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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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hast.«
    Wenn wir mit dem Essen fertig sind, sollten wir ins Arbeitszimmer gehen, schlug Lydia telepathisch vor und lächelte mit den Augen. Terranova betrachtete ihr Lächeln und trank rasch aus, was er im Kelch hatte. Alles.
    »Ein guter Gedanke.« Vilgefortz wischte sich die Finger an einer Serviette ab. »Dort haben wir es bequemer, ich habe dort auch stärkeren Schutz gegen magisches Abhören. Gehen wir. Du kannst die Karaffe mitnehmen, Artaud.«
    »Unbedingt. Das ist mein Lieblingsjahrgang.«
    Sie gingen ins Arbeitszimmer. Tissaia konnte sich nicht einen Blick auf den mit Retorten, Tiegeln, Phiolen, Kristallen und zahllosen magischen Utensilien vollgestellten Tisch verkneifen. Über allem lag ein Tarnzauber, doch Tissaia de Vries war eine Erzmeisterin – es gab keine Abschirmung, die sie nicht zu durchdringen vermochte. Und sie war ein wenig neugierig, womit sich der Magier zur Zeit beschäftigte. Augenblicklich orientierte sie sich über die Anordnung der unlängst benutzten Apparatur. Sie diente dazu, den Aufenthaltsort verschwundener Personen zu ermitteln, und zur Psychovision nach der Methode ›Kristall, Metall, Stein‹. Der Zauberer suchte jemanden oder löste ein theoretisches logistisches Problem. Vilgefortz von Roggeveen war dafür bekannt, dass er gern derlei Probleme löste.
    Sie setzten sich in geschnitzte Lehnstühle aus Ebenholz. Lydia schaute zu Vilgefortz hin, nahm das ihr mit einem Blick gegebene Zeichen wahr und ging sofort hinaus. Tissaia seufzte unmerklich.
    Alle wussten, dass Lydia van Bredevoort Vilgefortz von Roggeveen liebte, und das seit Jahren, mit einer stillen, hartnäckigen, unablässigen Liebe. Der Zauberer wusste das selbstverständlich auch, tat aber so, als wisse er nichts. Lydia erleichterte ihm die Sache, denn sie verriet ihm gegenüber niemals ihre Gefühle – sie unternahm niemals den kleinsten Schritt, machte nicht die kleinste Geste, gab kein gedankliches Zeichen, und selbst wenn sie hätte sprechen können, hätte sie kein Wort gesagt. Sie war zu stolz dazu. Vilgefortz tat ebenfalls nichts, denn er liebte Lydia nicht. Er hätte sie natürlich einfach zu seiner Geliebten machen und sie so noch stärker an sich binden, sie womöglich sogar glücklich machen können. Manche rieten ihm das. Doch Vilgefortz tat es nicht. Er war dafür zu stolz und zu prinzipienfest. Die Lage war also hoffnungslos, aber stabil, und das stellte offensichtlich beide zufrieden.
    »Das Kapitel«, brach der junge Zauberer das Schweigen, »zerbricht sich also den Kopf, was es im Hinblick auf die Initiative und die Pläne unserer Könige unternehmen soll? Das ist ganz unnötig. Diese Pläne sind einfach zu ignorieren.«
    »Wie bitte?« Artaud Terranova erstarrte mit dem Kelch in der linken, der Karaffe in der rechten Hand. »Habe ich recht verstanden? Wir sollen untätig bleiben? Wir sollen erlauben  ...«
    »Wir haben es schon erlaubt«, fiel ihm Vilgefortz ins Wort. »Denn niemand hat uns um Erlaubnis gefragt. Und niemand wird danach fragen. Ich wiederhole, wir müssen so tun, als wüssten wir von nichts. Das ist die einzig vernünftige Verhaltensweise.«
    »Was sie sich ausgedacht haben, läuft auf einen Krieg hinaus, und das in großem Stil.«
    »Was sie sich ausgedacht haben, ist uns dank der rätselhaften und unvollständigen Information bekannt, die aus einer geheimnisvollen, sehr unsicheren Quelle stammt. Einer derart unsicheren, dass sich das Wort ›Desinformation‹ aufdrängt. Und selbst wenn es wahr sein sollte, sind ihre Vorhaben noch in der Planungsphase und werden lange darin bleiben. Und wenn sie über diese Phase hinausgehen  ... Nun ja, dann werden wir uns der Situation gemäß verhalten.«
    Terranova verzog das Gesicht. »Du willst sagen, dass wir nach ihrer Pfeife tanzen werden?«
    »Ja, Artaud.« Vilgefortz schaute ihn an, und seine Augen blitzten. »Du wirst nach ihrer Pfeife tanzen. Oder den Saal verlassen. Denn das Orchesterpodium ist zu hoch, als dass du dort hinaufgehen und die Musiker nach anderen Noten spielen lassen könntest. Mach dir das endlich bewusst. Wenn du glaubst, eine andere Lösung sei möglich, begehst du einen Fehler. Du verwechselst den Himmel mit den Sternen, die sich nachts auf der Oberfläche eines Teiches spiegeln.«
    Das Kapitel wird tun, was er befiehlt, indem er den Befehl in die Form eines Ratschlags kleidet, dachte Tissaia de Vries. Wir sind Bauern auf seinem Schachbrett. Er ist emporgestiegen, ist gewachsen, hat uns alle mit seinem Glanz

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