Das Erbe der Elfen
unverändert.
»Das freut mich«, sagte er nach der üblichen Pause. »Indem ich Frau Merigold auf einem Wagen meines Konvois mitreisen lasse, übernehme ich die Verantwortung für ihre Gesundheit, Bequemlichkeit und Sicherheit. Herr Zigrin, erteilt bitte den Befehl zum Abmarsch.«
»Herr Wenck.«
»Ich höre, Herr Geralt.«
»Danke.«
Der Kommissarius neigte den Kopf. Wie es Ciri schien, ein wenig tiefer und höflicher, als es gewöhnliche konventionelle Höflichkeit erfordert hätte.
Yarpen Zigrin lief die Wagenkolonne entlang, erteilte laut Befehle und Empfehlungen, worauf er sich auf den Bock pflanzte, schrie und mit den Zügeln auf die Pferde schlug. Der Wagen knarrte und rumpelte die Waldstraße entlang. Die Erschütterung weckte Triss, aber Ciri beruhigte sie, wechselte die Kompresse auf der Stirn. Das Rumpeln wirkte einschläfernd. Bald schlief die Zauberin wieder, auch Ciri dämmerte weg.
Als sie erwachte, stand die Sonne schon hoch. Sie schaute hinter den Fässern und Ballen hervor. Der Wagen, auf dem sie sich befand, fuhr an der Spitze des Konvois. Den nächsten lenkte ein Zwerg mit einem roten Tuch um den Hals. Aus den Gesprächen unter den Zwergen wusste Ciri, dass er Paulie Dahlberg hieß. Neben ihm saß sein Bruder Regan. Sie sah auch Wenck, der in Begleitung zweier Intendanten ritt.
Plötze, die Stute Geralts, die am Wagen festgebunden war, begrüßte sie mit einem leisen Wiehern. Ihren Kastanienbraunen und den Falben von Triss sah sie nirgends. Sie waren sicherlich weiter hinten bei den Handpferden des Konvois.
Geralt saß auf dem Bock neben Yarpen. Sie unterhielten sich leise und tranken ab und zu einen Schluck Bier aus einem Fässchen, das zwischen ihnen stand. Ciri spitzte die Ohren, verlor aber bald das Interesse – das Gespräch drehte sich um Politik, und zwar hauptsächlich um die Pläne und Absichten König Henselts und um gewisse spezielle Dienste und Aufgaben, die auf eine geheime Hilfe für den vom Kriege bedrohten Nachbarn hinausliefen, König Demawend von Aedirn. Geralt äußerte Neugier, wie wohl fünf Wagen mit gesalzenen Fischen imstande sein würden, die Verteidigungskraft von Aedirn zu stärken. Ohne den in der Stimme des Hexers mitschwingenden Spott zu beachten, erklärte Yarpen, gewisse Fischarten seien so wertvoll, dass ein paar Wagenladungen ausreichten, um den Jahressold für ein Fähnlein Panzerreiter zu bezahlen, und jedes neue Fähnlein Panzerreiter sei schon eine bedeutende Hilfe. Geralt wunderte sich, warum die Hilfe derart geheim sein müsse, worauf der Zwerg erwiderte, eben darin bestehe das Geheimnis.
Triss regte sich im Schlaf, verlor die Kompresse und begann undeutlich zu reden. Sie verlangte von einem gewissen Kevyn, er solle seine Hände im Zaum halten, und teilte sofort danach mit, der Vorherbestimmung könne man nicht entgehen. Nachdem sie schließlich festgestellt hatte, in gewissem Grade seien alle, absolut alle Mutanten, schlief sie ruhig ein.
Auch Ciri war immer noch schläfrig, doch das brüllende Gelächter Yarpens, der gerade Geralt an vergangene Abenteuer erinnerte, hielt sie wach. Es ging um die Jagd auf einen goldenen Drachen, der, anstatt sich erjagen zu lassen, den Jägern die Knochen aufgemischt und einen Schuster namens Zigenfras einfach aufgefressen hatte. Ciri begann mit größerem Interesse zuzuhören.
Geralt fragte, was aus den Haudegen geworden sei, doch Yarpen wusste davon nichts. Yarpen seinerseits interessierte sich für eine Frau namens Yennefer, doch Geralt wurde merkwürdig einsilbig.
Der Zwerg trank etwas Bier und begann sich zu beklagen, dass diese Yennefer immer noch einen Groll gegen ihn hege, obwohl seit damals etliche Jahre vergangen seien. »Ich bin ihr auf dem Jahrmarkt in Gors Velen begegnet«, erzählte er. »Kaum hatte sie mich erblickt, fauchte sie wie eine Katze und beleidigte meine selige Mama. Ich habe schleunigst die Beine in die Hand genommen, und sie hat mir nachgerufen, sie werde mich schon noch erwischen und dafür sorgen, dass mir Gras aus dem Arsch wächst.«
Ciri begann zu kichern, als sie sich Yarpen mit dem Gras vorstellte. Geralt brummte etwas von Frauen und ihrem impulsiven Charakter, der Zwerg indes betrachtete das als eine allzu freundliche Bezeichnung für Bösartigkeit, Voreingenommenheit und Rachsucht. Der Hexer griff das Thema nicht auf, und Ciri versank wieder in Halbschlaf.
Diesmal weckten sie erregte Stimmen. Genauer gesagt, die Stimme Yarpens, der gerade schrie: »Genau so! Dass du es
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