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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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deutlicher und schärfer wurden. In der aufs Kanalufer mündenden Gasse, die eben noch finster gewesen war wie ein Fass Pech, konnte Geralt schon die Ratten erkennen, die den Rinnstein entlangliefen, Pfützen und Mauerritzen beschnupperten.
    Auch sein Gehör war unter dem Einfluss des Hexertranks schärfer geworden. Das menschenleere Gewirr von Gassen, in dem eben noch nur das Rauschen des Regens in den Dachrinnen zu hören gewesen war, begann zu leben, füllte sich mit Geräuschen. Er hörte das Fauchen kämpfender Kater, das Bellen von Hunden jenseits des Kanals, Gelächter und Rufe aus den Schenken und Herbergen Oxenfurts, Geschrei und Gesang in der Flößerkneipe, das ferne, leise Trillern einer Flöte, die eine sprunghafte Melodie spielte. Die dunklen, schlafenden Häuser erwachten zum Leben  – Geralt begann das Schnarchen der schlafenden Menschen auszumachen, das Stampfen der Ochsen, das Schnauben der Pferde in den Ställen. Aus einem der Häuser weiter in der Gasse drangen die gedämpften, spastischen Seufzer einer Frau heran, die Liebe machte.
    Die Geräusche nahmen zu, gewannen an Kraft. Er konnte schon die Worte der obszönen Trinklieder unterscheiden, erfuhr, wie der Liebhaber der seufzenden Frau hieß. Von jenseits des Kanals, aus Myhrmans Pfahlhaus, drang das abgehackte, zusammenhanglose Gestammel des Quacksalbers herüber, den die Behandlung Philippa Eilharts in den Zustand vollständiger und sicherlich dauernder Idiotie versetzt hatte.
    Es dämmerte bereits. Der Regen hörte endlich auf, es kam Wind auf, der die Wolken auseinandertrieb. Der Himmel im Osten hellte sich deutlich auf.
    Die Ratten in der Gasse wurden plötzlich unruhig, stoben auseinander und davon, verschwanden zwischen Kisten und Unrat.
    Der Hexer hörte Schritte. Vier oder fünf Menschen, genauer konnte er es vorerst nicht feststellen. Er blickte nach oben, sah Philippa aber nicht.
    Sofort änderte er die Taktik. Wenn sich in der näher kommenden Gruppe Rience befand, hatte er wenig Chancen, sich seiner zu bemächtigen. Er hätte sich erst mit der Eskorte schlagen müssen, und das wollte er nicht. Erstens, weil er sich unter dem Einfluss des Elixiers befand und diese Leute daher sterben mussten. Zweitens, weil Rience dann eine Chance hatte, zu verschwinden.
    Um die Ecke bog Rience. Der Hexer erkannte den Zauberer augenblicklich und instinktiv, obwohl er ihn nie zuvor gesehen hatte. Die Brandnarbe, das Geschenk Yennefers, lag im Schatten der Kapuze verborgen.
    Er war allein. Seine Eskorte zeigte sich nicht, blieb in der Gasse in Deckung. Geralt begriff sofort, warum. Rience wusste, wer beim Hause des Quacksalbers auf ihn wartete. Rience rechnete mit einem Hinterhalt, war aber trotzdem gekommen. Der Hexer verstand, warum. Und das, noch ehe er das leise Knirschen der Schwerter hörte, die aus den Scheiden gezogen wurden. Gut, dachte er. Wenn ihr es so haben wollt, gut.
    »Es ist angenehm, Jagd auf dich zu machen«, sagte Rience leise. »Man braucht dich nicht zu suchen. Du kommst von selbst dorthin, wo man dich haben will.«
    »Dasselbe kann man von dir sagen«, erwiderte der Hexer ruhig. »Du bist hierhergekommen. Ich wollte dich hier haben, und da bist du.«
    »Du musst Myhrman ganz schön zugesetzt haben, dass er dir von dem Amulett erzählt hat und gezeigt, wo es versteckt ist. Und auf welche Weise man es aktiviert, damit es die Nachricht sendet. Aber dass dieses Amulett gleichzeitig benachrichtigt und warnt, wusste Myhrman nicht und konnte es daher auch nicht verraten, selbst wenn du ihn auf glühenden Kohlen geröstet hast. Ich habe viele solcher Amulette verteilt. Ich wusste, dass du früher oder später auf eins davon stoßen würdest.«
    Um die Ecke kamen vier Männer. Sie bewegten sich langsam, geschickt und lautlos. Noch immer blieben sie in dem Streifen Finsternis, und die blankgezogenen Schwerter hielten sie so, dass kein Funkeln der Klinge sie verriet. Der Hexer sah sie natürlich deutlich. Doch er ließ es sich nicht anmerken. Gut, ihr Mörder, dachte er. Wenn ihr es wollt, sollt ihr es bekommen.
    »Ich habe gewartet«, fuhr Rience fort, ohne sich von der Stelle zu rühren, »und nun ist es so weit. Ich gedenke, die Erde endlich von deiner Last zu befreien, du widerlicher Abartiger.«
    »Du gedenkst? Du überschätzt dich. Du bist nur ein Werkzeug. Ein Scherge, den andere zur Erledigung schmutziger Angelegenheiten angeheuert haben. Wer hat dich angeheuert, Knecht?«
    »Du willst zu viel wissen, Mutant. Du nennst mich

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