Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Elfen

Das Erbe der Elfen

Titel: Das Erbe der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
Vom Netzwerk:
über Zahnfleisch und Gaumen. Sie konnte keinen einzigen Bestandteil erkennen.
    »Ihr habt Ciri diese  ... Möwe zu trinken gegeben«, erriet sie. »Und da  ...«
    »Das war ein Zufall«, fiel ihr Geralt rasch ins Wort. »Am ersten Abend, gleich nach der Ankunft  ... Sie hatte Durst, die Möwe stand auf dem Tisch. Ehe wir reagieren konnten, hatte sie einen Pokal in einem Zuge ausgetrunken. Und fiel in Trance.«
    »Da ist uns vielleicht angst geworden«, gestand Vesemir und seufzte. »Und wie, Kindchen. Bis obenhin.«
    »Sie begann mit einer fremden Stimme zu sprechen«, stellte die Zauberin ruhig fest und schaute den Hexern in die Augen, die im Kerzenschein funkelten. »Sie begann, über Dinge und Angelegenheiten zu sprechen, von denen sie nichts wissen konnte. Sie begann zu  ... weissagen. Nicht wahr? Was hat sie gesagt?«
    »Dummheiten«, sagte Lambert trocken. »Gefasel ohne Sinn.«
    »Ich zweifle nicht daran« – sie schaute ihn an  –, »dass du dich damals blendend mit ihr verstanden hast. Gefasel ist deine Spezialität, davon überzeuge ich mich, sooft du den Mund aufmachst. Tu mir also den Gefallen und halt ihn eine Zeitlang geschlossen. Ja?«
    »Diesmal«, sagte Eskel ernst, während er sich die Narbe auf der Wange rieb, »hat Lambert recht, Triss. Damals, nachdem sie die Möwe getrunken hatte, redete Ciri tatsächlich so, dass nichts davon zu verstehen war. Damals, beim ersten Mal, war das ein Gestammel. Erst nach  ...«
    Er verstummte. Triss schüttelte den Kopf.
    »Erst beim zweiten Mal begann sie, sinnvoll zu sprechen«, erriet sie. »Es gab also ein zweites Mal. Auch, nachdem sie infolge eurer Unachtsamkeit ein Rauschmittel getrunken hatte?«
    »Triss.« Geralt hob den Kopf. »Das ist nicht die Zeit für witzige Bosheiten. Wir finden das nicht komisch. Wir finden das bedrückend und beunruhigend. Ja, es gab ein zweites und auch ein drittes Mal. Ciri war beim Training ziemlich unglücklich hingefallen. Sie verlor das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kam, war sie abermals in Trance. Und abermals phantasierte sie. Abermals war es nicht ihre Stimme. Und abermals war es nicht zu verstehen. Doch ich hatte ähnliche Stimmen schon gehört, eine ähnliche Sprechweise. So reden die armen, kranken, geistesgestörten Frauen, die man Orakel nennt. Verstehst du, was ich meine?«
    »Vollauf. Das war das zweite Mal. Komm zum dritten.«
    Geralt wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, auf der plötzlich Schweißperlen standen.
    »Ciri erwacht oft in der Nacht«, fuhr er fort. »Mit einem Schrei. Sie hat viel durchgemacht. Sie will nicht davon sprechen, aber zweifellos hat sie in Cintra und in Angren Dinge gesehen, die ein Kind nicht sehen sollte. Ich fürchte sogar, dass  ... jemand ihr etwas angetan hat. Das kommt in den Träumen wieder hoch  ... Für gewöhnlich ist sie leicht zu beruhigen, schläft mühelos wieder ein  ... Aber einmal, als sie erwachte  ... war sie wieder in Trance. Wieder sprach sie mit fremder, unangenehmer  ... mit böser Stimme. Sie sprach deutlich und mit Sinn. Sie weissagte. Prophezeite. Und sie prophezeite uns  ...«
    »Was? Was, Geralt?«
    »Den Tod«, sagte Vesemir sanft. »Den Tod, Kindchen.«
    Triss schaute zu Ciri hin, die Coën mit piepsiger Stimme vorwarf, er habe beim Spiel geschummelt. Coën umarmte sie, brach in Gelächter aus. Der Zauberin wurde plötzlich bewusst, dass sie bisher noch nie, niemals einen Hexer hatte lachen hören.
    »Wem?«, fragte sie kurz, den Blick noch immer auf Coën gerichtet.
    »Ihm«, sagte Vesemir.
    »Und mir«, fügte Geralt hinzu. Und lächelte.
    »Als sie wieder zu sich kam  ...«
    »Erinnerte sie sich an nichts. Und wir haben keine Fragen gestellt.«
    »Richtig. Was jene Prophezeiung angeht  ... War sie konkret? Detailliert?«
    »Nein.« Geralt blickte ihr gerade in die Augen. »Verworren. Frag nicht danach, Triss. Uns bedrückt nicht der Inhalt von Ciris Weissagungen und Visionen, sondern was mit ihr vorgeht. Nicht um uns haben wir Angst, sondern  ...«
    »Pass auf«, warnte Vesemir. »Red nicht davon, wenn sie dabei ist.«
    Coën näherte sich dem Tisch, er trug Ciri Huckepack.
    »Wünsch allen eine gute Nacht, Ciri«, sagte er. »Wünsch diesen Nachtschwärmern eine gute Nacht. Wir gehen schlafen. Es ist bald Mitternacht. Gleich ist die Midinváerne zu Ende. Von morgen an kommt mit jedem Tag der Frühling näher!«
    »Ich möchte trinken.« Ciri rutschte von seinen Schultern, langte nach Eskels Pokal. Der

Weitere Kostenlose Bücher