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Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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allein deswegen?«
    »Ja«, bestätigte nach einem Augenblick des Schweigens Vesemir. Triss atmete insgeheim erleichtert auf. Einen Moment lang hatte sie befürchtet, die Bestätigung würde von Geralt kommen.
     
    Gegen Abend fiel der erste Schnee, zunächst schwach, doch bald wurde ein Schneegestöber daraus. Es schneite die ganze Nacht, und am Morgen waren die Mauern von Kaer Morhen in Schneewehen versunken. Von einem Lauf auf der 
Quälerei
 konnte keine Rede sein, zumal sich Ciri noch immer nicht besonders gut fühlte. Triss hatte den Verdacht, die »Beschleuniger« der Hexer könnten die Menstruationsbeschwerden verursachen. Sicher konnte sie sich dessen jedoch nicht sein, von diesen speziellen Dingen wusste sie fast nichts, und Ciri war zweifellos das einzige Mädchen auf der Welt, das man so behandelt hatte. Den Hexern sagte sie nichts von ihrem Verdacht. Sie wollte sie nicht betrüben oder aufbringen, lieber benutzte sie ihre eigenen Mittel. Sie gab Ciri Elixiere zu trinken, band ihr unterm Kleid eine Schnur mit aktiven Jaspissteinen um die Taille und untersagte Anstrengungen, insbesondere die wilde Jagd mit dem Schwert auf Ratten.
    Ciri langweilte sich, streifte schläfrig durch das Schloss und gesellte sich schließlich in Ermangelung anderer Kurzweil zu Coën, der im Pferdestall aufräumte, die Pferde versorgte und Zaumzeug reparierte.
    Geralt war zum Unmut der Zauberin irgendwohin verschwunden, tauchte erst gegen Abend wieder auf und brachte ein erlegtes Ziegenböckchen mit. Triss half ihm, die Beute zu zerlegen. Obwohl sie sich schrecklich vor dem Geruch von Fleisch und Blut ekelte, wollte sie in der Nähe des Hexers sein. Ganz in der Nähe. So nahe wie möglich. In ihr reifte eine kalte, eiserne Entschlossenheit. Sie hatte keine Lust, weiter allein zu schlafen.
    »Triss!«, schrie Ciri plötzlich und kam polternd die Treppe heraufgelaufen. »Darf ich heute Nacht bei dir schlafen? Triss, bitte, bitte, sag ja! Bitte, Triss!«
    Der Schnee fiel und fiel. Es klarte erst wieder auf, als Midinváerne anbrach, der Tag der Wintersonnenwende.
     

Am dritten Tag waren alle Kinder gestorben, ausgenommen ein Knabe von kaum zehn Jahren. Dieser, zuvor von heftigen Konvulsionen geschüttelt, fiel mit einem Mal in eine tiefe Ohnmacht. Seine Augen hatten einen Blick wie Glas, mit den Händen zerrte er ohne Unterlass an der Decke oder fuhr damit durch die Luft, als wolle er eine Feder fangen. Sein Atem ging laut und rau, ein kalter, klebriger und übelriechender Schweiß trat auf seine Haut. Da flößten sie ihm abermals das Elixier in die Adern ein, und der Anfall wiederholte sich. Diesmal begann Blut aus seiner Nase zu fließen, und der Husten wurde zum Erbrechen, worauf der Knabe vollends schwach und kraftlos wurde.
    Die Symptome hielten zwei Tage lang unvermindert an. Die Haut des Kindes, bis dahin von Schweiß bedeckt, wurde trocken und entzündet, der Puls verlor seine Stetigkeit und Genauigkeit, war jedoch ziemlich stark, eher langsam als schnell. Er kam kein einziges Mal mehr zu sich, auch hatte er zu schreien aufgehört.
    Schließlich brach der siebte Tag an. Der Knabe erwachte wie aus einem Schlaf und öffnete die Augen, seine Augen jedoch waren wie die einer Schlange  ...
     
    Carla Demetia Crest, 
Die Kräuterprobe und
andere geheime Praktiken der Hexer, nach
eigenem Augenschein geschildert,
 Manuskript
ausschließlich zur Einsichtnahme
durch das Kapitel der Magier

Das dritte Kapitel
    »Eure Befürchtungen waren unbegründet, völlig unbegründet.« Triss verzog das Gesicht und stützte die Ellenbogen auf den Tisch. »Die Zeiten sind vorbei, da die Zauberer Jagd auf 
Quellen
 und magisch begabte Kinder machten, da sie sie mit Gewalt oder List ihren Eltern oder Vormündern entrissen. Habt ihr wirklich geglaubt, ich wollte euch womöglich Ciri wegnehmen?«
    Lambert schnaubte, wandte den Kopf ab. Eskel und Vesemir schauten Geralt an, doch Geralt schwieg. Er blickte zur Seite, spielte unablässig mit seinem silbernen Hexermedaillon, das einen Wolfskopf mit gebleckten Fangzähnen darstellte. Triss wusste, dass das Medaillon auf Magie reagierte. In einer Nacht wie Midinváerne, in der die Luft vor Magie geradezu vibrierte, mussten die Hexermedaillons unablässig zittern, mussten Unrast verbreiten.
    »Nein, Kindchen«, sagte schließlich Vesemir. »Wir wissen, dass du das nicht getan hättest. Aber wir wissen ja auch, dass du dem Kapitel Bericht über sie erstatten musst. Wir wissen längst, dass solch

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