug von Stolz über diese beachtliche Leistung klang aus ihrer Stimme, vielmehr deutete ihr spöttisch hochgezogener Mundwinkel an, was sie von jeglichem Eigenlob hielt. »Leider führte es zu nichts. Er war ein braver, gottgefälliger, gutherziger Bootsmann, der zufällig ein schwer verletztes Mädchen am Rheinufer fand, als er auf der Fahrt nach Köln war. Er hielt an und nahm sie mit. Weil er fürchtete, dass dieser Akt christlicher Nächstenliebe auf ihn zurückfallen könnte – schließlich hätte jemand auf den Gedanken kommen können, er sei derjenige gewesen, der sich auf so schreckliche Weise an dem armen Kind vergriffen hatte – beschloss er, sie heimlich an Land zu bringen. Er hat unseren Konvent ausgesucht, weil eine Tante seiner Frau früher hier gelebt hat, sie hatte wohl viel Gutes darüber berichtet, deshalb fiel seine Wahl auf uns. Er lud das Mädchen auf einen Karren, deckte es mit ein paar Säcken zu und legte es hier ab. Dann klopfte er ans Tor und machte sich aus dem Staub, bevor ihn jemand sehen konnte.« Die Begine hob die Schultern. Ihre Miene drückte tief empfundenes Bedauern aus. »Mehr konnte ich nicht herausfinden.«
    »Könnt Ihr mir den Namen des Mannes sagen?«
    »Das könnte ich wohl, aber es wird Euch nicht weiterhelfen. Er starb im vorletzten Winter. Ich war mit ihm in Verbindung geblieben, weil ich hoffte, er könnte auf seinen Fahrten vielleicht noch das eine oder andere in Erfahrung bringen oder auf Leute treffen, die mehr über die Geschehnisse wussten, doch dazu kam es nicht.« Die Begine blickte ihn offen an. In

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