Das Erbe der ersten Menschheit (German Edition)
begrüßten Walter Bullrider, den sie schon aus Lantika kannten und natürlich aus dem Fernsehen. Olaf versorgte sie und ihre Freunde mit Eis. Zufrieden zogen sie wieder los. Ihre Welt war noch einfach.
Anne wartete, bis alle außer Hörweite waren.
„Was hast du mit diesem General Myers zu tun? Will er auch etwas von mir ? Deshalb bist du doch hier.“
Nachdem das offensichtlich Schwierigste gesagt war, wirkte Walter wieder etwas lockerer. Glücklich sah er aber nicht aus.
„Myers und ich kennen uns seit der Schulzeit. Wir sind später gemeinsam zum Militär gegangen und haben dort zusammen studiert. Wir haben uns immer wieder mal getroffen, aber nie über unsere Arbeit gesprochen - bis auf letzte Woche. Myers hat ein Problem.“
„Das muss wohl sehr schmerzhaft sein, wenn der Verantwortliche für die NSA persönlich den Mund aufmacht“, sagte Anne. „Myers dürfte wissen, wie ich über das Ausspionieren von Privatleuten denke. Es würde mich nicht wundern, wenn er ein dickes Dossier über mich hat.“
Walter fuhr sich durch seine Stoppelhaare. Er hatte mit Annes Widerstand gerechnet, aber genauso wie sie war auch er jemand, der niemals aufgab.
„Myers kennt deine Einstellung natürlich, aber er hat mir versichert, dass du nicht auf seiner Überwachungsliste stehst. Du bist für die NSA tabu.“
„Welche Ehre“, sagte Anne spöttisch. „Ich bin zwar Geheimnisträgerin, aber ich weiß nichts, was die NSA nicht sowieso schon wüsste. Mich zu überwachen, wäre Zeitverschwendung. Was will dein General denn?“
„Wir wissen, dass in Lantika Dinge vor sich gehen, von denen die Öffentlichkeit nichts ahnt. Wir vermuten, dass es mit Container 5 zu tun hat. Der liegt offiziell in einem Sicherheitsbereich, um gefährliche Strahlung abklingen zu lassen. Nur ist der dafür vorgesehene Bereich leer. Die Messgeräte liefern Phantomwerte.“
„Die NSA und ihre befreundeten Dienste werden in der Lage sein, einen Container zu finden. Dazu brauchen sie mich ganz bestimmt nicht.“
„Es gibt eine Vermutung, wo der Container ist. Professor Hawker verschwindet in regelmäßigen Abständen von der Bildfläche. Immer an der gleichen Stelle. Das ist bestimmt kein Zufall.“
„Ach. Das hat die NSA einfach so bemerkt? Oder überwacht ihr Professor Hawker schon länger? Ihr wisst, dass Lantika exterritoriales Gebiet ist und Professor Hawker Diplomatenstatus hat?“
Walter nickte säuerlich. Er ahnte wohl, dass Anne der Wahrheit schon auf der Spur war. „Der Professor wurde nicht speziell überwacht. Es ist einfach so aufgefallen.“
„Ich kann mir denken, wie es passiert ist“, sagte Anne. „Ihr habt einfach alle überwacht, wahrscheinlich über Handyortung. Dabei sind ja auch die abhörsicheren Handys eingeschlossen. Dann habt ihr Bewegungsmuster erstellt und per Software nach Anomalien gesucht.“
„Klingt logisch“, sagte Walter. „Wahrscheinlich ist es genau so gewesen. Aber du sagst ‘ihr‘. Ich habe damit genauso wenig zu tun wie du. Ich finde das alles auch nicht gut.“
„Okay. Aber du hast immer noch nicht gesagt, was Myers will. Normalerweise ist die NSA nicht zimperlich, wenn es um Informationsbeschaffung geht. Oder liegt es an den Chinesen?“
„Das ist der Knackpunkt. Die Chinesen sind auch an der Sache dran, sie sind mindestens so aktiv wie die NSA. Wenn die NSA jetzt massiver vorgeht, würde das die Chinesen provozieren. Umgekehrt natürlich genauso. Sobald sich einer bewegt, kocht der Konflikt hoch. Und das möchte Myers vermeiden.“
„Verstehe. Man ist vorsichtig geworden nach den Skandalen.“
Anne sah zu den spielenden Kindern. Die Welt könnte so friedlich sein. Warum schafften die Menschen das bloß nicht? Ihr Tag hatte gut begonnen, und jetzt musste sie sich mit Themen herumschlagen, die sie nicht ausstehen konnte. Aber Walter saß nun bei ihnen, und das Problem lag auf dem Tisch. Sie konnte ihm keine Schuld geben. Er war genauso unfreiwillig hineingezogen worden wie sie jetzt.
„Was stellt sich Myers denn vor? Er glaubt nicht im Ernst, dass ich Informationen für die NSA besorge !“
„Ganz bestimmt nicht. Er sitzt im Grunde genommen selbst in der Klemme. Sonst hätte er sich nicht mit mir getroffen, sondern mit anderen Leuten aus seinem Apparat. Alles in der NSA ist dazu geschaffen, um Informationen zu gewinnen und auszuwerten. Wenn irgendwo etwas hochpoppt, kann man es nur kurze Zeit unterdrücken. Dann muss Myers reagieren. Aus Angst, andere könnten uns zuvorkommen,
Weitere Kostenlose Bücher